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Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy

Titel: Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy Kostenlos Bücher Online Lesen
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rechte Hand wieder aus der Tasche. In seiner Handfläche lag eine Rasierklinge. »Reden Sie mit meinem Therapeuten. Ich wusste nicht, dass mein Problem strafbar ist.«
    Travis Forbes knöpfte seine Manschette auf und rollte den Hemdsärmel hoch. Die Innenseite seines Arms war mit Narben übersät und die Außenseite sah aus, als hätte er brennende Zigaretten auf der Haut ausgedrückt.
    Mike ließ den Arm sinken und wich zurück. »Passen Sie auf sich auf, Travis. Hier ist meine Karte, falls ich irgendetwas für Sie tun kann.«

31
    »Ich sag’s dir, Mercer. Ein Blick auf seine zerkratzte Pfote und ich war drauf und dran, ihm die Handschellen anzulegen.« Mike bog von der Central Park West in die Straße, die uns durch den Park zu mir
nach Hause brachte. »Wir müssen es langsamer angehen lassen, bevor ich noch einen Fehler mache.«
    »Ich habe Mike noch nie so schnell den Gang wechseln sehen«, sagte ich vom Rücksitz aus und klopfte ihm auf die Schulter. »In Sekundenschnelle vom Scharfrichter zum Sozialarbeiter.«
    »Und seit wann bist du die Expertin für selbstverletzendes Verhalten? Ich glaube nicht, dass ich so etwas schon mal hatte.«
    »Alex und ich hatten schon mehr als genug mit solchen Fällen zu tun. Vor allem junge Mädchen sind davon betroffen.«
    »Heißt das, Travis Forbes ist suizidgefährdet?«, fragte Mike.
    »Nicht unbedingt«, sagte Mercer. »Es ist eine Form der bewussten Selbstverletzung, aber ohne suizidale Absicht.«
    »Warum machen sie es dann? Und ich will jetzt kein Psychogeschwätz hören.«
    »Nach Auskunft der Ärzte ist Selbstverletzung ein Ventil für starke negative Emotionen«, sagte ich. »Vor allem für Wut oder Scham. Man lenkt seine Aggressionen statt auf andere gegen sich selbst.«
    »Also vielleicht schämt er sich für Eddy«, sagte Mike. »Oder er ist wütend auf ihn, weil er den Familiennamen in den Schmutz gezogen hat und so blöd war, sich erwischen zu lassen. Drückt sich dieses Verhalten immer darin aus, dass sie sich Schnittwunden zufügen?«
    »Messer und Rasierklingen sind am beliebtesten«, sagte Mercer. »Es gibt auch Leute, die sich beißen oder schlagen, die sich die Haare ausreißen oder Zigaretten auf ihrer Haut ausdrücken.«
    »Erinnerst du dich noch an die Vierzehnjährige letztes
Jahr?«, fragte ich Mercer. »Ihre Mutter hatte ihr die Schuld am Tod ihres kleinen Bruders gegeben.«
    »Ja. Die Therapeutin meinte, sie würde unter einer dissoziativen Störung leiden. Das Mädchen habe die Erinnerung aus ihrem Bewusstsein abgespalten, weil sie zu schmerzhaft für sie war. Durch die Verletzungen, die sie sich beibrachte, fühlte sie sich dann wieder lebendig.«
    »Wie dem auch sei, ich hätte Shalik noch eine größere Belohnung geben sollen. Er hat mich davor bewahrt, einen Narren aus mir zu machen.«
    »Es sieht nicht so aus, als hätte Travis dieselben Interessen wie sein Bruder. Man würde seltene Bücher wohl nicht einfach auf so einer Müllhalde lagern«, sagte Mercer.
    »Wir müssen trotzdem noch mit Eddy sprechen. Sein Name taucht einfach zu oft auf«, sagte Mike. »Soll ich dich zu Hause absetzen, Coop?«
    »Ja, bitte.«
    »Ich komm mit zur Obduktion«, sagte Mercer.
    Es war kurz vor vier Uhr, als ich aus dem Auto stieg und ins Haus ging. Ich holte meine Post ab und fuhr nach oben, wobei ich mich ebenso sehr auf Luc freute wie darauf, unter die Dusche zu gehen und den Kopf wieder freizubekommen.
    Ich schloss die Tür auf und betrat die Wohnung. »Luc?«
    Keine Antwort. Ich war fast erleichtert, etwas Zeit für mich zu haben.
    Auf dem Tisch in der Diele lag ein Zettel neben einer Vase mit weißen Lilien.
    Liebling - Du hattest bestimmt einen sehr anstrengenden Tag. Ich hätte gern deine Stimme gehört,
selbst wenn du mir nur gesagt hättest, dass du keine Zeit zum Telefonieren hast. Joan hat für halb acht einen Tisch für vier im Patroon reserviert. Très Americain , was mir sehr recht ist. Ich träume von einem saftigen Steak, einem guten Burgunder und einer Nacht mit dir. Ich habe vorher noch ein paar Termine, wir treffen uns dann dort. A toute à l’heure, ma princesse .
    Ich hatte eigentlich keine Lust, mein gemütliches, sicheres Nest zu verlassen. Ich wollte ganz für Luc da sein, bevor er am nächsten Morgen zur Westküste aufbrach.
    Sein berufliches Umfeld - so luxuriös und extravagant - war das genaue Gegenteil jener Welt der Gewalt, in der sich meine Kollegen und ich bewegten, sodass ich mir die Kommunikation mit ihm an einem Tag wie

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