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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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der »Maple Leaf Bar« nebenan mit ihren rot gestrichenen Wänden, lächeln Calinda und ich einander zwischen hundert heißen, drängelnden Leibern glücklich zu. Wir sind beide schweißnass. Der Funk ist viel zu laut, als dass man noch reden könnte. Dankbar registriere ich, wie meine rasenden Gedanken von Musik und Wodka übertönt werden. Die Drums hämmern, löschen alles Denken aus, und die Bassline übernimmt die Führung für die Hüften. Wir bewegen uns dazu, reißen die Arme hoch; wie ein Segen wabert die süßliche Duftwolke eines Joints herüber. Ich schließe die Augen und lasse mich treiben. Überrascht stelle ich fest, dass in allem, was mein halb berauschtes Hirn nach oben schwemmt, Bento vorkommt. Seine freundlichen Augen, seine tiefe Stimme, sein amüsierter Ton. Seine großen, warmen Hände, die genau wissen, was sie zu tun haben.
    Doch ich weiche dem aus. Eine Weile später – Calinda denkt, ich sei zur Toilette – stehe ich im Hinterhof gegen eine Mülltonne gedrückt, und so ein Studentenverbindungstyp stößt mich wie eine Maschine. Ich starre in die Laterne über uns, bisich praktisch blind bin. Dabei fühle ich nichts als Erschöpfung. Ich denke an eine junge Frau, die vergewaltigt worden ist und der man das Gesicht weggeschnitten hat. Ich habe das alles so über, ich möchte nur noch schlafen.
    Der Typ merkt nichts.
    »Du bist ein scharfes Ding«, murmelt er und macht immer weiter, ächzt, wird jeden Moment kommen. »Weißt du das? Ein echt scharfes Ding.«

10
    Der Himmel ist grau, und es regnet, als ich früh am Morgen mit pochendem Kopfschmerz erwache. Es ist Dienstag, der 8. April. Plantagen-Tag. Igitt.
    »Hast du Lust, dir mit mir zusammen eine Plantage anzuschauen?«, frage ich, als ich in die Küche komme. Uri sitzt mit einem Kaffee und seinem kleinen schwarzen Moleskine-Notizbuch am Tisch. Jetzt hält er im Schreiben inne, blickt auf und mustert mich eingehend, während ich vom Kühlschrank zum Tresen und vom Tresen zum Herd schlurfe.
    »Bist du schon wieder verkatert?«
    Muss das jetzt sein? »Und was bist du? Ein Möchtegernschriftsteller?« Das bringt ihn zum Schweigen.
    Heißer Kaffee. Kalter Tomatensaft. Paracetamol. Ein hartgekochtes Ei. Ich lasse mich ihm gegenüber nieder und schäle mein Ei. Uri schreibt etwas in sein kleines Buch.
    »Und was hast du gestern Abend gemacht?«
    »Rumgesessen und geträumt, ich wär Romancier«, sagte er, ohne den Blick zu heben.
    »Ach komm, sei nicht so.«
    »Dann sei du nicht so biestig, Nola.« Sein Ton ist kühl. Ich pruste los, verspritze Tomatensaft, grinse, wische mir den Mund trocken.
    »Abgemacht«, sage ich. »Tut mir leid.« Jetzt schaut er mich an, sieht mein Grinsen und lächelt ebenfalls. »Ehrlich, es tut mir leid«, wiederhole ich. Roux kommt hereingetappt, leise klacken seine Krallen über den Holzboden. Auch eine Art von New-Orleans-Fetischismus: Uri nennt seinen Hund nach der Mehlschwitze, die hier an jedes Gericht kommt, meine Mutter nennt mich nach der Stadt. Bald werden die Leute ihreTöchter Katrina nennen und damit angeben, was für kleine Teufelsweiber sie sind. »Hallo, mein Freund.« Ich kraule Roux das warme Nackenfell. »Was ist jetzt, kommst du mit? Ich hab so gar keine Lust, da allein hinzufahren.«
    »Nein, danke. Es würde mir schon Spaß machen, etwas zu tun, das wir beide eklig finden – aber nein. Ich muss arbeiten.«
    »Na gut, dann ist es eben so.«
    Manchmal denke ich, in Uri könnte ich mich verlieben – obwohl er so durch und durch schwul ist und das Ganze damit vollkommen unmöglich. Aber er ist so nett . Einfach ein guter Typ.
    Abgesehen davon, dass er seinen Roman abschließen und veröffentlicht sehen möchte, wünscht er sich nichts sehnlicher, als einen netten, attraktiven Mann kennenzulernen, sesshaft zu werden, die Verbindung mit einer offiziellen Zeremonie zu besiegeln, Kinder zu adoptieren und so weiter. Am Anfang dachte ich, er sei begeistert davon, über dem »Fair Grinds« zu wohnen, denn nach Sonnenuntergang verwandelt sich der Laden in ein Schwulenparadies: Unzählige junge Männer in engen gestreiften Seemannsshirts tauchen auf, Krankenpfleger, die sich nach ihrem Dienst auf den Bänken draußen niederlassen. Das mag für manch einen der geeignete Ort sein, jemanden für eine Nacht aufzugabeln, aber Uris Szene ist es nicht. Er geht schon hin und wieder in Clubs, bevorzugt aber solche wie das »Snug Harbour«, wo man mit seinem Drink an einem Tisch sitzt und Live-Jazz hört. Mit

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