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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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mir alles zu schnell, sein Kopf wollte nicht – und es wollte doch.
    »Die Pfifferlinge und die Rahmsoße machen dazu auch einen Riesling möglich«, meinte der junge Albers, wie aus dem Nichts aufgetaucht. »Ich empfehle einen gealterten Wein, vielleicht sogar mit einer phenolischen Note als Kontrast zur Sahne, aber die Säure muss gut sein, der Soße wegen. Außerdem war das Schwein jung, kein zäher alter Eber.«
    Meint er mich damit? Georg fühlte sich angesprochen.
    »Die Schweinebande frisst uns die Trauben weg, sie fallen nachts regelrecht ein. Die Abschussquote wurde verdoppelt, man wird nicht mehr Herr der Plage. Sie haben länger mit meiner Mutter gesprochen?«
    Noch bevor Georg etwas erwidern konnte, wurde Patrick ins Haus gerufen.
    Die Mutter wird ihm ins Gewissen reden, aber Georg nahm sich vor, sich zukünftig an ihn zu halten, und schaute in dieselbe Richtung wie die anderen Gäste auf der Terrasse.
    Drei Motorräder fuhren vor, darunter ein Chopper mit breitem Lenker und eine Harley-Davidson, brodelnd die Motoren, tief der Sound, gefährlich der Anblick und drohend die Haltung der schwarz gekleideten Fahrer. Sie kamen ohne Helm, also war ihr Weg hierher nur kurz gewesen.
    Die Ferienstimmung des warmen Spätsommerabends wich einer beunruhigten Neugier, als die Männer, mehr Rocker als Biker, geradezu provozierend langsam die Stufen zur Terrasse heraufkamen. Ob es die vom Campingplatz waren, wusste Georg nicht, doch, einen kannte er, es war der Hüne, der ihn mit seinem rotblonden Spitzbart und Zottelhaar an einen Wikinger erinnerte. Als die Männer sich nach einem freien Tisch umschauten, schwang die Stimmung endgültig um. Klaus Kinski kam mit einer Bande von Kopfgeldjägern in die Stadt, wie in Corbuccis Italo-Western, und suchte nach Opfern.
    Die Gespräche an den Tischen wurden nur mehr im Flüsterton geführt. Georg winkte die Kellnerin zu sich.
    »Bitte sagen Sie Frau Albers, dass sie die Polizei ruft, sofort! Es wird eine Schlägerei stattfinden. Sagen Sie, Hellberger habe das gesagt. Das bin ich. Bitte, schnell.«
    »Aber wieso denn? Es ist doch nichts passiert.«
    »Sagen Sie’s verdammt noch mal Frau Albers«, herrschte Georg sie an. »Gehen Sie! Los, machen Sie schon!«
    Beleidigt machte sich die Kellnerin davon.
    Das Platznehmen der Neuankömmlinge allein war dieerste Provokation. Beim Zurechtrücken der Stühle rempelten sie Nachbarn an, forderten mehr Platz, ließen sich in die Stühle fallen, streckten die Beine von sich und verlangten lautstark nach der Karte.
    Das erste »Zahlen bitte!« eines älteren Ehepaars war Beweis, dass der Plan aufging. Die Gäste rechts von Georg verließen ebenfalls schleunigst die Szene, sie gingen zum Zahlen ins Haus. Links der Rocker saßen zwei Herren und eine Frau, und als die andere Frau zum Tisch zurückkam, musste sie unter provozierenden Blicken über lang ausgestreckte Beine hinübersteigen. Ihr beherzter Begleiter mokierte sich darüber.
    Der Rocker mit der rotblonden Mähne wandte sich ihm grinsend zu: »Noch ’n Spruch, Opa, und du kriegst was auf dein Hörgerät!«
    Die Drohung wirkte, die vier ließen auf Bitten der Frauen das Essen und die gefüllten Gläser zurück und standen auf.
    »Also, es geht doch«, rief der Glatzkopf grinsend. »Wir werden dieses wunderschöne Ausflugslokal unseren Freunden empfehlen. Schönen Tag noch.«
    Die dritte Warnung! Sie würde nicht so glimpflich ablaufen wie die zweite. Georg hoffte, dass Frau Albers seinen Hinweis ernst genommen und die Polizei verständigt hatte.
    »Und besten Dank für Ihren Besuch«, rief der mit der eingeschlagenen und schlecht gerichteten Nase lachend den abziehenden Gästen nach. Er hatte einen guten Witz gemacht.
    Das ist der Dümmste, dachte Georg, die sind am wenigsten zu berechnen. Das Vorspiel war lang, Georg hatte ausführlich Gelegenheit, seine Gegner zu studieren, denn dass es zu einer handfesten Prügelei kommen würde, lag auf der Hand. Er versuchte, sich zu erinnern, wer von welcher Maschine abgestiegen war und wie die Kampfkraft der drei einzuschätzen war. Deeskalation wurde in derartigen Fällen als Strategie empfohlen, und er und seine Kollegen hatten dieses Prinzip wann immer möglich angewandt. Dazu gehörte auch, die Störer von dem von ihnen gewählten Terrain abzudrängen,und wenn das nicht gelang, ihr Vorhaben zu unterlaufen.
    »Lehrbuch über Konfliktbewältigung im Vorfeld.« Er hatte es später den Mitarbeitern gepredigt. Jetzt aber gab es nur ihn allein,

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