Tödliches Vermächtnis - Lethal Legacy
vier Restauratoren in der Werkstatt und eine Menge kostspieliger Gerätschaften.«
Mike hielt die Tür auf. »Bringen Sie uns hin.«
»Ich … das geht nicht. Dazu müsste ich einen Bibliotheksausweis mit einem speziellen Zugangscode haben. Dafür gibt es aber keinen Grund.«
»Ich habe Tinas Ausweis.« Mike zog den Bibliotheksausweis, den er bei ihrer Leiche gefunden hatte,
aus der Jackentasche. »Zeigen Sie uns einfach den Weg.«
»Das wird nicht funktionieren.« Jill griff nach ihrem eigenen Plastikausweis, den sie an einer Kette um den Hals trug. »Eigentlich hätte sie den Ausweis bei ihrer Kündigung abgeben müssen. Er müsste deaktiviert sein.«
»Versuchen wir’s einfach.« Mike nahm sein Handy und rief Mercer an. »Wir gehen runter in die Restaurierwerkstatt. Bevor du wieder reinkommst, geh doch mal am Personaleingang vorbei, wo die Angestellten warten, und schau, ob du einen Restaurator auftreibst, der uns durch die Werkstatt führen kann.«
Jill betrat den dunklen Flur und ging widerstrebend zum hinteren Teil des Gebäudes. Uniformierte Cops standen am Haupteingang und unterhalb der beiden imposanten Treppenaufgänge Wache. Am Ende des Flurs gingen wir durch eine Tür und über eine steile Treppe hinab ins Untergeschoss.
Auf dem Weg konnte ich sehen, wo das weiße Marmor- und Granitfundament der Bibliothek in die fast zweihundert Jahre alten roten Backsteinmauern des alten Wasserspeichers überging.
Jill fand keinen Lichtschalter, falls es in dem Aufgang überhaupt einen gab, und so tasteten wir uns langsam durch das fensterlose unterirdische Labyrinth. An den Wänden standen überall Bibliotheks- und Bücherwagen kreuz und quer, mit denen man auch leicht größere Lasten hätte transportieren können.
Jill blieb vor der Flügeltür stehen, die durch ein Schild als Restaurierwerkstatt ausgewiesen war. Mike hielt Tinas Ausweis vor den kleinen elektronischen Türöffner unterhalb der Klingel. Der Summer ertönte, und Mike öffnete die Tür.
Jill zögerte, bevor sie den Raum betrat und das Licht anschaltete.
Ich folgte ihr und blickte mich um. Diese unterirdischen Arbeitsräume hatten keinerlei Ähnlichkeit mit den eleganten, anmutigen Räumen in den oberen Etagen. Große Tische, meist mit Werkzeugen in allen Formen und Größen, nahmen die Mitte ein, und entlang der Wände waren kleine Nischen, vermutlich die Arbeitsbereiche der Restauratoren.
»Was riecht hier so übel?«
»Chemikalien, Mike. Für diese Arbeit braucht man viele giftige Substanzen. Lösungsmittel aller Art, wie Salmiak - zur Entsäuerung von altem Papier. Um einen Ausbildungsplatz als Restaurator zu bekommen, muss man Organische Chemie studiert haben.«
Mike inspizierte die Gerätschaften.
»Das hier war ursprünglich die Buchbinderei der Bibliothek.« Jill zeigte auf einen riesigen Holztisch direkt vor uns. »Um einen Buchrücken aus dem achtzehnten Jahrhundert zu reparieren, benutzt man nach wie vor tierische Leime, die man in heißem Wasser auflösen muss. Der schlechte Geruch kommt auch von den Glutin- oder Knochenleimen von Kühen, Kaninchen, Tigern, die hier seit über hundert Jahren verarbeitet werden.«
Es klingelte an der Tür, und Mike ließ Mercer ein, der von einer jungen Frau begleitet wurde. Die zierliche Frau mit den kastanienbraunen Haaren hatte sich einen langen Fransenschal zweimal um den Hals gewickelt.
»Guten Morgen, Lucy«, sagte Jill. »Mr Wallace kennen Sie ja bereits. Das hier sind Alex Cooper von der Bezirksstaatsanwaltschaft und Detective Mike Chapman.«
»Stimmt das mit Tina?«
»Leider ja«, sagte Jill und stellte uns Lucy Tannis vor.
»Warum wollten Sie mich sprechen?«
»Die Detectives möchten wissen, was hier unten gemacht wird und woran Tina gearbeitet hat.«
»Und mit wem sie gearbeitet hat«, sagte Mike.
»Darüber kann ich Ihnen nicht viel sagen. Sie hat nicht viel mit uns gesprochen.«
»Kannten Sie sich schon lange?«
Lucy zuckte die Achseln. »Einige Jahre. Unser Fachgebiet ist relativ überschaubar, Detective. Wir vier, die wir hier in Vollzeit arbeiten, sind ein ziemlich enges Team. Wir verbringen den Großteil des Tages zusammen in diesem kleinen Kellerraum, was Außenstehenden oft seltsam erscheint. Aber dafür dürfen wir auch einige der schönsten Werke, die jemals auf Papier erschaffen wurden, in die Hand nehmen.«
»Und Tina?«, fragte Mike.
»Sie hat einfach nicht zu uns gepasst. Sie war fachlich gut, keine Frage. Aber sie war eiskalt, und die Arbeit schien ihr
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