Tödliches Lachen
Am Anfang hab ich mich geekelt, aber dann hab ich mich schon dran gewöhnt.«
»Deine Geschichte hört sich gut an aber wieso nur werde ich das komische Gefühl nicht los, dass irgendwas daran nicht stimmt? Du hast dein Abi gemacht, du hast studiert und hast einen guten Job … «
»Sie stimmt, du kannst sie sogar nachprüfen, wenn du möchtest«, beeilte sich Svenja schnell zu versichern. »Ich habe jahrelang Tagebuch geführt liegt auch alles drüben in meinem Arbeitszimmer.«
»Mal sehen. Er blickte auf die Uhr und sagte: »Noch eine halbe Stunde. Glaubst du eigentlich an Gott?«
»Kann schon sein, dass da was ist, aber ich hab mich noch nicht damit befasst. Du?«
»Schon möglich. Hast du eine Digitalkamera?«
»Warum?«
»Hast du eine oder nicht? «
»Ja.«
»Und wo ist die?«
»Drüben«
»Und wo da genau?«
»Neben dem PC.«
Er stand auf und ging in Svenjas Arbeitszimmer, warf einen Blick auf den Schreibtisch, sah die Klassenarbeiten und den PC, der eingeschaltet war. Neben dem Bildschirm lag die Kamera. Er nahm sie aus der Hülle, sah sich noch einmal kurz um und blieb für einen Moment in der Tür stehen, um Svenja zu beobachten.
»Was willst du mit der Kamera?«, fragte sie. »Dich fotografieren. Kleine Erinnerung für mich. Wer ist der Typ?«
»Wen meinst du?«
»Auf deinem Schreibtisch steht ein Bild von so ‘nem Typ.«
»Ein ehemaliger Freund.«
»Der im Knast?«
»Nein, ein anderer, Dirk. Wir waren verlobt, er ist bei einem Unfall ums Leben gekommen.«
»Oh, das tut mir aber leid. Wann war das?«
»Vor zehn Jahren. Wir hatten gerade unser Abi in der Tasche, er hat von seinen Eltern ein Auto geschenkt bekommen und ist gleich am ersten Tag damit tödlich verunglückt.«
»Tragisch, sehr tragisch«, bemerkte er lapidar. »Würdest du ihn gern wiedersehen?«
»Nein«, antwortete sie schnell, ihr Atem ging hastig, ihre Augen weiteten sich vor Angst, die Augäpfel bewegten sich nervös von rechts nach links, ihre Nasenflügel bebten.
»Schade. Noch zehn Minuten. Ich mach übrigens gleich ein Foto von dir. Soll ich dich noch ein wenig zurechtmachen? Ich meine, du siehst zwar immer noch hübsch aus, aber für ein gelungenes Foto doch nicht hübsch genug. Ich denke, deine Lippen könnten einen ordentlichen Strich vertragen, und gekämmt werden müsstest du auch. Ich werde das erledigen, ich habe ein ruhiges Händchen.«
Er holte aus dem Bad Handcreme, einen Lippenstift und eine Bürste, stellte sich vor Svenja und malte ihre Lippen an, wobei er ein paar mal fest aufdrückte, was ihre Schmerzen nur noch verschlimmerte, doch sie tat alles, um es sich nicht anmerken zu lassen. Nur einmal schrie sie kurz auf, als er einen besonders geschundenen Punkt traf.
»Du willst doch schön sein, oder? Und es heißt doch auch, wer schön sein will, muss leiden. O Pardon«, sagte er grinsend, als er einen langen Strich über die rechte Wange machte, trat zurück und meinte: »Sieht nicht schlecht aus, wirklich nicht schlecht. Ist zwar etwas asymmetrisch, macht aber nichts, es verleiht dir sogar eine besondere Note. Und du stehst doch auf das Besondere, wenn ich mich hier so umgucke.« Er bürstete ihre Haare zurück, gab eine Hand voll Creme darauf, verrieb diese, fuhr noch einmal mit der Bürste drüber, betrachtete Svenja und nickte zufrieden. »Jetzt siehst du gut aus, richtig gut. Und übrigens, ich mag dein Parfüm. Was ist das noch mal? Ich komm nicht drauf.«
»Chanel No. 5.«
»Und, wie findest du dich? Ich denke, so bist du richtig schön, perfekt schön. Schöner geht’s eigentlich gar nicht mehr.«
»Findest du?«, fragte sie kehlig, nachdem er ihren Stuhl so gedreht hatte, dass sie sich im Spiegel sehen konnte und nichts als ein hässliches Gesicht erblickte, das sie kaum wiedererkannte. »Ist ein bisschen streng, oder?«
»Das kann man auslegen, wie man will. Ich stehe auf das Außergewöhnliche. Aber zu etwas anderem, die Zeit läuft uns nämlich davon. Unter welchem Namen loggst du dich ein, und wie ist dein Passwort?«
»Warum willst du das wissen? Das ist geheim.«
»Ich bitte dich«, sagte er und legte eine Hand auf seine Brust und sah sie mit Unschuldsmiene an. »Seh ich etwa so aus, als würde ich Missbrauch damit betreiben? Also?« Sie nannte es ihm. und er fragte: »Und in welchen Chatrooms hältst du dich in der Regel so auf? Nun ja, ich kenne drei, wo du dich regelmäßig rumtreibst, aber das sind doch sicher nicht alle. Lass mich raten. Du bist bestimmt in irgend so
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