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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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aber der sicherste Weg sind viele Punkte bei den College Boards. Natürlich wird das kein College zugeben, dennoch ist es so. Ein Student, der in Mathematik und sprachlichem Ausdruck bei siebenhundert liegt –
    achthundert Punkte sind Spitze –, ist ein ernsthafter Kandidat für jede Zulassungskommission an jedem College. Hinzu kommt noch eine Reihe anderer Faktoren. Wo unter Studenten mit weniger Punk-68

    ten ausgewählt werden muß, spielen andere Kriterien eine größere Rolle. Wenn aber ein Student zwar gute Empfehlungen mitbringt, brauchbare Zensuren oder ein gewisses Maß an erkennbarem Talent, vor dem Board jedoch nur fünfhundert Punkte schafft, dann sind seine Aussichten, von einem der bedeutenderen Colleges genommen zu werden, nicht gut.
    Kate hatte zu diesen Tests ihre eigene Meinung und war geneigt, sie gefragt oder ungefragt zum besten zu geben. Ihrer Meinung nach war mit ihnen etwas faul. An der medizinischen Fakultät gingen beispielsweise Leute nach den genannten Kriterien vor, und Kate fand die Ergebnisse katastrophal. Egal, was die medizinischen Hoch-schulen behaupteten, sie tendierten dazu, Studenten mit guten Noten in organischer Chemie zu nehmen, die obendrein hohe Punktbewer-tungen von den Boards hatten. Das erklärte zum Teil – für Kate zum größten Teil – die Art von Ärzten und medizinischer Versorgung, mit denen dieses Land geschlagen war. Doch daran konnte sie nichts ändern, und so versuchte sie, sich nicht weiter damit zu beschäftigen.
    »Ja«, sagte Reed und sah, wie Kates Gedanken vertrautes Territo-rium durchquerten. »Wir wissen über College Boards Bescheid. Und was weiter?«
    »Ich habe diesen November keine SAT’s gemacht, aber ein paar Kumpel…«
    »Was hast du gemacht?«
    »Das sind Leistungsnachweise zu speziellen Themen.
    Das tut hier nichts zur Sache.« Leos Stimme hatte den Ton angenommen, den Jugendliche immer dann anschlagen, wenn sie ihren Eltern oder Erwachsenen, die sie wie Eltern behandeln, eine Sache nicht zum erstenmal erklären. Daß sie selbst häufig Erklärungen verlangen und diese oft wiederholt haben wollen, fällt ihnen natürlich nicht auf. Adoleszenz ist nicht das Alter für solche Gedanken.
    Man kann nicht zuvorkommend sein und gleichzeitig in einer Identitätskrise stecken. Das, dachte Kate, ist der beste Grund, Manieren zu lernen, wenn man noch jung ist. Sie fing ihre abschweifenden Gedanken wieder ein. »Ja«, sagte sie, »ich erinnere mich jetzt: Du hast keine SAT’s mehr gemacht, weil du beim erstenmal so gut warst.«
    »Klar. Und offen gesagt: Warum soll ich das Risiko eingehen?«
    »Sicher eine kluge Entscheidung. Wer hat dann welche gemacht?
    Ich meine«, fügte sie hastig hinzu, bevor es blöd klang und sie sich sofort einen Verweis einhandelte, »wer mußte denn das Risiko eingehen?«
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    »Zehn Kumpel. Ihre Namen spielen keine Rolle«, sagte Leo düster. »Aber einer von ihnen war Ricardo.«
    »Aha, und offenbar war er in der zweiten Runde viel besser.« Ka-te war klar, daß Reed zu hoffen anfing, das Ganze laufe auf einen schlichten Fall von jugendlichem Groll hinaus.
    »Viel besser.« Leo sagte es mit solchem Sarkasmus, daß sich seine Lippen verzerrten, ein Effekt, den Kate noch nie an ihm bemerkt hatte. »Er bekam 760 beim sprachlichen Test und 420 in Mathe.«
    »Na ja, mit 420 schafft er Harvard wohl kaum, oder?« Kate sagte es mit einem Gefühl, wie sie es oft hatte, wenn Leo ihr erklärte, warum ein Catcher kein Linkshänder sein konnte. Anders Reed.
    »Mit anderen Worten«, sagte Reed, »jemand hat den Test für ihn geschrieben, war aber klug genug, keine allzu hohe Punktzahl in Mathe zu machen.«
    »Genau. Wenn du selber in Mathematik Spitze bist, ist es natürlich ein bißchen schwer, zu entscheiden, wie viele Fehler man absichtlich einbaut, und… Also hat der Bursche, der die Prüfung für ihn geschrieben und die Fehler hineingebaut hat, die Sache ein biß-
    chen vermasselt. Aber mit den 760 aus dem Aufsatz und all seinen anderen sogenannten Qualifikationen ist der andere dann doch in Harvard gelandet. Ich finde, das stinkt.«
    »Leo«, sagte Kate und stellte ihren Drink ab. Sie war plötzlich völlig nüchtern. »Da gibt es doch bestimmt eine Aufsicht, sicher schaut da doch jemand…«
    »Sicher… Scheiß drauf!« Kate beschloß, unter den gegebenen Umständen Leos Ausdrucksweise einfach zu ignorieren, die stets proportional zu seiner Erregung obszöner zu werden pflegte.
    »Wie haben sie es denn angestellt?«
    »Sieh

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