Toedliches Versprechen
Zum Teufel, was war hier los?
»Bring mich bitte hier weg. Ich würde gern zu dir fahren, um dir zu erzählen, was passiert ist und dich um deine Hilfe bitten. Denn ich brauche Hilfe. Unbedingt. Danach kann ich gehen und mir ein Hotelzimmer nehmen. Ich möchte im Moment einfach nur raus hier.« Ihre Stimme war monoton und wurde ein wenig brüchig. »Ist das möglich? Können wir von hier verschwinden?«
Die Ratschläge seines Vaters waren einen Dreck wert, das wusste er eigentlich schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Er war ein Idiot. Hannah würde ihn nie auf diese Weise überrumpeln, um an sein Haus und sein Geld zu gelangen. Das lag überhaupt nicht in ihrem Wesen. Sie hatte Angst. Vor etwas oder jemandem.
Mit einer schnellen Bewegung zog er sie an sich und legte seinen Kopf in ihre Halsbeuge. Sanft küsste er sie auf den schnellen Puls, der unter seinen Lippen dahinflog. »Ich bin ein Trottel, Hannah. Verzeih mir bitte. Der Tag war beschissen und mein Schädel bringt mich um. Sag mir, was passiert ist.«
Mit einer sanften, zögerlichen Berührung strich sie über seine kurzen Haarstoppeln. »Nicht hier, bitte. Können wir gehen?«, flüsterte sie.
Josh löste sich von ihr, strich ihr mit dem Daumen über den Wangenknochen, der sich wie brüchiges Pergament anfühlte. Sie wirkte, als ob sie gleich vor seinen Augen zu Staub zerfiele. Ohne ein weiteres Wort nahm er ihren Koffer und die Reisetasche und ging zur Tür. Sie folgte ihm mit ihrem Laptop und dem Cello aus der aufgeheizten Wohnung. Nicht mehr lange, und er wäre in seinem kühlen, klimatisierten Haus. Dann wäre er bereit, sich Hannahs Problemen zu stellen.
*
Scheiße! Griffin beobachtete von seinem Wohnzimmerfenster aus, wie Winters Nadines Sachen in seinen SUV lud. Einen Moment hatte er geglaubt, er würde sie hängen lassen, verloren und verängstigt, wie sie noch vor ein paar Minuten an ihrem Fenster gestanden hatte. Aber nein, der Idiot ließ sich von ihr einwickeln.
Als ob ihr das etwas nützen würde. Er wusste, wo Winters wohnte, und er hatte diesen kleinen Sender in ihrer Handtasche deponiert. Sie entwischte ihm nicht. Nicht noch einmal.
Winters parkte aus und fädelte sich in den Verkehr ein. Griffin ließ ihn fahren. Nadine würde jede Sekunde der Fahrt in den Rückspiegel starren und vor Angst beben. Sollte sie nur.
*
In angespanntem Schweigen fuhr Josh nach Hause. Hannah saß wie eine Puppe neben ihm, fast schon leblos. Sie hatte die Sonnenblende heruntergeklappt und verfolgte im Schminkspiegel den Verkehr hinter ihnen. Er wollte ihre Hand nehmen, war sich aber nicht sicher, ob sie das zulassen würde. Sein Verhalten hatte sie verletzt. Das war nicht zu übersehen gewesen. Er ließ sie erst einmal in Ruhe und fuhr den Wagen in seine Garage.
Als er ihre Sachen aus dem Kofferraum holen wollte, schüttelte Hannah den Kopf. »Nur den Laptop.«
Er tat, was sie verlangte und ließ sie durch die Verbindungstür in die Küche. Seine Nachbarin hatte Fudge schon herübergebracht, weshalb sie zunächst sein wildes, von unbändiger Freude regiertes, Begrüßungsritual überstehen mussten. Sein Hund begrüßte ihn jeden Abend, als ob sie zwei Schiffbrüchige wären, die sich nach zwanzig Jahren endlich wiederfanden. Normalerweise hatte er Spaß an dieser überschäumenden Liebe, die Fudge ihm entgegenbrachte. Heute konnte er sie nicht genießen. Nicht, solange er nicht wusste, was mit Hannah los war.
Er legte den Laptop auf den Tisch und holte zwei Gläser aus dem Schrank. Auch wenn er vor ein paar Stunden noch davon geträumt hatte, mit Hannah in seinen Armen auf dem Dach auf den Sonnenuntergang zu warten, zog er jetzt die dämmrige Kühle der Küche vor. Er rollte die Schultern, um ein wenig Spannung abzubauen. Dann suchte er in seinen Schubladen nach Tylenol und schluckte gleich mehrere Tabletten. Mit einem großen Schluck Wasser spülte er sie hinunter, bevor er die Gläser und das Medikamentenfläschchen an den Tisch trug.
Hannah hatte auf der anderen Seite des Tisches Platz genommen, sodass sie sich gegenübersaßen. Damit schaffte sie nun nicht mehr nur emotional, sondern auch körperlich Abstand zwischen ihnen. Er reichte ihr eines der Gläser und schob das Tablettenröhrchen über die Tischplatte. Erstaunt hob sie den Blick vom Laptop, den sie gerade hochfuhr.
»Kopfschmerzen?«, fragte er.
Sie nickte. Ihre Hände zitterten leicht, als sie drei Tabletten nahm und auf einmal schluckte. Sie trank einen Schluck
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