Toedliches Verlangen
Kücheninsel und den Wandschränken. Während er dem kleinen Kerl beruhigend den Hintern tätschelte, wechselte Bas die Tonart und murmelte: »Ivar.«
»Ja, das wäre auch mein Tipp«, sagte Sloan. »Ich glaube, es ist eine Botschaft.«
»Ein großes Fuck you?« Mit dem zweiten Ordner in der Hand überflog Rikar den Inhalt, las die Namen der Detecti ves: Ian MacCord und Angela Keen. Er betrachtete ihre Bilder und Lebensläufe. Beides Morddezernat-Veteranen. Und hmmm. Die Kleine war hübsch mit ihrem dunkelroten Haar und den intelligenten haselnussbraunen Augen. »Hältst du ihn für so verblödet? Wenn er Asche liegen lässt, geht er ein wahnsinniges Risiko ein. Wenn die Polizei Proben ins Labor schickt, finden sie vielleicht mehr als menschliche Spuren.«
Venom seufzte. »Wir müssen das in Ordnung bringen.«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Rikar, dessen Fluchtplan aufzugehen schien. Auf keinen Fall würde er heute Nacht zu Hause bleiben.
»Bist du sicher?« Bastian zog die Augenbrauen zusammen und warf ihm einen abschätzenden Blick zu, als er mit dem Kind auf dem Arm vorbeiging.
Rikar nickte und bemühte sich um eine ausdruckslose Miene. Er hasste es, wenn Bas ihn so ansah. Es war, als träfe einen eine Abrissbirne. »Ab ins Labor, die Ergebnisse fälschen. Die Detectives finden und ihnen das Hirn schrubben. Kein Stress.«
Sein bester Freund beäugte ihn noch eine Sekunde lang, dann schaltete er um. »In Ordnung. Das ist der Plan. Wick, du bleibst heute Nacht bei mir. Venom und Sloan … ihr fliegt zusammen. Und Rikar … tu, was du tun musst, und dann schwing deinen Arsch hierher zurück. Du bist letzte Nacht verletzt worden. Kein Kampf, bis du nicht zu hundert Prozent wiederhergestellt bist.«
Verdammte Hölle. Soeben hatte man ihm die Flügel gestutzt.
Trotzdem schwieg Rikar. Wenn er jetzt einen Streit vom Zaun brach, würde Bas ihm ganz sicher Startverbot erteilen. Und auch wenn die Lage weit weniger als optimal war, würden sie ihn wenigstens nicht zurücklassen. Zu Hause. Bei einer Frau, auf die sein bester Freund Anspruch erhob.
»Verstanden?« Bastian warf ihm noch einen warnenden Blick zu.
»Geht klar«, sagte er, nicht bereit, sein Glück überzustrapazieren. »Und das Baby?«
»Myst wird sich um ihn kümmern.« Mit einem schnellen Atemzug sah Bastian Richtung Flur, dann wieder zu ihm. »Du möchtest dir jetzt sicher ein T-Shirt anziehen. Sofort.«
Rikar rieb sich mit der Hand über die nackte Brust. Verdammt, er hasste Kleidung. Sie war heiß und kratzig, seine eisige Seite kam nicht gut damit zurecht. Der einzige Grund, aus dem er überhaupt Shorts trug, war, um seine Kumpels nicht in Angst und Schrecken zu versetzen, wenn er mit baumelnder Ausrüstung herumlief.
Dann wiederum war Überleben wohl wichtiger als Bequemlichkeit. Und als andere lieb gewonnene Gewohnheiten im Black Diamond.
Ja, er hatte das Gefühl, in diesem Hause würde jetzt ein neuer Status quo Einzug halten. Aber das war schließlich immer so, wenn irgendwo eine Frau auftauchte und alles auf den Kopf stellte.
16
Kunst war nicht gerade ihr Fachgebiet. Myst verwechselte immer Monet mit Manet und konnte einen Degas nicht von einem Renoir unterscheiden, aber das Bild, an dem sie gerade vorbeigelaufen war, war ein van Gogh. Sie hielt mitten im Schritt inne, um sich das Gemälde näher anzusehen. Ja, definitiv vom guten alten Vincent … vom Meister persönlich, nicht aus dem Ständer der nächsten Rahmenhandlung.
Gott, das Ding musste ein Vermögen wert sein.
Myst war sich nicht sicher, warum sie das überraschte. Sie hatte offenbar von Bastian und Kohorten nicht ganz so viel erwartet. Rückblickend hätte sie das wohl tun sollen.
Allein ihr Schlafzimmer sprach Bände. Raffinesse und Geschmack, das Beste vom Besten, vom antiken Schlittenbett bis zu den Messinghaltern, die die Seidengardinen vor den Fenstern zurückhielten. Sogar die Farben waren spektakulär, eine Palette aus zarten Lavendeltönen und dunklerem Grau, eingeschlagen in warmes Cremeweiß.
Eine weibliche Oase, komplett mit begehbarem Schrank und passendem Badezimmer.
Inmitten der ganzen Großartigkeit hatte die Versuchung angeklopft, Myst dazu gedrängt, sich in Sicherheit zu bringen und sich zu verstecken. Aber sie konnte es nicht. Sie war kein feiges Huhn. Irgendwo in ihrer Ahnenlinie hatte das Bok-bok -Gen ein paar Zweige ihres Stammbaums ausgelassen und ihr einen Chromosomensatz beschert, der aus Starr-sie-nieder und Lass-sie-bluten bestand.
Myst
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