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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Mosel, weit weg von Wochenenden in den Sommerferien, in denen sie im Restaurant helfen musste, bereits mit fünfzehn, weit weg vom Weinberg, wo wir in den Herbstferien helfen mussten. Um den kümmert sich mein Bruder. Ihn hat es immer in den Weinberg gezogen, ihn fasziniert der Steilhang, je steiler, desto besser, er fährt sogar im Stehen mit der Monorackbahn, Sie kennen das? Nein? Er nimmt Sie mit, Sie werden begeistert sein.«
    »Ich bin nicht schwindelfrei.«
    »Ach was, das ist supergeil, Sie werden es sehen. Ich bin schon als kleiner Junge mit meinem Vater losgezogen. Ich hatte da oben im Steilhang immer ein Gefühl von …« Er zögerte, dann lächelte er entschuldigend oder verschämt. »Soetwas wie … ein Gefühl von … Freiheit. Und dann habe ich den Fluss unter mir gesehen und davon geträumt, bis zum Rhein runterzufahren und auf ihm bis nach Rotterdam und weiter in die Nordsee bis nach Amerika …«
    »Haben Sie es getan?«
    »Nein, noch nicht, mein Vater wollte mitkommen. Aber ich mache es, irgendwann, ganz sicher, das schwöre ich.« Nach diesen Worten schwieg Patrick und schlug die Augen nieder, er wischte mit der Hand darüber. »Ich wollte es mit meinem Vater zusammen machen«, wiederholte er. »Nein, wenn ich ehrlich bin: Ich kann mir nicht vorstellen, dass er einfach ins Wasser gefallen ist. Ja, gut, mal hat er getrunken, besonders wenn er sich aufregte … Alle sagen, dass es so war, und meine Mutter hat sich der öffentlichen Meinung angeschlossen. So zu denken ist vielleicht einfacher, als sich vorzustellen, dass …« Patrick brach mitten im Satz ab.
    Georg glaubte, dass er auch nichts weiter sagen wollte, er hatte sich verschlossen, er sah es an Patricks Augen. »Was halten Sie von Menges?«
    »Ich kannte weder ihn noch seinen Wein. Und seine Brückenproteste waren weit weg. Das interessiert hier wenige. Ja, man ist dagegen, wie die meisten. Steilhänge kenne ich sehr gut. Wer nicht trittsicher ist, kommt leicht ins Rutschen, man muss konzentriert gehen, gerade wenn man am Rand einer Klippe arbeitet. Aber die meisten Unfälle passieren mit Maschinen, die stürzen um und begraben einen unter sich. Wo waren die Stöcke abgesägt?«
    »Es waren die letzten zwei Reihen. Es waren sehr alte Stöcke.« Georg wunderte sich, dass Patrick so viele Worte über Menges verlor, nicht aber über den eigenen Vater sprach. Wovor wollte er sich schützen?
    »Da hat es jemand darauf angelegt, ihn an den Rand zu locken. Für alte Stöcke, wir haben welche auf dem Hof liegen, braucht man eine Motorsäge oder eine mit ’nem Akku.«
    »Haben Sie eine hier?«
    »Jeder hat so ein Gerät. Da wollte ihn jemand an den Abgrund locken, hätte er ihm schaden wollen, hätte er die Stöcke oben am Weg genommen.«
    »Haben Sie mit der Polizei darüber gesprochen?«
    »Sie hat mich nicht danach gefragt.« Patrick sah Georgs leeres Glas und schenkte nach, dann wartete er auf die nächste Frage.
    »Zurück zu Ihrem Vater. Weiß man, ob ihn jemand zum Wasser gelockt hat?«
    »Nein.«
    »Zeugen gibt es nicht?«
    »Nein.«
    »Äußere Verletzungen oder innere hatte er nicht?«
    »Nein.«
    Jedes Nein wurde eindringlicher, abwehrender und geradezu beschwörend, wie um gefährliche Gedanken fernzuhalten, dachte Georg. Wie würden Mutter und Sohn Restaurant und Hotel weiterführen?, fragte er sich. War die Aufgabe zu groß für sie? Wieder kam ihm Sauter in den Sinn und der Dauerstreit mit Albers. War es besser, nicht zu sagen, wo und für wen er arbeitete?
    »Will Ihr Onkel auch das Weingut übernehmen?«
    »Auf keinen Fall. Es gibt da jemanden in Zeltingen, der ist hinter den Weinbergen her, der wollte sie schon immer haben …«
    »Stefan Sauter?«
    »Was wissen Sie denn noch alles?« Patrick wich ein wenig zurück. »Wenn Sie mir eben nicht geholfen hätten, wäre ich jetzt erschrocken. Ja, Sauter. Was mit der Kellerei wird, weiß ich noch nicht. Das muss mein Bruder entscheiden. Sie zu einem weiteren Hotel umzubauen würde ein Vermögen kosten. Na gut, wenn wir das Hotel beleihen, Hypotheken und so – ich verstehe nichts davon. Aber dann würde Tille austicken. Er war immer neidisch, er glaubt, die Gäste würden nur zum Geldabliefern kommen, wir hätten es leichterals er mit seiner Bude. Er hat nie kapiert, wie viel wir arbeiten. Aber ich glaube, meine Tante ist die treibende Kraft, sie liegt ihm ständig in den Ohren. Die sieht nur das Haus und die Autos auf dem Parkplatz und ihn auf seinem Moped – na ja, seine Kawasakis,

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