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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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gluckste. »Selbst schuld.«
    »Die Beweise waren erdrückend. Die Kollegen, die als Erste vor Ort waren, haben seine Anglerausrüstung gefunden. Er hat sie in der Panik liegen gelassen. Jedes Teil, aber wirklich jedes, war mit seinem Namen und seiner Adresse beschriftet, stell dir vor. Und natürlich wollte er sie zurückhaben. Als ich ihn fragte, was er mit einer Angelrute mitten im Wald macht, hat er nur noch rumgestottert. Mir wäre aber auch keine plausible Erklärung eingefallen. Und jetzt hat er Angst, dass wir ihn anzeigen. Wegen Karpfenklaus!« Baumann prustete los. »Stell dir das vor! Stell dir das mal vor! Da will einer im Ewaldsee Karpfen angeln!«
    »Und? Hat er was gefangen?«
    »Ach was. Aber dem geht jetzt der Arsch auf Grundeis.« Baumann musste erneut kichern.
    »Und wie ich deine schwarze Seele kenne, hast du dieser Stütze der Gesellschaft natürlich nicht gesagt, dass sich die Mordkommission normalerweise nicht mit Ordnungswidrigkeiten beschäftigt?«, fragte der Hauptkommissar.
    »Natürlich nicht.«
    »Typisch. Der arme Mann.« Sie erreichten ihr Fahrzeug und stiegen ein. »So, und bevor du dann unseren täglichen Bericht verfasst, hältst du an der nächsten Pommesbude. Ich muss mein Mittagessen vervollständigen.«
    35
    Rainer Esch saß am Schreibtisch in seinem Büro und kaute auf einem Bleistiftstummel. Vor ihm lag ein Schreiben der Sozietät Baumann, Baumann und Partner , Rechtsvertreter des Ehevermittlungsinstitutes Harmonie . Diese Sozietät galt als eine der ausgefuchstesten Kanzleien in Zivilrechtsfragen im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Bochum. Und ausgerechnet mit diesen Koryphäen hatte er sich angelegt.
    Nach mehreren Anläufen war es ihm vor einigen Tagen endlich gelungen, eine halbwegs passable Antwort auf das Mahnschreiben des Eheinstitutes auf den Weg zu bringen. Und jetzt las er mit Ehrfurcht die geschliffenen Formulierungen der gegnerischen Anwälte:
 

... haben wir mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass sich Ihr Mandant allein deshalb an den Vertrag mit unserer Mandantin nicht gebunden fühlt, weil die ihm von unserer Mandantin vorgeschlagenen Interessentinnen zu jung waren. ... weisen wir darauf hin, dass sich bisher keiner der Kunden unserer Mandantin über zu junge Interessentinnen beklagt hat und wir beim besten Willen darin keinen Verstoß gegen die vertragliche Verpflichtungen unserer Mandantin erkennen können. ... mündliche Nebenabsprachen unzulässig. ... vertraglich geschuldete Leistung erfüllt ... fordern wir Ihren Mandanten letztmalig auf, bis zum ...
     
    Esch fiel nichts, aber auch absolut gar nichts ein, wie er den Anspruch der Ehevermittler aus den Angeln heben könnte. Josef Bartelt würde zahlen müssen. Zuzüglich der gegnerischen und seiner Anwaltskosten. Der Alte würde toben. Rainer stöhnte. Eine tolle Leistung seinerseits, wirklich. Und das, obwohl es doch eigentlich sittenwidrig war, einen Ehevermittlungsvertrag mit einem fast Siebenundachtzigjährigen, der möglicherweise auch schon unter ersten Anzeichen von Altersverwirrtheit litt ... Natürlich, das war es! Der Vertrag war sittenwidrig!
    Der Anwalt schmiss den Bleistiftstummel, der um die Hälfte kürzer geworden war, in den Papierkorb, zündete sich eine Reval an und startete das Textverarbeitungsprogramm auf seinem PC. Dann begann er, sein Antwortschreiben zu formulieren. Er schrieb Baumann, Baumann und Partner , dass sein Mandant offensichtlich nicht in der Lage gewesen sei, die Tragweite seines Handelns bei Vertragsabschluss zu überblicken, und damit im Grunde geschäftsunfähig gewesen sei, wofür er als Beweis jederzeit die behandelnden Ärzte heranziehen könne. Außerdem hätte sich den Mitarbeitern von Harmonie bei geschuldeter pflichtgemäßer Prüfung die Frage stellen müssen , ob nicht bereits der Wunsch eines so alten Menschen, die Dienste eines Ehevermittlers in Anspruch zu nehmen, ein Indiz für dessen Senilität sei. Schließlich werfe der Rechtsstreit ein bezeichnendes Licht auf die Seriosität des Institutes, dem es augenscheinlich mehr um die Vermittlungsprovision als um das Lebensglück ihrer Kunden ginge. Dies stünde im krassen Gegensatz zu den Werbeaussagen des Ehevermittlers, weswegen diesseitig erwogen werde, zur Klärung der wettbewerbsrechtlichen Dimension des Falles die Verbraucherschutz-
organisationen einzuschalten. Natürlich würde ein Entgegenkommen von Harmonie in der Frage der Zahlungsverpflichtung seines Mandanten einen völlig anderen

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