Toedliches Versprechen
Wasser und schloss kurz die Augen.
Als sie sie wieder öffnete, lag Angst und Verzweiflung in ihrem Blick, aber auch eine Spur Entschlossenheit. »Egal, wie das wirkt, was ich dir jetzt erzähle. Es ist die reine Wahrheit. Alles ist genau so passiert. Ich lüge dich nicht an.« Kurz senkte sie den Blick. »Ich hoffe, du glaubst mir das.«
»Okay.« Gespannt lehnte er sich vor.
Sie drehte den Laptop zu ihm um und wies auf das Display. »Das ist Nadine. Meine Zwillingsschwester. Sie wurde vor elf Jahren ermordet.«
Entgeistert starrte Josh auf das Bild von Hannah. Oder ihrer Schwester. Er schüttelte den Kopf. Sein brummender Schädel war noch nicht bereit, den Schmerz zurückzuschrauben. Die Frau auf dem Bild glich Hannah bis auf das letzte Haar. Sie war jünger, aber Josh hätte niemals geglaubt, dass das jemand anders als Hannah war. »Du hattest eine Schwester? Warum hast du mir nichts von ihr erzählt?«
Hannah zog den Laptop wieder zu sich heran und klickte ein anderes Bild an. Jetzt sah er sie nebeneinander. Zwei junge, rothaarige Frauen, die ein Lächeln im Gesicht hatten, das sagte: Was kostet die Welt. »Ich wurde dazu angehalten, unsere Verbindung zu verschweigen. Zu meinem eigenen Schutz.«
Josh hob fragend eine Braue.
»Lass mich dir die ganze Geschichte erzählen. Von Anfang an.«
»Okay«, sagte er noch einmal.
*
Hannah trank einen Schluck Wasser. Sie erzählte die Geschichte zum ersten Mal. Sicher, zu der einen oder anderen Begebenheit hatte sie in der Vergangenheit bei der Polizei eine Aussage machen müssen. Aber die Lebensgeschichte ihrer Schwester war bislang noch nie erzählt worden. Als spüre er ihre Angst und ihren Schmerz, legte Fudge seinen Kopf auf ihre Oberschenkel. Die Hand zwischen seine Ohren zu legen und ihn zu streicheln, war beruhigend und tröstend. So wild er auch sein konnte, aus ihm wäre ein guter Therapiehund geworden.
»Nadine und ich sind in einer Kleinstadt im Mittleren Westen aufgewachsen. Wir sind die unehelichen Kinder des örtlichen Versicherungsmaklers. Er hatte eine wunderschöne, kleine, perfekte Familie. Aber er hatte auch eine Affäre mit meiner Mutter. Wir waren das Ergebnis. Er leugnete es und beendete die Beziehung. Meine Mutter hat ihm ein Leben lang hinterhergetrauert und tut das vermutlich noch immer.
Versteh mich nicht falsch. Wir hatten immer genug zu essen und waren anständig gekleidet. Aber wir hatten keinerlei emotionale Verbindung zu ihr. Denn wir waren schuld daran, dass die Beziehung zu diesem Mann zerbrach. Nad und ich lernten früh, uns um uns selbst zu kümmern. Wir wollten raus aus dieser verlogenen, kaltherzigen Kleinstadt, in der jeder wusste, wessen Kinder wir waren und hinter unserem Rücken über uns lästerte. Viel Geld war nicht da, aber wir begriffen schnell, wie wichtig gute Noten waren. Ein Stipendium war unsere einzige Chance.
Wir haben es geschafft. Wir erhielten beide Stipendienangebote, allerdings nicht an den gleichen Colleges. Zum ersten Mal entschieden wir, uns zu trennen. Bislang waren wir eine Einheit gewesen, hatten alles zusammen gemacht. Aber wir kamen zu der Überzeugung, es wäre besser, von nun an eigene Wege zu gehen. So musste keine von uns von ihrem großen Traum zurücktreten. Nadine hatte ein Stipendium für Stanford ergattert. Sie wollte Anwältin werden. Ich bekam die Möglichkeit, nach Harvard zu gehen. Die beste Voraussetzung für mein Medizinstudium.
Ich ging an die Ostküste, sie an die Westküste. In Stanford lernte sie Griffin Gordon kennen, einen Professor für englische Literatur, der ihr Untergang war.«
»Warte kurz.« Josh sprang auf und füllte ihr Glas nach. Dann kramte er in einer Schublade, bis er einen Notizblock und einen Stift fand. Aufmerksam setzte er sich ihr wieder gegenüber.
Sein Anblick versetzte Hannahs Herz einen Stich. Josh wusste noch nicht einmal, worum es tatsächlich ging, aber der Polizist in ihm hatte Blut geleckt. Das sah sie an seinen glänzenden Augen und dem Eifer, mit dem er begann, sich Notizen zu machen.
Er glaubte ihr.
Vielleicht war eine Beziehung zwischen ihnen nicht mehr möglich. Sein Verhalten in ihrer Wohnung ließ darauf schließen, dass er doch nur an einer etwas oberflächlicheren Art von Affäre interessiert war. Fast hatte sie befürchtet, ihn in Panik ausbrechen zu sehen, als sie ihn bat, sie mit zu sich nach Hause zu nehmen. Offenbar endeten seine Beziehungen, bevor die Frauen auf die Idee kamen, mit ihm zusammenziehen zu wollen.
In
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