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Toedliches Verlangen

Toedliches Verlangen

Titel: Toedliches Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coreene Callahan
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warf ihr Haar über die Schulter und erhaschte einen Hauch von Ylang-Ylang. Sie schnaubte. Der Duft trieb sie in den Wahnsinn. Sie genoss es zwar, gut zu riechen, aber das Ylang-Ylang erinnerte sie an etwas anderes. Feuchtes Haar. Als hätte sie vor Kurzem erst geduscht. Woran sie sich nicht erinnern konnte.
    War das nicht toll?
    Bastian hatte sie … Himmel. Hatte er sie wirklich geduscht?
    Ein unbestreitbares Ja hallte in ihrem Kopf, zerrte sie Stück für Stück Richtung Erniedrigung. Myst biss die Zähne zusammen, befahl sich, nicht daran zu denken, aber die Peinlichkeit übermannte sie trotzdem. Mit glühenden Wangen übte sie sich in Gleichmut.
    Na und? Er hatte sie nackt gesehen. Keine große Sache, oder? Sie war nicht mehr fünfzehn, und zu reagieren wie ein Teenager, weil ein Mann sie N-A-C-K-T gesehen hatte, war einfach nur albern. Und zudem wenig hilfreich, schließlich hatte sie beschlossen, sich nicht zu verstecken … lief Bastian sogar gerade entgegen, nicht vor ihm davon.
    Aber die Sache war die … albern oder nicht, sie konnte nicht leugnen, dass es ihr etwas ausmachte. Auf rein weiblicher Ebene. Es machte sie verletzlich, ein entscheidender Nachteil im stillen Krieg, der zwischen ihnen tobte.
    Wie sollte sie ihm in die Augen sehen, ohne sich zu fragen, ob er sich gerade vorstellte, wie sie splitterfasernackt vor ihm stand? Was dazu führen würde, dass sie ihn sich auch so vorstellte und …
    Na ja, auf jeden Fall war es schlimm.
    Myst rieb sich die Schläfen. Sie brauchte einen neuen Masterplan. Einen, bei dem sie standhaft blieb und von ihm verlangte, er solle sie nach Hause bringen. Einen, bei dem sie ihm sagte, was sie von seiner Meine-Feinde-sind-hinter-dir-her-Theorie hielt. Sie brauchte seinen Schutz nicht. Und, ganz ehrlich, der Krieg zwischen ihm und diesen anderen Drachen hatte nichts mit ihr zu tun, also warum sollten sie hinter ihr her sein?
    Die einfache Antwort: Sie waren es nicht. Bastians Beschützerinstinkt hatte offensichtlich überreagiert, nachdem er die Situation aufgeblasen hatte.
    Halleluja. Sie war wieder sie selbst, dachte daran, hier herauszukommen, nicht daran, nackt zu sein. Mit Bastian.
    Trotzdem, die ganze Dusch-Geschichte weckte in ihr den Wunsch nach einer Ganzkörper-Panzerung. Myst überprüfte den Reißverschluss ihres Kapuzenpullovers. Jep, der war noch immer bis zum Hals geschlossen und bedeckte alles Wesentliche. Sie blieb kurz stehen, um sich die Yogahose glatt zu streichen, dann blickte sie unzufrieden auf ihre lackierten Fußnägel.
    Myst schnaubte. So viel dazu, tough auszusehen. Schließlich wirkte nichts so hart und entschlossen wie hellrosa Nagellack und Pailletten-Flip-Flops.
    Während sie den Flur entlangging, glitt Gemälde um Gemälde an Myst vorbei. Die Farbtupfer belebten die weißen Wände, hingen in genau der richtigen Entfernung über der breiten Stuhlleiste und dem glänzenden Parkett. Sogar hier draußen – an einem Ort, der zu nichts weiter diente, als jemanden von A nach B zu bringen – sah alles teuer aus. Die Wände trafen in exakten Winkeln aufeinander. Jeder Halogenstrahler saß millimetergenau neben seinem Nachbarn und passte sich dem Weiß-in-Weiß an, kein einziger Fleck war zu sehen.
    Die Makellosigkeit machte Myst nervös. Es war alles zu perfekt: keine Ritzen oder Staubkörner, kein sichtbares Zeichen der Schwäche … nirgendwo.
    Sie selbst war in bescheidenen Verhältnissen in einem winzigen Haus mit zwei Schlafzimmern aufgewachsen und konnte diese Art von Reichtum nicht einschätzen. Es weckte das Gefühl in ihr, als Mensch zweiter Klasse ohne Reisepass in einem fremden Land unterwegs zu sein. Trotzdem ging sie weiter, jedes Flip-Flop ein stetes Echo vor dem wunderbaren Hintergrund.
    Dieser Flur war nicht dafür gemacht, ihn entlangzurennen. Er glich viel zu sehr dem Met in New York City, um wie ein Rennpferd voranzupreschen. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass, würde sie ihre Geschwindigkeit auch nur ein bisschen erhöhen, ein Wachmann – in voller Museumsmontur – auftauchen und sie zurechtweisen würde.
    Da war sie wieder, ihre Erziehung. All die Höflichkeit, die ihre Mutter ihr für die Galerien eingetrichtert hatte, und … niemand konnte sie sehen.
    Was wirklich ungerecht war. Vollkommen idiotisch sogar.
    Ihre Mutter war vor fast drei Jahren gestorben, und trotzdem konnte Myst sie nicht vergessen. Die Manieren hingen an ihr wie altes Parfum, das sich weigerte zu verfliegen und sie immer an jenen düsteren

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