Toedlicher Staub
Finger auf ihn, »weiß ich nichts. Außer, dass er gute Negronis mixt.«
»Ich weiß von dir auch nichts«, sagte Pierre, doch dann wurde ihm klar, dass das Gespräch eine riskante Wendung zu nehmen drohte, und er entschloss sich, das Thema zu wechseln. »Lass uns später darüber reden. Unter vier Augen vielleicht?«
»Okay. Und du machst mir so lange einen von deinen Zaubertränken«, sagte die Tierärztin und ging zu einem freien Tisch.
»Ich ahne einen feuchtfröhlichen Abend«, meinte Cristina. »Mach ihr was, das Energie gibt, sonst liegst du neben einem schlappen Lappen im Bett.«
Nazzari schüttelte den Kopf. »Wasser trinken ist da besser. Aber das wird sie nicht tun. Sie will sich volllaufen lassen.« Und er dachte, dass das immer häufiger geschah.
»Würde ich auch, wenn ich mit einem wie dir zusammen wäre.«
Nazzari warf ihr einen bösen Blick zu.
Sie prustete los. »Sei nicht gleich beleidigt. Ich mach doch nur Witze.«
Nicht mehr als zwei Negronis waren nötig, um Nina auf ihre Lieblingshängematte zu befördern. Dort schlief sie bis zum Beginn des Konzertes einer südamerikanischen Gruppe. Als sie wieder zum Tresen kam, bestellte sie sich ein Bier und ein Panino.
»Alles in Ordnung?«, fragte Pierre.
»Sorry wegen vorhin. Aber ich hatte wirklich Sorgen, du hättest das mit uns missverstanden.«
»Ich habe es ganz ausgezeichnet verstanden, und ich höre mir gern noch so oft an, wie du willst, dass ich das Arschloch bin, mit dem du eine furchtbare Zeit verbringst.«
»Jetzt mach mal halblang«, entgegnete sie, getroffen, dass er ihr die Wahrheit so unverblümt ins Gesicht sagte.
»Nur eine Bettgeschichte, um nicht so allein zu sein. Das hast du gesagt, als du hier angekommen bist.«
»Daran war das Bier schuld«, log sie.
Die ganze Sache nervte Pierre enorm, doch damit Tore, das Ekelpaket, keinen Verdacht schöpfte, musste er weiterhin bis zu seinem Untertauchen Kontakt zu Nina halten. Und das war nicht mehr lang. Er befühlte die Seitentasche seiner Hose, in die er den kostbaren Umschlag des Franzosen gesteckt hatte, dann rang er sich ein versöhnliches Lächeln ab. »Und bei mir waren es die Hitze und die Müdigkeit.«
In dem Augenblick kam Cristina mit einer langen Liste von bestellten Cocktails. »Der Gewinner des heutigen Abends: Margarita!«, verkündete sie.
»Ich geh ein bisschen Musik hören. Bis nachher«, sagte Nina und beschloss in dem Moment, dass sie bei Pierre zu Hause übernachten würde.
Es war wieder einmal eine typische aufgekratzte Sommernacht im Un posto al sole . Irgendwann machte Sebastiano die Kasse fertig und steckte das Geld in den Banknotengurt, den er um den Leib trug. In der Strandbar wurde ausschließlich bar bezahlt, und die Abendeinnahmen waren beträchtlich, vor allem, wenn es ein Konzert gab.
Trincas wandte sich an Pierre: »Ich bin vollkommen erledigt. Kannst du allein zumachen?«
»Geh ruhig nach Hause. Nina leistet mir Gesellschaft.«
Dreißig Meter weiter, von der Dunkelheit vollkommen verhüllt, stand ein Mann und betrachtete die Szene. Er hieß Ignazio Ghisu, eine mittlere Charge im lokalen Drogenhandel. Franchino hatte ihn angesprochen, versehen mit den wesentlichen Referenzen, und nach wenigen Stunden waren sie handelseinig gewesen. Die drei zuverlässigsten Schläger von Ghisu, Angelo, Kevin und Alex, erwarteten Pierre und Nina auf dem Parkplatz. Ghisu war ermahnt worden, keine Waffen einzusetzen. Nur Fäuste und Tritte. Es sollte aussehen wie eine der unzähligen Schlägereien, die es ständig am Strand gab. Nur dass diese hier ein schlimmes Ende nehmen sollte. Schlimm genug, um es auf die Titelseiten der Lokalzeitungen zu schaffen – und dann alsbald in Vergessenheit zu geraten. Die beiden Opfer hatten keine Wurzeln in der Stadt; niemand würde darauf bestehen, die Sache aufzuklären.
Die drei Schläger waren bis an den Rand voll mit Aufputschmitteln und Koks. Zu dritt kamen sie auf keine sechzig Jahre Lebensalter, dafür würden sie hart und schnell zuschlagen. Sie konnten es kaum erwarten, sich auszutoben. Ghisu beschloss, dass es nicht, wie ursprünglich geplant, auf dem Parkplatz passieren sollte. Dass Trincas schon früh nach Hause ging, machte es möglich, die beiden an einem diskreteren Ort fertigzumachen: in der Bar selbst.
»Treffpunkt bei mir. Andere Location«, flüsterte er ins Handy. Er liebte diesen englischen Begriff, ihm schien, dass er ihm besondere Autorität verlieh.
Als sie bei ihm waren, deutete er mit dem
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