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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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zehnminütiger Suche seinen Freund in einem Pulk Blau-Weißer am Rande der Gegentribüne wieder gefunden.
    »Wir brauchen deine Hilfe«, schrie Rainer, um das ohrenbetäubende Pfeifen zu übertönen. Auf dem Rasen war Thon zum wiederholten Mal gefoult worden.
    »Wobei?«
    »Wir suchen den Kerl, den du in der Toilette gesehen hast.«
    Der Schalker sah Rainer säuerlich an, als ob ihm dieser einen unsittlichen Antrag gemacht hätte. »Warum?«
    »Ich möchte von ihm wissen, warum er als Schalker Fan im Bochumer Outfit einen Bochumer zusammenschlägt.«
    »Dann such mal schön.«
    Es schien, als ob ihre Unterhaltung damit beendet wäre. Rainer sah Kurt bittend an. Der beugte sich zu dem anderen herunter und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    »Scheiße. Ihr könnt einem ganz schön auf die Nerven gehen.« Der Fan sah sich suchend um. Dann sagte er: »Da oben. In dem Block direkt neben den Kurvenplätzen. An der Treppe. Der mit den schwarzen Haaren. Jetzt hat er ja kein Bochumer Trikot mehr an, sondern wieder einen Schalke-Schal. Komisch.«
    »Wo?«, fragte Rainer aufgeregt.
    »Da oben.« Der Schalker zeigte mit der ausgestreckten Hand auf den Gesuchten.
    Rainers Augen folgten dem Hinweis. »Der sich jetzt eine Zigarette ansteckt?«
    »Genau der. Und jetzt will ich das Spiel sehen.«
    »Cengiz, dort.« Rainer versuchte, seinen Freund auf den Schläger aufmerksam zu machen, und hob seinen Arm. »Direkt neben der Treppe. Er stützt sich auf den Handlauf.«
    »Ja, ich sehe ihn.«
    Aber auch der Beobachtete war auf die Freunde aufmerksam geworden. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Dann verschwand der Schalker auf der Treppe.
    »Mensch, der haut ab«, rief Rainer und zwängte sich durch die Zuschauer in Richtung einer der Ausgänge. Hinter ihm schloss sich die Gasse wieder.
    Cengiz wollte ihm nach, aber die Fans, durch die sich Rainer eben gedrängt hatte, machten nicht den Eindruck, als ob sie ein zweites Mal bereitwillig zur Seite treten wollten.
    »Schaaalke, Schaaalke!«, brüllten sie plötzlich, als sich die Blau-Weißen auf dem Rasen dem gegnerischen Strafraum näherten. Hunderte Zuschauer sprangen auf, reck-
ten ihre Hälse, drängelten, um das Geschehen auf dem Spielfeld besser verfolgen zu können, und bildeten eine undurchdringliche Mauer. Als Cengiz mit sanfter Gewalt ein Durchkommen versuchte, zischte ihm einer der vor ihm Stehenden zu: »Gib Ruhe, Kanake, sonst knallt’s.«
    Da verzichtete der Türke darauf, Rainer zu folgen. In diesem Chaos würde er ihn ohnehin nicht wieder finden. Stattdessen fragte er Kurt, womit dieser den Sinneswandel seines Kumpels herbeigeführt hatte. Die Milka-Kuh sagte es ihm.
    »Aber er ist doch dein Freund.«
    »Aber kein besonders guter«, griente Kurt Schacklowski. Und schwang die riesige Fahne.
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    Elisabeth Großkopf-Schmittdellen rauschte spätabends in das Büro und deponierte wortlos ein Mittelgebirge von Aktenordnern auf Brischinskys Schreibtisch.
    »Was soll ich damit?«, fragte der verwundert.
    »Sehen Sie es sich an.«
    Der Hauptkommissar winkte ab. Sein Interesse galt weniger den Akten als der Überbringerin. Diese Frau sieht einfach gut aus, dachte Brischinsky. »Erzählen Sie es mir. Was sind das für Akten?«
    »Eingestellte Verfahren der Staatsanwaltschaft. Fast ausnahmslos schwere Körperverletzung. In einigen Fällen auch in Tateinheit mit Raub.«
    »Und?« Ungeduldig schob Brischinsky den Aktenberg beiseite.
    »Nach Heimspielen von Schalke kommt es regelmäßig zu Überfällen auf Fans der anderen Mannschaft , die ...«
    »Und diese Akten schleppen Sie hier an? Schlägereien zwischen Fangruppen gehören zum Alltag in deutschen Fußballstadien. Das haben Sie mir selbst ...«
    »Lassen Sie mich bitte ausreden. Diese dreiundzwanzig Überfälle hier«, die Psychologin klopfte mit der rechten Hand auf den Aktenstapel, »unterscheiden sich gravierend von den üblichen Prügeleien. Sie wurden immer von einem Einzeltäter verübt, der sich anscheinend gezielt seine Opfer aussucht und immer nach einem identischen Muster vorgeht.«
    »Ein Muster?« Brischinsky deutete auf den freien Stuhl vor Baumanns Schreibtisch.
    »Alle Überfallenen haben ausgesagt, von einem Anhänger ihres eigenen Vereins um Hilfe gebeten worden zu sein. Als sie sich dann dem vermeintlich Hilfsbedürftigen genähert hatten, habe dieser ihnen plötzlich Tränengas in die Augen gesprüht und mit einem Schlagring auf sie eingeschlagen. Die Opfer haben teilweise erhebliche Verletzungen erlitten.«

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