Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
anzuhören.«
»Ich bin heute Nacht für Sie dort eingestiegen, Mr Mike. Ich wollte Ihnen sagen, was er vorhat«, sagte Shalik. »Warum er sich als Polizist verkleidet hat.«
»Was? Lass ihn aussteigen, Terry«, sagte Mike. Mercer öffnete die Tür und stellte sich neben den mageren Jungen, damit er nicht ausbüxen konnte. »Was weißt du, Shalik?«
Der Junge wusste, dass ihm jetzt alle Erwachsenen aufmerksam zuhörten. Seine Jeans hing fast bis unter seinen Hintern und die Hosenbeine fielen in Ziehharmonikafalten auf seine Turnschuhe. Während er überlegte, was er sagen sollte, steckte er die Hände in die Taschen, sodass seine Hose noch tiefer rutschte.
»Reden Sie mit dem Richter? Es ist mein drittes Mal.«
»Wird gemacht. Erzähl mir von Travis.«
»Ich habe ihn schon öfter in diesen Outfits gesehen«,
sagte er. »Er zieht manchmal so bescheuerte Klamotten an, wenn er ausgeht. Aber sonst ist er immer allein. Und ich habe ihn noch nie in einer Polizeiuniform gesehen. Er ist ja kein Cop.«
Ich musste an den Feuerwehrmann denken, der Tina Barr überfallen hatte, und an den Mann in der braunen Kurieruniform, der bei Jane Eliot eingebrochen war.
»Erinnerst du dich an Travis Forbes’ Garderobe im Flur?«, fragte ich Mike. »Die vielen verschiedenen Jacken? Ich besorg uns einen Durchsuchungsbeschluss.«
»Shalik, du kennst doch echte Cops«, sagte Mercer. »Sah seine Uniform echt aus?«
»Ja. Total echt. Und er hatte eine Mütze und eine silberne Dienstmarke.«
»Hat er dich gesehen?«, fragte Mike. »Oder ist er einfach weitergegangen?«
Shalik warf sich in die Brust. »Er ist nirgendwo hingegangen.«
»Wie meinst du das?«
»Er hatte einen Chauffeur, Mr Mike. So ein großer fetter Typ, der ist aus so’ner Limousine ausgestiegen und hat ihm die Tür aufgemacht. Und dann ist Travis hinten eingestiegen, wo seine Tussi saß.«
»Seine Tussi?«, fragte Mike. »Das machst du gut, Shalik. Hast du die Frau gesehen?«
»Dunkle Haare. Dünn. Dünner als sie«, sagte er und zeigte mit dem Ellbogen auf mich. »Und älter. Lange rote Fingernägel. Und sie hat geraucht.«
Travis Forbes verkleidete sich also für einen Abendausflug mit Minerva Hunt als New Yorker Cop. Jetzt mussten wir nur noch herausfinden, wohin Carmine Rizzali die beiden gefahren hatte.
43
Mercer legte Shalik den Arm um die Schulter, um ihm einen Deal vorzuschlagen.
»Wir kümmern uns um ihn, Terry«, sagte Mike.
»Ich könnte vom Dienst suspendiert werden, falls dem Jungen etwas passiert. Bei jugendlichen Straftätern gibt’s andere Regeln.«
»Ich bleibe bei ihm«, sagte ich. »Ich gehe selbst zum Richter.«
Sie stieg ins Auto und knallte die Tür hinter sich zu. Mike und ich folgten Mercer und Shalik durch die dunkle Seitenstraße zur Fifth Avenue.
»Wie wollen wir diesen Fettsack denn aufstöbern?«, fragte Mike. »Gestern hat er gleich wieder aufgelegt.«
»Lass Alex mit ihm reden. Sie wird er nicht so schnell abwimmeln«, sagte Mercer.
»Dann sagt ihr mir besser, was ich sagen soll.«
»Sag ihm, dass du dringend mit Minerva sprechen musst«, sagte Mike. »Er muss sie zu Jane Eliots Wohnung gefahren haben. Sag ihm, dass die alte Dame verraten hat, was sie Minerva gegeben hat. Er wird es Minerva weitersagen, um sich bei ihr einzuschleimen. Eliot ist doch in Sicherheit, Mercer?«
»Sie steht im Krankenhaus rund um die Uhr unter Polizeischutz. Kein Problem.«
»Falls TARU sein Handysignal orten kann, sind wir im Geschäft«, sagte Mike, während er und ich vorne einstiegen. TARU, die Technische Abteilung der New Yorker Polizei, konnte dank neuester Technik und Ausrüstung so gut wie jedes ermittlungsrelevante Kommunikations- und Überwachungsproblem lösen.
»Mit wem spreche ich? He, Sonny, hier ist Mike
Chapman. Ich habe zwei Handynummern; von der einen wird ein Anruf an die andere abgehen. Die Anruferin ist hier bei mir im Auto in Midtown. Wenn ich dir beide Nummern gebe, kannst du dann den Standort des zweiten Handys herausfinden?«
Die Antwort fiel offenbar positiv aus.
»Bist du so weit? Die erste Nummer ist die von Staatsanwältin Alexandra Cooper«, sagte Mike und nannte ihm meine Nummer. »Der Empfänger ist Carmine Rizzali. Ja, er war auch mal bei der Polizei. Ich muss ihn finden, und zwar sofort. Der nächstgelegene Funkmast wäre toll. Coop ruft jetzt an. Mal sehen, ob er rangeht. Ich bleib dran.«
Ich wählte Carmines Nummer. Da meine Rufnummer unterdrückt war, musste er den Anruf entgegennehmen, um
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