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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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sehr an seinem Vater
und hatte Schuldgefühle, weil er seine Erwartungen nicht erfüllen konnte.«
    »Wie sahen diese Erwartungen denn aus?«
    Collins zerkrümelte ein Stück von
seinem Brötchen auf dem Teller. »Er hätte David gern als Architekten gesehen,
wie er selber einer war, statt dessen wurde David Bauingenieur und ging sogar
noch ins Baugeschäft. Als er die Baufirma gründete, fand sein Vater das, nun
ja, unter seiner Würde, und...« Das Geräusch von Schritten lenkte ihn ab.
    Die Schwingtür vom Speisezimmer flog
auf, Charmaine stürmte herein. Ihr sonst so gepflegtes Haar war wirr, ihr
Gesicht wutverzerrt.
    »Wo ist dieses Schwein?« rief sie
erregt.
    Collins ballte die Hände zu Fäusten.
»Aber Charmaine, was ist denn? Wen suchst du?«
    »Das weißt du ganz genau, verdammt
nochmal. Dieser gemeine Hund sollte auf der Ausstellung auf mich warten, statt
dessen machte er sich in seinem Porsche mit so einem blonden Gift aus dem
Staub. Ich hab ihm meine Meinung gesagt, das kannst du mir glauben, aber er
marschierte einfach mit ihr raus.«
    Ihre Lippen bebten, und ihre Augen
füllte sich mit Tränen. »Ach, Charmaine!« Collins streckte ihr einen Arm
entgegen. »Komm setz dich her und trink eine Tasse Tee mit uns. So ist Larry
nun mal. Das müßtest du doch inzwischen wissen.« Sie setzte sich, die Ellbogen
auf den Tisch gestützt, den Kopf geneigt, so daß ihr Haar nach vom fiel und
dadurch ihr Gesicht und ihre Tränen verbarg.
    Larry French war also der Freund, von
dem Eleanor van Dyne gesprochen hatte. Ich hätte es eigentlich daran erkennen
müssen, wie er Charmaine am Morgen behandelt hatte. Eine merkwürdige
Kombination. Charmaine hätte doch bestimmt einen Besseren finden können.
    Collins schenkte ihr Tee ein, während
er beschwichtigend auf sie einredete. Ich sah auf meine Uhr. Noch eine halbe
Stunde bis zu meiner Verabredung mit Nick Dettman um sieben. Ich beschloß, zu
Fuß zu seiner Kanzlei hinüberzugehen, um die Zeit herumzubringen, und Charmaine
nicht länger in ihrem Kummer zu stören.
     
     
     

9
     
    Es war zehn vor sieben, und es war
dämmrig geworden. Ich war die Steiner Street hinuntergeschlendert und hatte die
alten Herrenhäuser am Alamo Square bewundert, aber jetzt näherte ich mich der
Haight Street, oder genauer gesagt, jenem Teil der Haight Street, der wegen
seines blühenden Drogenhandels ›The Razor‹ genannt wurde.
    Ich faßte den Riemen meiner
Schultertasche fester und hielt mich in der Mitte des Bürgersteigs, außer
Reichweite sowohl der Häuser als auch der parkenden Autos. Ich hatte einen
Waffenschein und nannte zwei .38er Revolver mein eigen. Im Gegensatz zu vielen
Kollegen ging ich gern mit Feuerwaffen um und trainierte regelmäßig auf einem
Schießplatz. Aber im allgemeinen trug ich keine Waffe, weil ich der Meinung
bin, daß eine Waffe häufig das Gefährliche einer Situation noch verstärkt. An
diesem Abend jedoch hätte ich gern eine bei mir gehabt.
    An den eisernen Gittern vor den
Schaufenstern der Läden lehnten Schwarze in schlaksiger Haltung. Sie standen in
Gruppen auf dem Bürgersteig beieinander, redeten, gestikulierten, machten
Geschäfte. Die Dealer erkannte ich gleich an den Limonadenflaschen, die sie mit
sich herumtrugen. Ein Polizeibeamter des Drogendezernats hatte mir einmal
erklärt, daß das Heroin in Luftballons abgepackt und von Wohnungen aus verteilt
wurde, die alle paar Tage gewechselt wurden. Die Limonade war für die
Straßendealer die normale Sicherheitsmaßnahme. Wenn die Polizei auftauchte,
schluckten sie die Ballons und spülten sie mit Limonade hinunter. Die Ballons
konnte man sich natürlich später wieder holen.
    Mit schnellen Schritten ging ich die
Straße entlang. Ich hatte es für klüger gehalten, mein Auto nicht in dieses
Viertel zu fahren, wo Fahrzeuge oft verschwanden, sobald man sie abgestellt
hatte, aber jetzt bedauerte ich diesen Entschluß. Obszöne Bemerkungen folgten
mir. Hier und da versuchte einer, mich anzufassen. Ich wich nur schweigend aus.
Bald hatte ich die Herumtreiber hinter mir gelassen und sichtete die
orangefarbene Tür, von der Johnny Hart gesprochen hatte.
    »Nick Dettman, Rechtsanwalt«, stand in
großen goldenen Lettern auf der Glasscheibe. Der Raum dahinter war hell
erleuchtet. Ich öffnete die Tür und trat ein.
    Vom zog sich eine Theke mit
Resopalplatte quer durch den Raum, ausgesessene Rattansessel standen für
wartende Mandanten bereit. Der Gummibaum auf der Theke sah verstaubt und
unglücklich aus.

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