Tödliches Labyrinth
wollte, nachdem er erst vor wenigen Tagen herausgefunden hatte, dass sie bislang noch nicht dort gewesen war.
“Ich fürchte, Glücksspiele liegen mir nicht so”, hatte sie ihm mit einem bedauernden Lachen gestanden und den Blick gesenkt, damit er ihren türkisfarbenen Augen nicht ansehen konnte, dass sie in Wahrheit ein Spiel spielte, dessen Einsatz alles überstieg, was ein Kasino hätte bieten können.
“Ein wenig Spekulieren bei den Karten, ein oder zwei Runden mit den Würfeln und ein paar Münzen für einen einarmigen Banditen werden dich bestimmt nicht umbringen, Leah”, hatte er beharrt.
Da sie der Ansicht war, dass es nicht schaden konnte, auch diesen Aspekt des MMI-Konzerns unter die Lupe zu nehmen, hatte sie nicht weiter protestiert. Eine Frau, die sich allein in einem Spielkasino aufhielt, wurde schnell zur Zielscheibe von Betrunkenen und professionellen Glücksspielern, die sie ins Bett abschleppen wollten. Leah hatte aber bereits genug um die Ohren, um sich nicht auch noch mit solchen Problemen herumschlagen zu müssen.
Es hätte schon eines volltrunkenen oder sehr mutigen Mannes bedurft, um sich an sie heranzumachen, wenn sie von Hawk begleitet wurde. Seine einsneunzig und sein geschmeidiger, aber muskulöser Körperbau genügten, dass es sich jeder Mann zweimal überlegte, ob er Leah ansprechen sollte. Hawks gebieterische, lauernde Haltung und seine leise, einem Tiger gleiche Art, sich zu bewegen, taten ein Übriges, um den Eindruck zu vermitteln, dass er jeden Rivalen anfallen und in Stück reißen würde.
Trotz des heißen Badewassers, in dem sie nun saß, schauderte Leah unwillkürlich, als ihr ein Gedanke durch den Kopf ging. Wenn sie den Codeknacker wirklich an sich nehmen konnte und ihr Chef entlarvte sie als die Diebin und kam überdies dahinter, wie sie den Diebstahl arrangiert hatte, konnte niemand sagen, was er mit ihr machen würde.
Vor allem, wenn er sich tatsächlich als einer ihrer Feinde entpuppte.
Sollte Letzteres der Fall sein, musste Leah damit rechnen, dass er sie tötete. Es wäre töricht, diese Tatsache nicht wahrhaben zu wollen, dachte sie, während sie sich mit der duftenden Seife großzügig einrieb.
Schließlich hatte er damals auf dem Parkplatz vor der Kolonialwarenhandlung auch keine Sekunde lang gezögert, sein eigenes Messer zu ziehen, als der Mann namens Skeeter ihn bedroht hatte. Es wäre unlogisch gewesen zu glauben, ihr Chef könnte sich seitdem geändert haben. Er war älter und härter und erfahrener als an jenem Tag, an dem sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
Vielleicht würde er ihr die Kehle aufschlitzen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
14. KAPITEL
D as Kasino
Im Theater des Kasinos hatten Leah und Hawk zu Abend gegessen und sich die erste Vorstellung angesehen, bei der ein bekannter Stand-up-Comedian das Publikum auf einen noch berühmteren Sänger vorbereiten sollte.
Nun schlenderten sie und ihr Chef durch das beeindruckend große Kasino, das hoffnungslos von Männern und Frauen überlaufen war, die vierundzwanzig Stunden am Tag in einer Stadt, die niemals schlief, dem Glück nachjagten. Touristen, die sich den Traumurlaub gönnten, und professionelle Spieler kamen hier zusammen, alle getrieben von dem einen Bestreben, im Sand Castle das große Geld zu machen.
Die Geräuschkulisse war fast ohrenbetäubend. Die Luft vibrierte vor lautem Reden, wüstem Gelächter und dem unablässigen Surren und Klingeln der einarmigen Banditen und der Videoautomaten, dazu die Hintergrundmusik, deren treibender Rhythmus psychologisch geschickt gewählt war, da er die Spieler auf einer unterbewussten Ebene anspornte, die großen Hebel der einarmigen Banditen so heftig und schnell wie möglich nach vorn zu ziehen.
“Ich komme mir vor wie
Alice im Wunderland"
, meinte Leah, die mit erstauntem Blick das bunte Treiben beobachtete. “So unwirklich … als wäre die ganze Welt verrückt geworden.”
Hawk lachte. “Tja, wen das Spielfieber erst einmal erwischt hat, den lässt es so leicht nicht wieder los. Vielleicht ist dir aufgefallen, dass es hier weder Uhren noch Fenster gibt. Es gibt keinen Hinweis darauf, wie spät es ist. Man weiß nicht mal, ob es Tag oder Nacht ist. Manche Leute sind von solchen Kasinos dermaßen gefesselt, dass sie Stunden oder sogar Tage mit dem Spielen zubringen können. Ich habe hier schon erlebt, wie ganze Vermögen gewonnen und im nächsten Augenblick wieder verloren wurden … Spielsüchtige und professionelle Spieler,
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