Tödliches Experiment: Thriller (German Edition)
nicht nur der Sex mit ihr, der so aufregend war, es war da noch etwas an ihr, eine Art halsstarriger Selbständigkeit und das Fehlen weiblicher Tricks, das ihn fesselte. Und anders als Katherine stellte sie nie Forderungen.
Widerstrebend kehrte er in die unmittelbare Gegenwart zurück. Er sollte Susan nun in ihrem Zimmer aufsuchen. Es war ihm wichtig, sich ihrer zu vergewissern.
Er war gerade dabei, den Kittel auszuziehen, als er die Hilfsschwester aufschreien hörte. Etwas in ihrer Stimme veranlasste ihn, sofort wieder in den Operationssaal zurückzukehren. Toni war bereits dort. Sie, Al Luczynski und die Schwestern starrten das neue EG stumm an.
Während und auch nach der Operation hatte sich alles komplett mit ihren früheren Erfahrungen gedeckt, sodass niemand auf den plötzlichen Tod der jungen Frau vorbereitet war, der nur wenige Minuten, nachdem man aufgehört hatte, sie per Monitor zu überwachen, eingetreten war. Es war bereits zu spät, Wiederbelebungsmaßnahmen einzuleiten.
Michael war niedergeschmettert. „Was ist passiert?“
Wenn eines der EGs aufgrund postoperativer Komplikationen starb, so konnte er das gerade noch hinnehmen; es war eines der unkalkulierbaren Risiken des Programms. Nicht aber der Tod während oder infolge einer eben durchgeführten Abtrennung des Kopfes vom Körper. Es bedeutete, dass sie einen Fehler gemacht hatten. Bis jetzt hatten sie auf diese Weise erst sechs EGs verloren.
Er hörte Tonis besorgte Stimme: „Ich weiß nicht, Michael, aber meiner Ansicht nach liegt da eine Embolie vor.“
Al Luczynski sagte: „Der Meinung bin ich auch.“
Michael wusste, dass sie wahrscheinlich recht hatten. Er warf einen Blick auf das Überwachungsgerät. Auf dem EEG waren überhaupt keine Werte abzulesen. Er drückte eine Taste des Steuercomputers. Der Augenblick des Todes wurde wiedergegeben. Die Gehirnwellen verliefen normal vertikal, dann verflachten sie plötzlich. Gerade so, als hätte jemand einen Stecker aus einer Steckdose gezogen. Er hob eines der Augenlider und berührte die Pupille. Sie war starr und erweitert. Alles deutete auf eine Embolie hin. Aber wieso? Michael machte einen Schritt rückwärts, überrascht von dem Zorn, den er aufsteigen fühlte. „Verdammt noch mal“, sagte er, „ein Fehler und sie kratzen einfach ab. Kein Wunder, dass sie überschnappenund Katherine solche Schwierigkeiten mit ihnen hat. Okay, Toni, entferne so rasch wie möglich beide Hirnhälften. Wir werden eine Autopsie machen müssen, wegen des Berichtes.“ Er versetzte der Konsole einen Fußtritt. „Und jemand sollte wohl dieses verdammte Ding überprüfen. Und nachsehen, ob es richtig arbeitet.“
Es war eine bloße Geste. Er wusste sehr wohl, dass höchstwahrscheinlich er selbst der Schuldige war. Wenn man nur zwei oder drei Stunden schlief und dann operierte, musste man einfach Fehler machen. Vielleicht hatte er infolge der Übermüdung unachtsam eine größere Luftmenge in das System eindringen lassen, als er eine Arterie an die Sauerstoffpumpe anschloss. Das war bitter. Sie brauchten jeden Kopf, den sie bekommen konnten.
Er kehrte in den Umkleideraum zurück. Während er sich umgezogen hatte, hatte die Hilfsschwester die Zange, die den Kopf geradehielt, entfernt. Nun leitete sie das Blut in einen Abfluss, ehe sie den Kopf in einer Plastiktragetasche verstaute. Al Luczynski war irgendwohin verschwunden, Toni Soong jedoch wartete; sie schaute nicht auf den Kopf, sondern blickte starr ins Leere. Sie sah bleich und abgezehrt aus. Michael wusste, dass er eigentlich etwas zu ihr sagen, ihr das Gefühl geben sollte, dass es nicht ihre Schuld war; vielleicht sollte er sogar zugeben, dass es seine eigene gewesen sein könnte. Toni war immer schnell damit, die Schuld auf sich zu nehmen, wenn bei einer Operation etwas schiefging.
Aber irgendwie konnte er es nicht. Zum Teufel mit ihr, dachte er, zum Teufel mit allen.
Als er in sein Zimmer zurückkam, sagte er Gladys, dass er niemanden sehen oder sprechen wollte. „Burnleigh mit eingeschlossen“, sagte er. „Ich bin außer Haus.“ Energisch schloss er die Tür hinter sich.
Gladys war verblüfft. Sie hatte ihn noch nie in einer derartigen Verfassung gesehen.
Einige Türen weiter, ein paar Minuten später, schloss sich auch Toni Soong ein. Sie empfand ein Schuldgefühl, das ihr bis jetzt fremd gewesen war. Sie hatte sich nicht einen Augenblick lang von der Krankengeschichte der Toten täuschen lassen. Was darin stand, stimmte nicht mit ihrem
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