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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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durch das Unterholz, um im Ewaldsee illegal Karpfen zu fangen.
    Rund um den See verlief ein Fußweg, der nicht gesondert angelegt, sondern durch die dauernde Benutzung erholungssuchender Spaziergänger freigetreten worden war. Der ungehinderte Blick auf das Wasser war nur an einigen Stellen möglich, da hoher Bewuchs das Ufer säumte.
    Uhliger wurde, je mehr er sich dem Wasser näherte, von freudiger Erregung ergriffen. Dieses Gefühl hatte er zuletzt vor mehr als dreißig Jahren in einer dunklen Ecke in der Nähe der Wohnung seiner späteren Frau verspürt, als er zum ersten Mal Karlas Brust berührte. Er tat damals wie heute etwas Verbotenes und er tat es gern.
    Der Postbeamte suchte sich eine Stelle, an der sich der Weg wieder etwas weiter vom Wasser entfernte und die durch dichte Büsche vor der Einsicht neugieriger Spaziergänger geschützt war. Es war still am See. Nur vereinzeltes Vogelgezwitscher und das weit entfernte Brummen der Fahrzeuge auf dem Autobahnzubringer störten die Ruhe.
    Kurt-Georg Uhliger warf die Angelschnur in das trübe Wasser und setzte sich auf seinen Hocker.
    Nach mehr als zweistündiger Wartezeit hatte immer noch kein Fisch angebissen. Er wechselte Köder und Haken und wartete geduldig eine weitere Stunde, ohne Ergebnis. Langsam begann er an der Glaubwürdigkeit seines Anglerkollegen zu zweifeln. Könnte es sein, dass er einer besonders perfiden Variante von Anglerlatein aufgesessen war? Ehrlicher Zorn erfasste den Postbeamten. Das würde bedeuten, seinen Treueid quasi grundlos, ohne Legitimation, gebrochen zu haben.
    Er war gerade dabei, seine Angel ein letztes Mal auszuwerfen, als er Stimmen hörte, die sich schnell näherten.
    Wortfetzen drangen an sein Ohr: »... sollten überlegen, den See einzuzäunen ...« Und: »... Vorlage an das Gartenbauamt ...«
    Uhliger wurde angst und bange. Vertreter der Stadt! Wenn sie ihn hier entdeckten, angelnd in einem Landschaftsschutzgebiet ...
    Zitternd vor Angst presste er sich zwischen das Schilf, ohne sich um den feuchten und schlammigen Untergrund zu kümmern. So verharrte er einige Minuten in halbliegender Stellung, bis die Stimmen leiser wurden und schließlich nicht mehr zu hören waren.
    Schnell schnappte er sein Anglergerät, lief gebückt und orientierungslos durch das Unterholz, bis starke Seitenstiche ihn innehalten ließen. Schwer atmend lehnte er sich an einen Baumstamm. Als er sich etwas erholt hatte, wurde ihm ein unangenehmer Geruch bewusst. Suchend sah er sich um. Er erstarrte.
    Zehn Meter von ihm entfernt baumelte etwa zwei Meter über dem Boden ein menschlicher Körper.
    Vor Schreck ließ Uhliger alles fallen, was er in der Hand hielt. Nach einer Zeit, die ihm wie Stunden vorkam, zwang er sich, zwei Schritte nach links zu gehen, um den Toten besser in Augenschein nehmen zu können, ohne sich ihm weiter nähern zu müssen. Einige Minuten blickte er dem toten Mann in das Gesicht. Fast erschien es dem Angler, als würden dessen glanzlose Augen seinen Blick erwidern.
    Dann, als würde ihm erst jetzt bewusst, was er da eigentlich entdeckt hatte, drehte er sich um und lief, so schnell er konnte, in die Richtung, in der er den Autobahnzubringer vermutete.
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    Bei seinem Arbeitgeber war der Fan beliebt. Zwar machte er während der Bundesligasaison an den Wochenenden grundsätzlich keine Überstunden und bat auch immer dann, wenn Schalke an einem Mittwoch oder einem anderen Wochentag auf internationaler Bühne spielte, um zwei oder drei Tage Urlaub. Dafür war er aber zu den anderen Zeiten stets zur Mehrarbeit bereit.
    Außer Schalke hatte der Fan keine Verpflichtungen. Während der Jahre, in denen Schalke nicht im internationalen Fußball mitgemischt oder gar in der zweiten Bundesliga gespielt hatte, war der Fan nicht ins Ausland gefahren. Fremde Städte oder Länder interessierten ihn nicht besonders. Den Fan beschäftigten nur die fußballerischen Fertigkeiten der Spieler und die Stadien der Heimmannschaften. Hautfarbe und Sprache waren ihm völlig egal. Deshalb hatte er auch kein Verständnis für das rassistische Gebrüll einiger Schalker Fans, wenn der Gegner farbige Spieler aufstellte. Nur die Farbe des Trikots, das der gegnerische Spieler trug, war entscheidend. Spieler und Fans anderer Mannschaften waren schlicht die Anderen . Und die galt es zu bekämpfen. Egal, aus welchem Land sie kamen.
    Kurz nach dem Bezug seiner eigenen Wohnung trat der Fan einem Schalker Fanklub bei. Doch mit den gemeinsamen Fahrten zu den

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