Tödliches Labyrinth
wieder ein wenig Farbe bekommen.
“Leah, pass du bitte auf deine Mutter auf. Gib ihr doch eine Cola oder etwas anderes aus der Kühltasche.”
“Klar, Dad.” Leah öffnete die Tür und betrachtete misstrauisch den Wüstenboden, während sie ausstieg.
Auch wenn nicht anzunehmen war, dass sich bei der sengenden Sonne Klapperschlangen im Freien aufhielten, war sie dennoch lieber vorsichtig. Sie lief zur Ladefläche, nahm eine Dose aus der Kühltasche und kehrte ins Führerhaus zurück.
Nachdem sie die Dose aufgemacht hatte, gab sie sie ihrer Mutter. “Hier, Mom, trink das. Es ist so heiß hier draußen, und dieses Geholper hat bestimmt dafür gesorgt, dass sich dir der Magen umdreht. Um ehrlich zu sein, mir ist auch ein wenig unwohl.”
Faith brachte ein schwaches Lächeln zustande. “Ja, einen Moment lang habe ich wirklich geglaubt, mir wird schlecht. Dieser verrückte Kerl! Was ist bloß in seinem Kopf vorgegangen? Es war wie … wie ein schrecklicher Albtraum …” Sie wurde leiser, ihre Hände, die die Cola-Dose hielten, zitterten noch immer leicht als Folge des Unfalls.
Leah streckte einen Arm aus, um die Dose festzuhalten. “Mom, ich habe dich noch nie so … so aufgewühlt erlebt. Aber es wird alles wieder in Ordnung kommen, ganz bestimmt. Okay, die linke Seite ist zerkratzt und verbeult, und wir haben einen platten Reifen. Zum Glück ist keinem von uns etwas passiert, und Dad kann den Schaden wahrscheinlich selbst reparieren. Er wechselt den Reifen, und wenn wir zu Hause sind, rufen wir den Sheriff an und melden, dass Skeeter uns von der Straße gedrängt hat. Ich bin sicher, man wird ihn sofort festnehmen. Er dürfte schon früher mit dem Gesetz aneinander geraten sein.”
“Ganz sicher sogar. Ich finde nur nicht, dass wir den Sheriff einschalten sollten”, widersprach Faith einen Moment später mit zitternder Stimme. “Wir müssten Anzeige gegen den jungen Mann erstatten, und dann müssten wir vor Gericht gegen ihn aussagen, wenn er auf unschuldig plädiert. Das könnte die Zeitungen interessieren, die darüber berichten würden. Vielleicht kommt das Fernsehen auch noch dazu. Nein, ich glaube, wir sollten das Ganze auf sich beruhen lassen und vergessen, was passiert ist. Du hast ja selbst gesagt, Leah, dass uns nichts passiert ist und dass Dad den Wagen reparieren kann.”
“Aber Mom! Das ist nicht richtig! Das ist nicht fair. Skeeter muss für das bezahlen, was er getan hat!” Leah sah ihre Mutter fassungslos an. Sie war verwirrt darüber, dass ihre Mutter sich nicht für die Gerechtigkeit einsetzte, obwohl das doch sonst ihre Art war. Dann wurde ihr mit einem Mal etwas klar: Es ging Faith gar nicht darum, Skeeter vor seiner gerechten Strafe zu bewahren. Vielmehr wollte sie vermeiden, dass über den Fall und die Beteiligten berichtet werden könnte. “Mom, wovor hast du solche Angst? Wovor versteckt ihr euch? Wovor lauft ihr davon? Hat … hat Dad irgendetwas verbrochen? War er … war er in irgendeine Auseinandersetzung verwickelt, bei der jemand umgekommen ist? Wird er von der Polizei gesucht? Leben wir deshalb so zurückgezogen? Ziehen wir deshalb so oft um? Soll ich deshalb keine Freunde haben?"
“O nein, Leah, das hat damit nichts zu tun!” erklärte Faith mit Nachdruck und holte tief Luft, um sich zu beruhigen. “Ich kann nicht glauben, dass du über deinen Vater solch schreckliche Dinge überhaupt denken kannst! Er ist ein guter Mann, der beste, den man sich vorstellen kann.”
“Das weiß ich. Ich habe auch nicht gesagt, dass er das nicht ist, Mom. Aber … na ja, er war auch mal jung, und er ist in einem Reservat großgeworden. So wie dieser Skeeter und die anderen Halbstarken, die heute vor dem Geschäft herumlungerten. Während ihr eingekauft habt, gab es auf dem Parkplatz eine Schlägerei. Skeeter zog ein Messer und ging auf einen anderen Mann namens Hawk los. Ich dachte wirklich, ich würde einen Mord mit ansehen müssen, Mom. Darum könnte ich auch verstehen, wenn Dad … na, du weißt schon, wenn ihm so etwas auch passiert wäre und er sich nicht der Polizei gestellt hätte, um zu sagen, was wirklich geschehen ist.”
“Nein, es geht nicht um so etwas”, widersprach Faith seufzend. “Sieh mal, Leah, ich weiß, dass es Dinge an unserer Art zu leben gibt, die dich stören. Ich weiß auch, dass du jetzt in einem Alter bist, in dem sich deine Neugier nicht mehr mit ausweichenden Antworten befriedigen lässt. Ehrlich gesagt, ich hatte gehofft, dieses Gespräch so lange
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