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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Er schlug dem Büttel auf die Schulter. »Und dann gehst du mit Samson ins >Heilige Lamm Gottes<«, fuhr er in ehrfürchtigem Flüsterton fort. »Laß dir von der braven Wirtin dort zwei Humpen Ale und eine Zwiebelpastete für dich und ein ordentliches Stück Gänsebraten für Samson servieren. Ich werde alles bezahlen.«
    Cranston sah Flaxwith nach, der den Gang hinunter stolzierte, als sei er soeben gesalbt worden, während Samson, der nur gerade das Bein gehoben hatte, so breitbeinig wie ein Richter in Westminster hinterher watschelte.
    »Da geht ein zufriedener Mann«, brummte Cranston. »Nun, Bruder, wohin jetzt? Auf ein Wort zu Master Alcest?«
    »Alles zu seiner Zeit, Sir John. Aber ich glaube, der Vikar der Hölle könnte an einer Eurer Vereinbarungen Gefallen finden. Deshalb wäre ein Besuch in Newgate vielleicht ganz angebracht.«
    »Da ist aber Henkerstag«, warnte Cranston düster.
    »Gut«, antwortete Athelstan. »Das wird dem Vikar helfen, sich zu konzentrieren, meint Ihr nicht auch?«
    »Du hältst Alcest für den Mörder, nicht wahr?«
    »Ja, Sir John. Ich glaube, daß er auf jeden Fall Chapler ermordet hat und daß er sich dann aus naheliegenden Gründen gegen seine Komplizen gewandt hat.«
    Die beiden gingen zusammen den Korridor entlang und aus dem Haus. Athelstan schlug die Tür zu, trat einen Schritt zurück und spähte zu den schmutzbedeckten Fenstern hinauf.
    »Avaritia radix malorum, Sir John: Die Habgier ist die Wurzel allen Übels. Oder doch nicht?« fuhr er mehr zu sich selbst fort. »Und ist es auch jetzt der Fall?«
     

 
     
    Athelstan bekreuzigte sich und murmelte ein stilles Gebet, wie er es immer tat, wenn er sich dem Haupttor des Newgate-Gefängnisses näherte. Er und Sir John hatten sich soeben durch das Gedränge der Menschen gezwängt, die zum Henkerstag zusammenströmten. Sechs Strauchdiebe, die den Reisenden auf der alten Römerstraße zu gesetzt hatten, wurden nun so rasch beseitigt, wie ein Bauer ein paar Ratten den Garaus macht. Newgate war ein stinkender, grausiger Ort. Athelstan wußte nie, was er widerlicher fand: den Dreck und Unrat, in dem die Gefangenen gehalten wurden, oder die kriecherische Haltung der Kerkermeister und Büttel, die jedesmal falsch lächelten und die Hände rangen, wenn Cranston erschien. Sir John hatte seine eigenen Ansichten zu dieser Angelegenheit: Wenn der Coroner das Gefängnis besuchte, pflegte er weder zu trinken noch zu scherzen oder sich sonstwie die Zeit mit den Beamten hier zu vertreiben.
    »Wenn es nach mir ginge«, knurrte er, als sie dem Wärter über den weiten gepflasterten Innenhof zu den Zellen folgten, »dann würde ich diesen ganzen Laden bis auf die Grundmauern niederbrennen, ein neues Gefängnis bauen und es unter den Oberbefehl eines guten Soldaten stellen. Solchen Sachen dort würde ich jedenfalls ein Ende machen.« Sir John zeigte auf einen Unglückseligen, der sich geweigert hatte, vor den Richtern zu sprechen; er wurde entkleidet, und dann würde man ihn unter eine schwere Eichentür legen und ihn quetschen, bis er bereit wäre, sich schuldig oder nicht schuldig zu bekennen.
    Vom Hof aus gelangten sie in einen muffig stinkenden Korridor, der an lauter Kerkerzellen vorbeiführte, an veritablen Höllenlöchern. Es war dunkel, und der Gestank ließ Athelstan würgen. Klägliche Fackeln in ihren Wandhaltern bemühten sich, die Düsterkeit zu durchdringen, und Athelstan versuchte, das schreckliche Getöse zu überhören, die Flüche, das Krakeelen und Wüten wahnsinniger Gefangener und die schmutzigen Beschimpfungen, mit denen der Wärter überschüttet wurde, der sie führte. In einer der Kammern lagen die Leichen hingerichteter Verbrecher übereinandergestapelt wie die Fleischklumpen auf einem Metzgerstand. Man würde sie später in eiserne Käfige legen und an den Straßen, die nach London führten, aufhängen. Anderswo wurden die Kadaver derer, die gehängt, gevierteilt und ausgeweidet worden waren, gekocht und gepökelt, ehe man sie mit einer Teerschicht überzog und an den Stadttoren zur Schau stellte.
    »Komm niemals hierher«, warnte Cranston. »Dies ist wahrlich ein Frevel an der Verzweiflung. Jedesmal, wenn ich hier bin«, fügte er flüsternd hinzu, »bete ich zu Gott, er möge ein Feuer vom Himmel senden, das diesen Ort verzehrt.«
    Sie kamen in einen großen Raum, wo Büttel und Wärter zusammensaßen, tranken und sich mit Brettspielen vergnügten.
    »Guten Morgen, Sir John.« Ein pockennarbiger Büttel mit einer

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