Tödliches Abseits (German Edition)
Eindruck von dem Geschäftsgebaren des von Baumann, Baumann und Partner vertretenen Unternehmens hinterlassen.
Esch war beeindruckt. Zwar war er sich nicht ganz sicher, ob Josef Bartelt wirklich damit einverstanden sein würde, als mehr oder weniger schwachsinnig hingestellt zu werden, andererseits standen aber nicht nur Kosten von über 2.000 Mark, sondern auch Rainers anwaltliche Reputation auf dem Spiel. Seine versteckte Drohung am Ende des Schreibens bewegte sich, soweit er sich an die einschlägigen Paragraphen noch erinnern konnte, hart an der Grenze dessen, was das anwaltliche Standesrecht zuließ.
Doch das störte ihn nur wenig. Der Begriff Standesrecht weckte bei ihm immer Assoziationen an Standrecht und bei beiden Begriffen kroch kalte Wut in ihm hoch.
Die Bedenken, was Josef Bartelt von dem Brief halten könnte, wischte Rainer schließlich mit der Überlegung beiseite, dass er ihm, entgegen anwaltlicher Gepflogenheit, keine Durchschrift schicken würde. Ging die Sache schief, würde sein Mandant ohnehin stinksauer auf ihn sein. Klappte sein Bluff jedoch, dürften Josef Bartelt Rainers Methoden ziemlich egal sein. Hoffte der Anwalt zumindest.
Er druckte das Schreiben aus und fahndete nach einem geeigneten Briefumschlag. Dabei fiel ihm die Liste in die Hände, die er Cengiz letzten Samstag zur Erledigung überlassen hatte. Schlagartig bekam er ein schlechtes Gewissen. Zwar hatte auch er selbst mittlerweile die Herner Zeugen und Opfer des Überfalles befragt – ohne Erfolg –, sich seitdem aber noch nicht wieder getraut, seinen Freund anzurufen. Und Droppe schmorte weiterhin in der Kiste. Beides galt es zu ändern.
Da ohnehin keine Briefmarke in seinem Büro aufzutreiben war, entschloss sich Rainer, einen Antrag auf erneute Einsicht in die Ermittlungsakten im Fall Kröger zu stellen und diesen gemeinsam mit dem Brief an Baumann, Baumann und Partner zur Post zu bringen. Anschließend würde er versuchen, den berechtigten Unmut seines Freundes durch einen Überraschungsbesuch wieder auszuräumen.
Inzwischen war die erhoffte Geldzahlung auf seinem Konto eingegangen, so dass Rainer als Erstes die temporären Missstimmungen mit seiner Bank zur beiderseitigen Zufriedenheit klären konnte. Gegen fünfzehn Uhr stand er dann endlich mit einer Plastiktüte in der Hand vor Cengiz’ Wohnung. Die Tüte enthielt drei Flaschen Pfälzer – Freinsheimer Musikantenbuckel, Riesling Spätlese 1996 , von denen er eine Cengiz schenken und die anderen seiner eisernen Reserve zuführen wollte –, die neue Stones-CD Brigdes of Babylon – ein nicht ganz uneigennütziges Geschenk, da er sich die Scheibe zum Aufnehmen von Cengiz auszuleihen gedachte – und einen neuen Krimi seines Lieblingverlags, den er selbst noch nicht kannte. Alles in allem war Rainer mit seiner großzügigen Präsentauswahl mehr als zufrieden. Glücklicherweise war sein Freund zu Hause.
»Rainer«, stellte Cengiz ohne erkennbare Begeisterung fest, als er die Tür öffnete.
Eschs Selbstbewusstsein bekam einen ersten Riss. »Tach, Cengiz, ich ... äh ... wollte nur ... bin zufällig hier vorbeigekommen und da dachte ich ...«
»Komm rein.«
Rainer betrat die Wohnung seines Freundes und blieb unschlüssig im Flur stehen. Cengiz ging an ihm vorbei in sein Wohnzimmer.
»Willst du da Wurzeln schlagen?«, rief der Türke ihm zu.
Esch hängte seine Lederjacke an einen Garderobenhaken und folgte Cengiz mit der Tüte in der Hand.
»Äh ... Cengiz ... wegen Samstag ...«
»Was ist mit Samstag?« Cengiz kam ihm kein Stück entgegen und ließ ihn zappeln.
Rainers gespielte Selbstsicherheit bröckelte mehr und mehr. »Also, ich meine ... Kurt Schacklowski habe ich wirklich seit meiner Kindheit nicht mehr gesehen, also ...«
»Und?«
»Mensch, Cengiz, mach’s mir doch bitte nicht so schwer.«
»Fragt sich nur, wer es hier wem schwer macht«, bemerkte Cengiz trocken.
Esch schluckte. »Du bist mein bester Freund und ich ... ich hab Scheiße gebaut. Entschuldige bitte, okay?«
Cengiz stand auf und ging zu Rainer. Er fasste ihn mit beiden Händen an den Schultern und sah ihn ernst an. »Musst du dir eigentlich immer selbst im Weg stehen, Rainer? Aber okay, ist alles erledigt. Was schleppst du da mit dir durch die Gegend?«
Erleichtert kramte Rainer die CD und den Krimi aus der Tragetasche. »Das ist für dich. Sozusagen Wiedergutmachung. Wenn wir uns die CD jetzt anhören würden, könnte ich die gleich wieder mitnehmen und dann ...«
»Rainer, du bist
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