Toedliches Fieber
anderes übrig, als die Entwicklung für eine wunderbare Einmischung der Götter zu halten.
»Möchtest du, dass ich bei ihm bleibe?«, fragte er ohne einen Funken Hoffnung.
»Sei kein Narr, Mann. Wir brauchen dich. Sethos ist in guten Händen. Wie ich hörte, behandelt Domitus’ Arzt sogar den Statthalter!«
Seufzend bereitete Matthias sich auf den Abschied von seinem besten Freund vor.
Ablenkung
St. Magdalene’s
2012 n. Chr.
Ruby hatte eine neue beste Freundin: Mia. Es gelang mir nicht, so zu tun, als täte es nicht weh. Oder als hätte ich es nicht erwartet.
Irgendwie hatte die Vorstellung auch etwas Tröstliches: Sechzehn Jahre lang hatte ich als Außenseiterin überlebt und wusste deshalb, dass es mir wieder gelingen würde. Ich brauchte Ruby nicht. Niemand kam so gut wie ich ohne Freunde klar – darin war ich Expertin. Auch wenn es hart war, Ruby mit Mia zu sehen, dämpfte das zumindest meine Schuldgefühle. Ruby ging es gut, das war eindeutig. Sie hatte schnell Ersatz für mich gefunden.
Doch wegen Omar fühlte ich mich immer noch schrecklich und ich konnte nichts dagegen tun. Das Beste war noch, ihn zu ignorieren, was jedoch keineswegs einfach war, so oft wie er versuchte, mit mir zu reden. Doch er hatte nicht damit gerechnet, wie geschickt ich darin war, jemandem aus dem Weg zu gehen. Das war meine Spezialität. Darüber hinaus war ich sehr starrsinnig. Omar gab bereits nach einigen Wochen auf.
Leider war Omar nicht der Letzte, der es versuchte. Nach ihm kam Dominic. Und dann Karl …
Mein neues Singledasein hatte offenbar eine Kettenreaktion ausgelöst. Ich ging allen Situationen aus dem Weg, die mit Menschen zu tun hatten. Ich mied den Gemeinschaftsraum, die Filmnächte und Zimmerpartys. Allerdings war es schwieriger, wenn es ums Lernen ging. Am meisten machte mir das Partnertutorium zu schaffen, eine Besonderheit an der St. Mag’s.
Mit dem normalen Unterricht hatte ich kein Problem, da fühlte ich mich sicher: mit acht bis zwölf Schülern in einer Klasse, normalerweise ungefähr gleich viele Mädchen und Jungen. Dagegen waren die Tutorien die reinste Lotterie. Es gab sie wöchentlich in jedem Fach, und das war sehr gefährlich, wenn mein Partner ein Junge war. Es konnte passieren, dass wir vom Lehrer allein gelassen wurden oder uns zu zweit auf den Rückweg über das Schulgelände machen mussten.
Nach einigen Monaten beschloss ich, dass diese Lotterie nichts für mich war. Ich konnte nichts vorhersehen und war total gestresst. Wenn ich weitere qualvolle Liebeserklärungen vermeiden wollte, musste sich etwas ändern. Ich brauchte nicht lange, um eine Lösung zu finden. Ich musste mich nur in den Stundenplan-Verteiler hacken und die nötigen Änderungen vornehmen. Doch es dauerte ein bisschen, diesen Plan in die Tat umzusetzen.
Es war geradezu beleidigend einfach, mich in den Account des zuständigen Lehrers zu hacken, denn sein Passwort und seine PIN waren leicht zu erraten (der zweite Vorname und das Geburtsdatum), doch der Chef der IT hatte ein paar blödeFirewalls eingerichtet, um den Verteiler zu schützen. Ich brauchte mehrere Abende, um sie zu entschlüsseln, was meinen Respekt insofern steigerte, als dass ich danach wachsam blieb. Ich tat gut daran, vorsichtig zu sein: Er hatte zwei ausgeklügelte Spywareprogramme und Loginsperren installiert. Der Mann gefiel mir. Jedenfalls war klar, dass ich schnell und umsichtig handeln musste. Außerdem durfte ich nicht die geringste Spur hinterlassen und musste daran denken, mich von nun an jeden Donnerstag am späten Abend einzuloggen, um heimlich die Änderungen vorzunehmen, ehe der Stundenplan für die nächste Woche verteilt wurde.
Als ich dieses Problem gelöst hatte, lief mein Leben entschieden besser und ich konnte im Unterricht und in den Tutorien aufatmen. Das war wirklich gut.
Dazu kam St. Mag’s neuestes Spielzeug, ein Quantenteilchenmikroskop, das wirklich umwerfend war. Mit dem Elektronenmikroskop war es bereits möglich, eine unglaubliche Bandbreite an Mikroorganismen zu finden, doch mit diesem hier konnte man Neutronen beobachten! Es zeichnete Schwankungen in der Schwerkraft auf. Ja, man konnte damit sogar bakterielle und virale Bewegungen nachvollziehen. So wurden auch Quarks stofflich. Unkenntliche Flecken auf dem Elektronenmikroskop konnten jetzt als erkennbare pulsierende Formen beobachtet werden.
Alle Lehrer, die Naturwissenschaften unterrichteten, wollten es unbedingt haben, aber Dr. Franklin gewann, weil ihr Labor
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