Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
die Elektroden entfernt oder anders platziert haben möchte.“ Ihre Stimme klang betreten, wie die eines Menschen, der merkt, dass er jemandem auf die Nerven fällt. „Ich würde ja Dr. Palmer bitten, aber er hat gerade eine Arbeit, die er nicht unterbrechen kann.“
„Ist schon in Ordnung, Susan. Ich komme gleich.“
Fünf Minuten später betrat Toni das Forschungslabor einen Stock tiefer. Palmer saß noch an seinem Tisch und arbeitete wie besessen an einer mathematischen Formel,die bei der Analyse von Untersuchungen mit Tiefenelektroden verwendet werden sollte. Auf dem eigens dafür umgebauten Computer erschienen die vom Elektroenzephalogramm aufgezeichneten Gehirnwellen seines EGs nicht als gezackte, grüne Linien, sondern als Zahlen.
Er blickte Toni lächelnd an. „Entschuldigen Sie, aber wenn ich jetzt weggehe, sind zwei Tage Arbeit beim Teufel.“
Toni nickte. Sie hatte den Verdacht, dass Palmer die Susan auferlegten Einschränkungen nicht mit der Aufmerksamkeit in Einklang bringen konnte, die Michael ihr widmete.
Sie klopfte an Susans Tür und betrat den kleinen Raum, der mit Computern und elektronischen Geräten vollgestopft war und wo sich auf dem Schreibtisch Computerausdrucke und Datenblätter häuften. Seitdem Susan eingezogen war, sah das Zimmer so unordentlich aus. Toni fragte sich, wie sie hier überhaupt arbeiten und auch, wie sie sich mit den unglaublich komplexen Computerprogrammen und mathematischen Formeln zurechtfinden konnte. Michael sagte jedoch, dass sie es konnte, und war von ihren Fortschritten ganz offensichtlich begeistert. Er hatte in ihr bereits ein Gefühl für die Dringlichkeit der Arbeit geweckt und sie arbeitete täglich beinahe zwölf Stunden ohne Unterbrechung, manchmal sogar länger.
Toni fragte sich auch, wie Katherine darauf reagierte. Michael war in diesen Tagen mehr in Susans Büro als in seinem eigenen und drängte den unseligen Al Luczynski hinaus, der sich sofort in Susan verknallte, kaum dass er sie zum ersten Mal erblickt hatte. Wie eifersüchtig war Katherine wohl unter ihrem untadeligen Äußeren einer Nervenärztin, die nichts je zu erregen schien? Sofern sieüberhaupt eifersüchtig war. Wenn Toni sich an die Katherine erinnerte, die sie in jener Frühsommernacht im Boot beobachtet hatte, eine Katherine, die so verblüffend anders gewesen war, hielt sie es für möglich. Aber wenn sie eifersüchtig war, dann gnade Gott!
Susan blickte Toni mit einem dankbaren Lächeln an und zeigte ihr die Skizze mit den Kopfhautelektroden, die ihr bereits allzu vertraut war. „Ich weiß, heute ist Samstag und es ist spät, aber könntest du vielleicht, bevor du gehst, doch noch die vorderen Elektroden an diese zwei Positionen setzen und die vier am Hinterkopf hier, hier und hier anbringen? Das wäre das eine. Und könntest du dann vielleicht noch die Impulsfrequenz an der linken Tiefensonde im Thalamus auf, sagen wir, vier pro Minute steigern? Momentan beträgt sie zwei. Und ein zehntel Milliampere mehr Strom geben?“
Toni fluchte innerlich. Sie würde dreißig Minuten oder möglicherweise sogar noch länger arbeiten müssen, bevor sie gehen konnte. Sie würde also erst nach sieben Uhr nach Hause kommen und sich beim Putzen und beim Einkaufen im Supermarkt fürchterlich beeilen müssen. Gott sei Dank würde sich auch Sara verspäten.
„Ich werde mich sofort darum kümmern“, sagte sie.
„Danke, Toni.“
Toni ging zur Tür und blieb stehen. „Hör mal“, sagte sie, „was ist denn eigentlich mit der Emanzipation? Sollen diese Kerle doch zum Teufel gehen! Nimm dir ein Wochenende frei. Jetzt gleich. Ruh dich aus. Auf Anordnung deines Arztes.“
„Ich werde es versuchen.“ Susan lächelte müde.
Als Toni gegangen war, lehnte sie den Kopf zurück und schloss einen Augenblick lang die Augen. Sie fühlte sich wie zerschlagen. Toni hatte recht, sie sollte das allesleichter nehmen, aber sie konnte jetzt noch nicht aufhören zu arbeiten. Nicht, bevor sie die heutigen Analysen beendet hatte. Sie hatte deswegen eine Segelpartie mit Michael abgesagt und musste vielleicht auch morgen ins Labor kommen, ob sie nun wollte oder nicht. Sie stand vor aufregenden Ergebnissen bei einem ABE Experiment über das Sprachgedächtnis. John hatte für dessen Durchführung beträchtliches Datenmaterial hinterlassen und Palmer hatte einige neue Ideen gehabt, die beinahe ebenso gut waren.
Dann war da noch Michael selbst. Er schien unter irgendeinem entsetzlichen Druck zu stehen und war
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