Tödliches Lachen
locken, mein Freund. Verlass dich drauf.«
Um zehn nach zwei löschte sie das Licht im Wohnzimmer und ging ins Bett. Sie lag noch lange wach, bis ihr endlich die Augen zufielen. Wie so oft, wenn sie sich in einen Fall geradezu verbiss, hatte sie auch diesmal einen düsteren Albtraum, aus dem. sie erschrocken und nach Luft ringend erwachte.
Samstag, 6.15 Uhr
Es war kurz nach sechs, sie hatte kaum drei Stunden geschlafen und fühlte sich entsprechend. Ihr Magen rebellierte, sie rannte ins Bad und übergab sich. Sie hatte von dem Traum nur noch Fetzen in Erinnerung, einen Mann, den sie von hinten sah, der sich kurz umdrehte und eine hässliche Fratze zeigte, obwohl sein Gesicht konturlos war. Er schien keine Augen zu haben und keine Nase. Besonders auffällig war, dass die Haut an mehreren Stellen fehlte. Er lachte und verschwand im Nichts. Doch sie erinnerte sich an ein Detail - ein großes blutiges Messer, das er in der rechten Hand hielt.
Sie hockte sich auf den Badewannenrand. Der Würgereiz ließ allmählich nach. Sie war noch etwas wacklig auf den Beinen, als sie sich zum Waschbecken begab, die Hände und das Gesicht wusch und sich die Zähne putzte, um den ekelhaften Geschmack loszuwerden. Danach setzte sie Wasser auf, frühstückte und bemerkte erst dabei, dass sie noch immer die Dessous vom Vortag an hatte. Und seltsamerweise dachte sie an die Brüste von Carolina Fischer, diese großen, vollen Brüste, die wie zur Dekoration auf dem Tisch gelegen hatten. Durant sah an sich hinunter, fasste mit beiden Händen an ihren Busen und schüttelte den Kopf. Mit mir machst du so was nicht. Und weißt du was, ich werde mich heute besonders aufreizend anziehen, eine tief ausgeschnittene Bluse, einen blauen Rock und ein Paar Pumps, die ich sonst nie im Dienst anhabe. Ich weiß, du beobachtest mich, aber ich weiß nicht, wann und wo. Im Präsidium? Nein, das glaub ich nicht, dann müsstest du ja einer von uns sein. Aber ich werde dich schon aus deiner Höhle locken.
Mit jedem Schluck Kaffee und jedem Bissen von dem Toast fühlte sie sich ein Stück besser. Auch wenn leichte Stiche In der linken Schläfe signalisierten, dass der Tag nicht nur mit Kopfschmerzen beginnen, sondern vielleicht sogar mit einer Migräneattacke enden würde. Ehe sie das Haus verließ, nahm sie zur Vorbeugung zwei Tabletten und steckte die Schachtel ein. Schon auf dem Weg zum Auto spürte sie die wohltuende Wirkung des Medikaments, und nur wenig später waren die Stiche verschwunden. Unterwegs hielt sie am Kiosk, um sich eine Zeitung zu kaufen, beobachtete den Inhaber, wechselte ein paar Worte mit ihm und strich ihn von ihrer Liste der Verdächtigen. Der Supermarkt hatte bereits geöffnet, sie betrat ihn und kaufte Brot, Wurst, zwei Tüten Tomatensuppe und ein Glas saure Gurken, fragte den Filialleiter etwas und strich auch ihn von der Liste.
Um halb neun kam sie im Präsidium an, doch noch keiner ihrer Kollegen war da. Das Telefon auf Hellmers Schreibtisch klingelte. Sie ging ran und meldete sich.
»Hi, ich bin’s, Nadine. Ist Frank zu sprechen?«
»Nein, ich hab ihn noch nicht gesehen.«
»Ich hab’s schon auf seinem Handy probiert, aber er hat’s wohl noch ausgeschaltet, weil er die ganze Nacht durchgearbeitet hat. Richte ihm doch bitte aus, dass er mich kurz anrufen soll, wenn er Zeit hat. Wahrscheinlich schläft r noch auf der Liege im Besprechungszimmer.«
»Mach ich. Geht’s dir nicht gut?«, fragte Durant, die von einem unbehaglichen Gefühl beschlichen wurde.
»Es geht, ich hab nur miserabel geschlafen. Lag vielleicht daran, dass Frank nicht zu Hause war,«
»Hattest du was dagegen, wenn ich heute am späten Nachmittag oder Abend mal vorbeikäme?«, fragte Durant spontan. »Allerdings nur, wenn nichts dazwischenkommt.«
»Nein, überhaupt nicht«, antwortete Nadine mit müder Stimme, die seltsam traurig klang. »Dann bis nachher. Ciao.« Sie legte auf und lehnte sich gegen den Schreibtisch. Nach wenigen Sekunden ging sie ins Besprechungszimmer, das leer war, und auch die Liege war unbenutzt. Das wirst du mir erklären müssen, dachte sie und schüttelte den Kopf. Sie setzte sich vor ihnen Computer und fuhr ihm hoch. Eine neue Mail, versendet gestern Abend um zweiundzwanzig Uhr dreiundzwanzig.
»Liebe Frau Durant,
ich nehme an, Sie lesen diese Mail früher als von mir erwartet. Aber das macht nichts, es kommt auf eine oder zwei Stunden früher oder später auch nicht mehr an. Ich würde Ihnen vorschlagen, einen
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