Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
Vom Netzwerk:
während er weiter Totschläger und Mörder jagte.
    Er wollte den Raum verlassen, als ihn Baumann ansprach: »Chef ...«
    »Was denn noch?«
    »Ich wollte erst mit dir sprechen, bevor ich es den anderen sage.«
    »Was willst du den anderen sagen?«
    »Wir haben Nachricht von Viclas.«
    »Von wem?«
    »Du weißt schon, das Computersystem, von dem ich dir erzählt habe. Die einhundertachtundsechzig Fragen.«
    »Ja, stimmt. Und?«
    » Viclas meint, dass die Morde mit einer Wahrscheinlichkeit von über siebzig Prozent von demselben Täter verübt wurden.«
    Brischinsky verdrehte die Augen. Jetzt mischten sich nicht nur LKA-Psychologinnen in seine Ermittlungen ein, sondern auch Computerprogramme gaben ihm Ratschläge. Langsam wurde er für diesen Job zu alt.
    »Toll!«, stöhnte er. »Und jetzt bestell diesem Viclas oder wem auch immer einen schönen Gruß und sag ihm, er könne sich seine Hinweise irgendwo hinstecken.«
    32
    Kurt-Georg Uhliger war seit seiner frühesten Jugend begeisterter Angler. Jede freie Minute nutzte er, um seinem Hobby nachzugehen. Seine Frau hatte ihn vor mehr als dreißig Jahren auch deshalb geheiratet. Ein Hobbyangler brachte sein Geld nicht in Kneipen oder mit anderen Frauen durch. Ein Angler hatte auch nichts dagegen, wenn seine Frau gemeinsam mit ihm still auf einem Klapphöckerchen am Kanal- oder Flussufer auf den schönen Moment wartete, wenn nach Stunden geduldigen Schweigens endlich ein Fisch anbiss. Die Kosten für Angelruten, Käscher und ähnliche Utensilien fielen, auf lange Sicht betrachtet, gegenüber anderen Hobbys kaum ins Gewicht. Dies galt auch dann, wenn man berücksichtigte, dass Kurt-Georg immer häufiger dafür sorgte, dass ein Flachmann mit Hochprozentigem bei seinen Angelausflügen mit von der Partie war.
    Uhligers Frau war immer noch zufrieden mit ihrer Wahl. Denn zum einen brachte Kurt-Georg Uhliger von seinen Angeltouren, die er allerdings mittlerweile ohne seine Frau unternahm, von Zeit zu Zeit einen Fisch mit, der den Speiseplan extrem preisgünstig erweiterte. Zum anderen war Kurt-Georg, und das war noch ausschlaggebender für ihre Zufriedenheit, Postbeamter im mittleren Dienst und stand mit siebenundfünfzig kurz vor der vorzeitigen Pensionierung.
    Während der letzten Jahre hatten seine Leberbeschwerden rapide zugenommen und ihr gemeinsamer Hausarzt richtete bei jedem Arztbesuch mahnende Worte an ihn, an die sich Kurt-Georg allerdings nicht hielt. Karla Uhliger rechnete sich also gute Chancen aus, ihren preußisch korrekten Ehemann um einige Jahre zu überleben und so in den Genuss einer zwar nicht hohen, dennoch für eine genügsame Person absolut ausreichenden Beamtenwitwenpension zu kommen.
    Natürlich ahnte Kurt-Georg Uhliger nichts von diesen Gedanken seiner Angetrauten, als er sich an diesem Dienstagvormittag aufmachte, um zum ersten Mal in seinem Leben gegen das Gesetz zu verstoßen.
    Nordöstlich der Mülldeponie Emscherbruch, teils auf Herner, teils auf Gelsenkirchener Stadtgebiet gelegen, befand sich ein kleines Waldgebiet. In diesem Waldstück, verborgen hinter hohem Schilf, lag ein kleiner See, der als Folge des Kohleabbaus durch Bergsenkungen entstanden war und sich im Laufe der Zeit zu einem Biotop entwi-
ckelt hatte. Dieser See und seine Umgebung waren als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Angeln war daher bei Strafandrohung verboten.
    Einer seiner Angelfreunde nun hatte Kurt-Georg Uhliger unter dem Siegel der Verschwiegenheit verraten, dass sich in dem von Ortskundigen ›Ewaldsee‹ genannten Gewässer eine wachsende Population von Karpfen tummeln würde. Kurt-Georg Uhliger schwankte monatelang zwischen Angelleidenschaft und Treue zum Staat. Schließlich entschied er sich schweren Herzens für sein Hobby und gegen seinen Dienstherrn. Erleichtert wurde ihm dieser Entschluss durch die Privatisierung großer Teile der früheren Bundespost in die Telekom und die Umwandlung des Restes in die Post AG, was sein Vertrauen in die eherne Richtigkeit staatlicher Entscheidungen schwer erschüttert hatte. Wenn schon eine hoheitliche Aufgabe wie das Abstempeln von Postwertzeichen mit Billigung der Volksvertreter in privatwirtschaftliche Hände überging, durfte sich die Legislative nicht wundern, wenn selbst die Beamtenschaft als Stütze des Staates den Gesetzen nicht mehr Folge leisten wollte.
    Und so schlich der deutsche Postbeamte Kurt-Georg Uhliger an diesem Dienstagvormittag bewaffnet mit Angelrute, Käscher, Eimer, Klapphocker, Ködern und Flachmann

Weitere Kostenlose Bücher