Toete John Bender
einiges am Bootshaus klären, wenn die beiden Schatzgeister da sein würden. Er war gespannt, wen Lydia ihm schicken würde. Er tippte auf Lynn und Bert, die beiden Studenten, die ein Praktikum absolvierten. Bert! Was für ein bescheuerter Name! Lynn sah ziemlich gut aus, hätte sie mehr mit ihm zu tun gehabt, hätte sich da vielleicht etwas entwickelt. Sie schien nicht abgeneigt. Er schüttelte den Gedanken ab, denn schon führte ihn die Vorstellung an Lynn (Körper) zu Silvia und die Beziehung zwischen ihnen – und zum Sex, den sie hätten haben können. Er überlegte kurz, ob er in den Dünen onanieren sollte, um sich Entlastung zu verschaffen, aber er hätte sich durch die Vorkommnisse zu beobachtet gefühlt.
Die Bucht lag still vor ihm, die Luft stand und drückende Hitze staute sich zwischen Holunder und Schlehen. Tom blieb stehen, spähte zum Schuppen, nahm mit allen Sinnen seine Umgebung wahr. Es war still, aber nicht zu still. Im Dickicht zirpten die Vögel, über der Bucht kreisten mehrere Möwen. Er klopfte sich den Sand von den Fußsohlen und zog sich die Schuhe an. Das Boot war noch nicht da. Tom sah auf seine Uhr. Zehn Minuten zu früh. Er schlenderte zum Bootssteg hinunter, holte sich eine Zigarette aus dem Etui und zündete sie an. Die Brandung war in der Bucht kaum zu hören; es wirkte, wie die Ruhe vor dem Sturm. Er sah zur Wolkenfront und sah sein Gefühl bestätigt. Wie die Ruhe vor dem Sturm! Er stellte den Wagen am Bootssteg ab und schritt diesen bis zum Ende entlang. Kaum Wellengang in der Bucht, das Wasser kräuselte sich leicht, aber zu wenig, um an den Pfählen mit einem klatschenden Geräusch zu brechen. Tom entspannte sich zunehmend. Eine wohltuende Leere breitete sich in ihm aus. Er hätte stundenlang hier stehen können, aber er wollte vorbereitet sein und im Schuppen noch ein wenig aufräumen, denn die Schatzgeister würden einen Großteil ihrer Zeit hier verbringen. Also drückte er die Zigarette aus, ging zum Bootshaus und wollte das Schloss von dem Riegel abnehmen. Es widerstand. Tom ruckelte daran, nahm seine zweite Hand zur Hilfe und fand überrascht ein verschlossenes, intaktes Schloss vor. Das konnte nicht sein! Es war doch aufgebrochen worden. Er hatte es in den Riegel gehängt, aber es war kaputt gewesen, daran erinnerte er sich genau.
Tom beugte sich vor, musterte das Schloss. Es schien ihm nicht auffällig, sondern war dasselbe Schloss, das hier auch vorher gehangen hatte; außer, dass es nun wieder funktionierte! Er holte seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche, suchte den passenden Schlüssel, führte ihn ins Schloss und drehte ihn herum. Das Schloss öffnete sich. Tom staunte und lachte auf. Er öffnete die Tür zum Schuppen, blinzelte, seine Augen gewöhnten sich an das Zwielicht und der Anblick, der ihn erwartete, schockierte ihn nun nur wenig, da er ihn inzwischen vermutet hatte. Der Schuppen lag aufgeräumt vor ihm. Die Kartons waren so gestapelt, wie er sie vor dem Einbruch in Erinnerung hatte. Mit den Handballen drückte er sich auf die Stirn und stöhnte. Was hatte das wieder zu bedeuten? Dieser Mist zermürbte ihn langsam. Er fühlte sich, wie in einem schlechten Film. Zögernd betrat er den Schuppen, ging zur CB-Funkanlage und betätigte den Einschaltknopf. Klick. Die Leuchtdioden strahlten auf, es knarzte. Er traute sich beinahe nicht, das Handmikrofon zu bedienen. Vorsichtig griff er danach, stellte die richtige Frequenz ein und setzte eine Nachricht ab. Rauschen. Der Klang seiner Stimme. Das Gerät funktionierte.
»Oh, nein«, flüsterte Tom, nahm das Gerät hoch und untersuchte die Schrauben nach Abrieb, die er gestern erst gelöst hatte, um diesem ätzenden Geruch auf die Spur zu kommen. Tatsächlich! Die Kreuzschlitze waren abgenutzt, der Kratzer am Gehäuse war vorhanden.
Ein Rauschen erschreckte ihn, eine Antwort ertönte. Ein dänischer Fischkutter, zwei Seemeilen von Tyreholm entfernt. Tom antwortete ihm, war mit den Gedanken aber ganz woanders. Er roch an der Funkanlage, doch der beißende Geruch nach Säure war verflogen. Er verabschiedete sich von dem dänischen Kapitän und versuchte die ›Paloma‹ zu erreichen.
»Hier ›Paloma‹, Andi. Tom bist du das? Over.«
Tom schluckte, war zwischen Unglauben und Freude hin und her gerissen.
»Tom?«
Rauschen.
Tom hielt das Mikrofon vor sich, brachte aber keine Antwort zustande.
»Tom? Kommen, bitte! Over.«
»Andi. Hier Tyreholm, Tom spricht. Mensch, wie geht es euch?«, brach es aus ihm
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