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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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schwang in ihrer Stimme mit. »So … ich brauche sofort ein Glas Wein!«
    Sie stand auf. »Es ist spät geworden. Trinken wir noch ein Glas, sozusagen als Abgesang auf das Vergangene? Wie wär’s mit einer schönen Spätlese? Passt zur Uhrzeit. Ich habe noch eine aus dem Jahr, in dem Kilian geboren wurde. Die ist für besondere Gelegenheiten, das dürfen Sie sich zugutehalten. Meine Geschichte kennen viele«, sagte sie übergangslos, »niemand redet drüber, mit mir jedenfalls nicht, aber in der Ausführlichkeit habe ich sie nie erzählt. Kilian hat die Lanze für Sie gebrochen, er quengelt seit Tagen, wann Sie wieder zu uns kämen, ich soll Sie einladen. Er mag Sie wirklich.« Bevor Georg etwas erwidern konnte, hatte sie den Raum verlassen.
    »Suchen wir nicht alle nach dem Gleichgewicht?«, sagte sie, zurück mit der Flasche und schenkte den Wein ein, für Georg ein grandioses Tröpfchen. »Wir suchen es in unserem Leben genau wie im Wein. Jeder braucht sein spezielles Klima, der eine die Kälte, der andere mehr Wärme, der eine den Asphalt der Stadt, der andere braucht Schiefer unter den Füßen, wie der Weinstock, und mancher wurzelt tief. Süß kann das Leben sein und sauer, wie der Riesling, von allem zu viel haben, zu viel Zucker, dann ist das Leben fad, von zu viel Säure kriegt man Bauchweh. Also versuchen wir, etwas wie Harmonie hinzubekommen, egal, auf welchem Niveau. Bei viel Süße brauchen wir auch viel Säure und einen hohen Grad an Extrakt, an Geschmack, um ein Gleichgewicht hinzukriegen. Wir laborieren ein Leben lang herum. Ich glaube, meine Geschichte hat Ihnen die Sprache verschlagen.«
    Georg zuckte hilflos mit den Achseln. »Man glaubt, das eigene Schicksal wäre schwer, dabei geht es anderen nicht unbedingt besser.«
    »Und Sie sind hinter dem Mörder von Menges her? Was sind Sie denn nun von Beruf?«
    Georg erklärte es ihr und sprach über seine moralischen Skrupel den neuen Besitzern von COS gegenüber und weshalb er in Widerspruch zu seiner Arbeit geraten war. Zuletzt kam er auf die Bitte von Menges zu sprechen, die er ausgeschlagenhatte, und darauf, dass er sich gerade deshalb verpflichtet fühlte, sich darum zu kümmern.
    »Das spricht für Sie«, sagte Susanne Berthold, die Skepsis in ihren Augen blieb. »Und, sind Sie weiter gekommen als die Polizei? Für Außenstehende ist es schwierig, sich in die moselaner Beziehungen hineinzufinden. Unser Tal ist eng, der Fluss gewunden, das prägt.«
    »Ich versuche es anders als die Polizei mit ihrem technischen Ansatz. Ich sehe mir die Beziehungen an, die der Lebenden, und ziehe daraus mein Schlüsse.«
    »Und zu welchen sind Sie bisher gekommen?«
    »Ich glaube bei Menges nicht an Mord, höchstens durch einen Schwachsinnigen.«
    »So schwachsinnig muss der gar nicht sein, er kann sich ausrechnen, dass die Untersuchungen sich auf die Brückenbauer erstrecken.«
    Der Gedanke hatte etwas für sich. »Bei Albers bin ich mir nicht sicher«, sagte Georg. »In seinem Umfeld ist viel Konfliktpotenzial vorhanden.«
    Sie gähnten beide fast gleichzeitig und lachten darüber, Georg war inzwischen todmüde, er kam sich vor wie ein Kind, das sich vor dem Zubettgehen drückte, ihr schien es ähnlich zu gehen. Gleichzeitig fürchtete er, dass dieses Treffen zu Ende gehen könnte. Susanne Berthold nahm ihm die Entscheidung ab.
    »Es hat Spaß gemacht«, sagte sie und verkorkte demonstrativ die Flasche. »Wenn Sie wieder überschüssige Arbeitsenergie haben, machen wir weiter, einverstanden? Ich habe die Buchhaltung von einem halben Jahr herumliegen.«
    »Es war mir ein Vergnügen.«
    »Auch bei meinen unerfreulichen Geschichten? Schlafen Sie gut, die Nacht ist kurz, wir müssen alle früh raus …«
    Hoffentlich tut es ihr nicht leid, sich so weit hinausgelehnt zu haben, dachte Georg, als er sich noch mal umblickte und sie am Fenster stehen sah. Sie hatte das Licht gelöscht. ZumNachdenken über die vielen Worte war er zu müde, die Schlaftablette vergaß er und bemerkte nicht einmal die Packung auf dem Nachttisch.

    Im Weinberg war anderntags nichts zu tun, deshalb halfen Georg und Klaus im Keller bei der Reinigung der hölzernen Gärfässer, als Bischof von oben rief, dass ein Besuch da sei, für den »Praktikanten«.
    Kilian stand wie eine Statue mit ausgestrecktem Arm in der Halle, in der Hand hielt er den Schieferbrocken.
    »Hier hast du dein Pfand zurück.«
    »Willst du es nicht behalten?«, fragte Georg.
    »Nein, nur wenn du wieder wegfährst.«
    Zu

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