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Toedlicher Staub

Toedlicher Staub

Titel: Toedlicher Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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zurück, und der Krebs fraß sie in kurzer Zeit auf. Sie wollte ihren Körper der Nanopartikelforschung zur Verfügung stellen, aber ihr Fall wurde unter Verschluss gehalten, und ihr Leichnam landete auf dem Sektionstisch irgendeines Militärlabors.
    Für Nina war diese Frau immer eine tragische Heldin des Guten gewesen, doch jetzt fühlte sie sich ihr nah, und zum ersten Mal bewunderte sie ihren Mut. Der Gedanke an das, was die Ärztin erduldet hatte, half ihr in ihrer eigenen Not. Sie hatte während der Vergewaltigung die Besinnung verloren, war zwar einigermaßen überzeugt, dass es nur einer gewesen war, ganz und gar sicher war sie sich allerdings nicht. Vielleicht hatte Marco etwas gesehen und konnte ihr helfen, den ganzen Horror etwas zu sortieren. Die Pille danach würde ihr die letzte Angst nehmen. In Belgien hatte sie erfahren, dass die Vaginas der Frauen von manchen Heimkehrern aus dem Irak unversehens entzündet und von blutenden Wunden übersät waren, sodass sie sich zur Linderung mit Eiswürfeln gefüllte Präservative einführen mussten. Die Nanopartikel waren auch im Sperma vorhanden und verursachten Verletzungen und Schmerzen. Zivile-Wissenschaftler mutmaßten, dass hier durch die Explosionshitze entstandene Kobaltlegierungen am Werke waren, denn die Augen der dunkeläugigen Soldaten waren blau geworden. Und keiner entging dem Verhängnis: chronische Erschöpfung, Knochenschmerzen, Gedächtnisverlust, dann Krebstod. Auch etliche Ehefrauen erkrankten oder brachten schaurig verunstaltete Kinder zur Welt.
    Nina schloss die Augen und versuchte, diese Gedanken zu verjagen. Zusätzlich zu all der Gewalt hatten sie versucht, sie bei lebendigem Leib zu verbrennen. Sebastiano hatte weder Polizei noch Krankenwagen rufen wollen. Sie war überzeugt, dass zwischen dem Raub ihres PC und diesem Anschlag eine Verbindung bestand. Der Albtraum war noch nicht vorbei, dessen war sich Nina gewiss, während sie sich in das durchgelegene Bett kuschelte.

    Mascia gab Pierre etwas zum Einschlafen, dann richtete er ihm die Nase und nähte seine Augenbrauen, die Lippen und das linke Ohr.
    »Du hast immer noch genauso eine sichere Hand wie früher«, bemerkte Sebastiano.
    »Hier übe ich ja schließlich jeden Tag.«
    »Es heißt, du wärst ein Polizeiinformant?«
    »Stimmt«, gab der Arzt gelassen zu. »Schussverletzungen und Flüchtlinge muss ich melden. Und sie haben mir ein Fotoalbum dagelassen.«
    »Und was kriegst du dafür?«
    »Dass ich weiter Doktor spielen kann«, seufzte Mascia. »Wenn sie mir das auch noch nehmen, springe ich von der Bastion.«
    »Muss ich mir Sorgen machen?«
    Gianni Mascia fuhr mit Nadel und Faden fort. »Du wärst nicht hier, wenn du mir nicht trauen würdest. Und ich kann dir noch zwei gute Gründe verraten. Erstens kostet es dich tausendfünfhundert Euro, zweitens finde ich, vergewaltigte Frauen brauchen Ruhe.«
    Sebastiano ließ das Gehörte unkommentiert, nahm die Information einfach zur Kenntnis. Er hatte andere Sorgen. Er war immer sicher gewesen, dass niemand es wagen würde, ihm derart übel mitzuspielen, so sicher, dass er die Bar nicht feuerversichert hatte; er hatte sich dessen sogar vor den Inhabern anderer Strandbars gebrüstet. Jetzt würde er am liebsten mit dem Kopf gegen die Wand rennen und dazu »Idiot, Idiot!« schreien. Er war überzeugt, dass der Anschlag in Wahrheit Marco und Nina galt und der Brand nur dazu dienen sollte, die Spuren zu vernichten. Gut möglich, dass Tore Moi und Mario Cannas hinter der Sache steckten.
    Sebastiano war ein aufgeweckter Typ, und der gesunde Menschenverstand legte ihm nahe, Pierre und Nina ihrem Schicksal zu überlassen und nach Hause zu gehen, seiner Frau den Ring zu überreichen und morgen von null an neu anzufangen. Aber er war einfach zu angepisst. Die Bar war sein Werk gewesen, niemand durfte sich erlauben, Hand daran zu legen. Das würden sie ihm bezahlen. Auch wenn es um Tore Moi ging, der ihn an den Eiern hatte wegen eines abgehörten Telefonats, von dem die Polizei nichts mitkriegen durfte. Dreißig Sekunden, die ihm etliche Jahre Gefängnis einbringen könnten. Und wegen denen er sich aus Cagliari verabschieden müsste, denn die Sache war sehr verzwickt, ein Haufen Leute steckte mit drin, und er würde für den Rest seines Lebens untertauchen müssen.
    Kurzum, für Sebastiano stand eine Menge auf dem Spiel, doch das scherte ihn nicht. Er wollte nur einfach die Auftraggeber des Anschlags ausfindig machen und sie mit Fußtritten

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