Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
gefüllten Magazin im Griff, war die Waffe deutlich schwerer. Leander schämte sich für den Gedanken, aber eine geladene Pistole in den Händen zu halten fühlte sich irgendwie geil an. Leander fiel kein treffenderes Wort dafür ein. War das das Geheimnis? Machten Waffen also aus friedlichen Menschen Monster?
Er nahm den Farn ins Visier und betätigte den Abzug. Die Intensität des Knalls überraschte ihn. Im Fernsehen kam das nie so laut rüber. Getroffen hatte er auch nicht, nicht einmal den zwei Meter breiten Felsbrocken, und der Rückstoß war so heftig gewesen, dass er die Waffe beinahe fallen gelassen hätte. Ein Glück, dass ihn keiner sah. Er versuchte es noch einmal und stellte sich dieses Mal besser auf die aggressive Kraft ein, die von dieser kleinen Tötungsmaschine ausging. Der Schuss krachte, Dreck spritzte aus der Felsspalte, er hatte fast einen Meter über den Farn geschossen. Aber die Richtung stimmte schon mal. Zwanzig Meter Entfernung waren zu viel. Er müsste seinem Opfer also näher kommen. Er ging ein paar Schritte auf den Felsen zu und verschoss das ganze Magazin, darunter eine Serie von sieben Schuss am Stück. Am Ende hing der Farn in Fetzen. Leanders Handgelenke brannten, schienen zu vibrieren, und in seinen Ohren summte es. Er ertappte sich bei einem Grinsen.
Auf der Fahrt zurück beschäftigte ihn die Frage, ob eine Krise den Charakter eines Menschen veränderte oder, im Gegenteil, nur dessen wahren Kern offenbarte.
Greger Forsberg nahm einen Zettel und schrieb darauf:
Montag, 15. August – Valeria verschwindet
Dienstag, 16. August – Selbstmord Magnus Cederlund
Mittwoch, 17. August – Marta meldet C. vermisst
Mittwoch, 31. August – Beerdigung C., Marta redet mit Eva R.
Donnerstag, 15. September – Abreise Dag C.,
Verabredung M. und Eva für Freitag, den 16.9.,
Überfall auf Marta
Sonntag, 18. September – Verhaftung Oxana Bobrow
Montag, 19. September / Dienstag 20. September – Mord an Krull /Leichenfund Krull , Kopf?
Ein verschwundenes Kind, ein Selbstmord, eine Leiche ohne Kopf und eine Frau im Koma, zählte Forsberg in Gedanken auf. War Ivan Krull der Vermittler zwischen Valeria und Cederlund gewesen? Denn irgendwie müssten die beiden ja zusammengekommen sein, das Migrantenkind aus Biskopsgården und der Unternehmer aus Långedrag. Cederlund war sicher nicht der Typ, der auf vermüllten Vorstadtspielplätzen herumlungerte. Abgesehen davon, dass er dort auffallen würde wie ein bunter Hund, hätte er wahrscheinlich auch viel zu viel Angst gehabt, überhaupt einen Fuß in eine solche Gegend zu setzen. Und wer hatte Krull erstochen und ihm den Kopf abgeschnitten? Warum nicht auch die Finger?, das hätte die Identifizierung erschwert. Also ging es nicht darum. Worum dann? Um Brutalität? Es gab diesen Unbekannten in seiner Gleichung. War es derselbe, der Marta verletzt und in den Häusern herumgestöbert hatte? War Marta in Gefahr, jetzt oder spätestens dann, wenn sie aus dem Koma erwachte? Oder vermischte sein Polizistenhirn Dinge, die nichts miteinander zu tun hatten?
Das Telefon klingelte.
»Greger Forsberg.«
»Erik Abrahamsson, Kripo Jonköping. Du wolltest mich sprechen?«
»Ja«, sagte Forsberg. »Diese anderen Waffen im HausHabt ihr die mitgenommen oder im Schrank gelassen?«
»Dagelassen«, sagte Abrahamsson. »Wir haben nur die Schrotflinte mitgenommen. Im Schrank sind noch ein Sauer S 90 Repetierer und eine Glock 17.« Jetzt nicht mehr, dachte Forsberg, während sein Kollege erklärte: »Der Schlüssel steckte. Wir haben natürlich abgeschlossen.«
»Was habt ihr mit dem Schlüssel gemacht?«
»Den hat der Fahrer bekommen, der auch das Auto abgeholt hat«, hörte er Abrahamsson sagen. »Den Hausschlüssel haben wir ihm auch gleich mitgegeben. Der war in einem ganz genialen Versteck: hinter der Holzverkleidung neben der Haustür. Typisch! Und dann kommen die Leute an und jammern, wenn ihnen die Bude ausgeräumt wird.«
»Wann war dieser Fahrer da?«, fragte Forsberg.
»Warte mal«, der Kollege aus Jonköping schien in Unterlagen zu blättern, »… am Montag, dem 22. August. War ja alles klar. Wir haben die Witwe angerufen und gesagt, dass sie den Wagen holen kann und dass das Haus wieder freigegeben ist.«
Wahrscheinlich war das Sommerhaus kurz danach durchsucht worden, überlegte Forsberg. Das Haustürschloss hatte selbst Eva im Handumdrehen geknackt, und das Schloss des Waffenschranks war sicher auch kein Riesenproblem gewesen, der Täter
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