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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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home sweet home! We’re gonna be back twice as strong.
    Warum das Ressort Leben & Mehr das Thema Plantagen immer von Neuem »abdecken« muss, werde ich nie kapieren, aber als ich aus dem Pontiac steige, muss ich mir eingestehen, dass ich beeindruckt bin. Hierher sind wir mit der Schule nie gefahren. Der Regen hat alles reingewaschen, alles glänzt und schimmert frisch und grün. Ein gepflasterter Weg führt über eine Rasenfläche, die größer ist als ein Fußballfeld. Gigantische Eichen spenden großzügig Schatten. Riesig steht das pfirsichfarben verputzte Herrenhaus da, mit weißen Säulen vom Boden bis unters Dach.
    Ich zahle meine fünfzehn Dollar, werfe einen Blick in die Broschüre und warte. Spiele mit den Zweigen eines üppigen Busches, biege sie so, dass Regentropfen von den Blättern auf meine Zehen fallen, die nackt in den Sandalen stecken. Bald muss die nächste Führung beginnen.
    Nach und nach formiert sich die Gruppe; wir sind zu zwölft. Sechs alte Damen in lilafarbenen Kleidern und mit roten Hüten stehen da und reden und lachen, als wollten sie aller Welt demonstrieren, wie prächtig es ihnen geht und dass sie auf ihre alten Tage einen Heidenspaß haben.
    »Sind wir dann alle so weit?« Unsere Führerin klatscht in die Hände und sieht uns – unverwandt lächelnd – eine nach der anderen prüfend an. »Mein Name ist Amy, und es ist mir eine Freude, Sie auf Moss Manors begrüßen zu dürfen. Kommen Sie, freuen Sie sich an der Schönheit der Plantage heute – und stellen Sie sich ihre reiche Vergangenheit vor.«
    Sie geht voran, sagt, wie alt die Eichen sind; erklärt, dass das Herrenhaus nach griechischem Vorbild erbaut ist; erläutert, wie der Fluss in den alten Zeiten für den Handel genutzt wurde. Das Land von Moss Manors erstreckt sich bis ans Ufer des Mississippi, so dass die Erträge der Plantage per Boot direkt zum Markt in New Orleans transportiert werden konnten. Entlang der gesamten River Road reihten sich Plantagen aneinander; hier wurden Lebensmittel und Baumwolle produziert und per Schiff in die Stadt geschickt, von wo die Post und andere Waren zurückgeschickt wurden.
    »1801 schrieb der Kaufmann Zadok Cramer, New Orleans sei ›der große Handelsplatz, das Alexandria von Amerika‹.« Amy öffnet die gewaltige Flügeltür, und wir betreten die Halle, deren Boden mit Ziegelsteinen ausgelegt ist. »Ihnen fällt sicher auf, dass es am Eingang zum Haus keine Stufe oder Schwelle gibt.« Sie umschließt den hohen Raum, in den so viel Tageslicht fällt, mit einer ausholenden Armbewegung. »Die jungen Herren sind früher zu Pferd den Weg heraufgekommen und direkt ins Haus galoppiert.« In der kleinen Gruppe regt sich entzücktes Gemurmel.
    Die, die den Pferdemist beseitigen mussten, fanden das wahrscheinlich weniger romantisch.
    Amy dreht sich zu uns um und bittet uns weiter. »Nun gelangen wir ins Esszimmer.« Dazu vollführt sie eine Art Knicks und schaut uns der Reihe nach an.
    Der lange Tisch ist formvollendet gedeckt. Die alten Damen begeistern sich für das Porzellan und das Tafelsilber.
    »Sehen Sie sich diese geniale Einrichtung an.« Amy weist auf einen Eisengriff. »Einer der Besitzer des Hauses hat daserfunden – damit lassen sich mehrere Ventilatoren gleichzeitig bedienen. Die waren besonders während der Mahlzeiten enorm wichtig, nicht nur wegen der Hitze, sondern auch wegen der Insekten, die ferngehalten werden mussten. Damals gab es noch keine Fliegengitter in den Fenstern. Und da die Häuser, wie Sie wissen, auch noch keinen elektrischen Strom hatten, war diese Vorrichtung ausgesprochen nützlich. So konnte hier ein einziger Diener stehen und alle Ventilatoren im Raum in Gang halten.« Sie bewegt die Kurbel, und die schweren Ventilatoren setzen sich in Bewegung. Ein Lufthauch regt sich.
    Ich habe es genau gehört: Diener . Nicht Sklave .
    Weiter geht es durchs Erdgeschoss, den eleganten kleinen Salon, das Musikzimmer und dann in eine auffallend enge und spärlich ausgestattete Küche.
    »Der Großteil der Mahlzeiten wurde in einem separaten Gebäude zubereitet, das sich wegen der Hitze und der permanenten Feuergefahr in einiger Entfernung vom Haupthaus befand«, erklärt Amy und führt unsere kleine Schar nach oben, wo die alten Frauen seufzen angesichts der Himmelbetten und Porzellanwaschschüsseln und -krüge. Ein Mann mittleren Alters klopft mit einem Stift gegen eine der bauchigen Schüsseln. Andauernd fallen die Worte fein, vornehm, romantisch und Tradition .
    In

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