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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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seinem
Drehsessel zurück, unverkennbar höchst zufrieden, daß es ihm gelungen war, mich
in Erstaunen zu versetzen.
    »Gestern nachmittag, als ich beim
Packen war, kam ein Mann in den Laden. Ich sagte, ich hätte geschlossen, weil
doch Sonntag war, aber er ließ sich nicht abweisen. Ein eingebildeter Bursche.«
    »Beschreiben Sie ihn.«
    »Klein und stämmig. Mit einer
Stupsnase. Hat mich an einen Pekinesen erinnert. Flippig angezogen. Hätte ein
Rocksänger sein können — oder ein Buchhalter, der gern einer wäre.« French.
    »Und der«, fuhr Charlie fort, »fragte
nach der Lampe. Genau wie Sie. Dann fragte er, ob er sich umsehen könne. Ich
sag Ihnen, es war leichter, ihn rumschnüffeln zu lassen, als ihn rauszuwerfen.
Am Ende kaufte er eine Flasche aus Preßglas. Weil er nach der Lampe gefragt
hatte, fiel mir ein, daß die Flasche einer der Gegenstände war, die ich mit der
Lampe zusammen gekauft hatte.«
    Eine Flasche aus Preßglas. Mehrere
solcher Flaschen waren bei Richard Wintringhams Ermordung verschwunden. »Haben
Sie nachgesehen, von wem Sie die Sachen gekauft hatten?«
    »Nein, das interessierte ihn nicht. Ihn
interessierte nur die Lampe.«
    Das konnte heißen, daß er wußte, wer
Charlie die Flasche verkauft hatte.
    »Wann wird denn Ihr Aktenschrank
abgeladen?«
    Charlie warf mir einen neugierigen
Blick zu. »Das wissen die Götter bei dem Arbeitstempo, das die Leute vorlegen.
Ist wohl wichtig, wie?«
    »Sehr.«
    »Mal sehen, ob ich denen Beine machen
kann. Wie wär’s, wenn Sie inzwischen in die Kneipe an der Ecke gehen und uns
zwei burritos holen?«
    Ein guter Zeitvertreib. Ich marschierte
die Straße hinunter zu der Kneipe mit Straßenverkauf und stellte mich an, ließ
die Salsamusik und die temperamentvollen Stimmen der spanisch sprechenden Leute
rundum auf mich wirken. Als ich mit zwei burritos und zwei Cola zum
Laden zurückkam, stand Charlie draußen und beschimpfte die Packer, die dabei
waren, den Aktenschrank aus dem Wagen zu hieven. Es sah aus, als würden sie ihn
jeden Moment fallen lassen. »Gehen wir rein«, sagte Charlie zu mir. »Ich kann
das nicht mit ansehen.«
    Wir setzten uns wieder an seinen
Schreibtisch und verzehrten unseren Imbiß. Als wir fast fertig waren, wankten
die Packer mit dem Aktenschrank herein und stellten ihn bei der Tür ab.
    »Idioten«, knurrte Charlie. »Genau da,
wo er alles blockiert. Aber ich laß das jetzt mal so. Lieber schieb ich das
Ding nachher selber durch die Gegend; wenn ich denen nur nicht noch länger
zuschauen muß.«
    Er zog einen Schlüsselbund heraus und
öffnete den Schrank. »Also — sechs Monate vielleicht. Lang hatte ich die Lampe
nicht. Ich fang mal acht Monate zurück an und arbeite mich dann nach vorn.«
    Ich war enttäuscht. »Wissen Sie ganz
sicher, daß Sie die Lampe erst vor so kurzer Zeit gekauft haben?«
    »Also, längstens vor einem Jahr.«
    Das paßte zeitlich nicht. Ich konnte
nur hoffen, daß Charlie sich täuschte.
    Er blätterte ein paar Minuten lang
raschelnd in seinen Unterlagen, dann zog er ein Blatt heraus. »Genau. Anfang
Oktober. Im vergangenen Herbst. Ich kaufte die Lampe, mehrere Flaschen und eine
Uhr. Die Uhr ging nicht, aber sie war trotzdem schnell weg.«
    »Steht da auch, von dem Sie die Sachen
gekauft haben?«
    »Natürlich.«
    Erregt griff ich nach dem Papier. »Von
wem?«
    Er reichte mir das Blatt. »Immer mit
der Ruhe. Sonst blüht Ihnen auch noch ein Schlaganfall. Genau wie Austin.«
    Ich überflog die Quittung. Der Name - Bob
Keefer - sagte mir nichts, doch er war mit einer Telefonnummer und einer
Adresse versehen, die ich mir notierte.
    Charlie steckte die Quittung wieder zu
seinen Unterlagen. »Ist das der Mörder, der Mann, der mir die Sachen
verkaufte?«
    »Woher wissen Sie, daß es überhaupt
einen Mörder gibt?«
    »Na, wie ich Sie kenne...«
    »Aha. Erinnern Sie sich, wie der Mann
aussah?«
    Charlie schüttelte den Kopf. »Hier
wandern jeden Tag so viele Leute mit alten Sachen rein, die sie verkaufen
wollen. Es ist wie bei einem Pfandleiher — lauter Leute, die mal bessere Tage
gekannt haben.«
    Ich musterte das Durcheinander von
alten Öfen und abgewetzten Möbelstücken und fragte mich wie so oft schon, warum
Charlie sich ausgerechnet den Umgang mit solchen traurigen alten Sachen
ausgesucht hatte, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber in seinen
Augen war Trödel eben nicht einfach Trödel; es waren Schätze, die man liebevoll
aufmöbeln und dann eventuell wieder einer neuen Verwendung

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