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Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Auf jeden Fall würde es ihre Schuldgefühle vermindern. Während er auf dem Boråsleden Richtung Osten gefahren war, hatte er darüber nachgedacht, ob Tinka einen Menschen töten könnte.
    Ein paar Kilometer hinter Borås war er von der Autobahn abgebogen und dann einem Sträßchen gefolgt, das in ein Waldgebiet führte. Irgendwo, wo es ihm einsam genug erschien, hielt er an und ging ein Stück durch den Wald, einem Trampelpfad folgend. Hoffentlich verirrte er sich nicht. Er hatte ja nicht einmal das Handy dabei, fiel ihm ein.
    Der Herbst zeigte sich launisch, vorhin hatte es geregnet, jetzt kam plötzlich die Sonne heraus und es wurde unangenehm warm. Oder war nur ihm so warm? Leander mochte Wälder nicht besonders, er hatte Angst vor ihnen, schon immer, den Grund dafür kannte er nicht. Vielleicht diese blutrünstigen Märchen und die Geschichten von all den Fabelwesen, die sich angeblich bevorzugt in Wäldern aufzuhalten pflegten. Aber jetzt bin ich ja bewaffnet, dachte er und verzog den Mund zu jenem zynischen Lächeln, das typisch für ihn war.
    Es roch nach Laub und Pilzen. Hier. Hier war ein guter Platz. Die Bäume standen nicht sehr dicht und ein paar niedrige Felsen erhoben sich am Ende einer Lichtung. Glock 17, Austria, 9 x 19 war in den Lauf eingebrannt. Leander bezog sein Wissen, was Waffen anging, einzig aus Fernsehkrimis, aber er war ziemlich sicher, dass 9mm der Geschossdurchmesser und dies ein größeres Kaliber war. Allerdings stand auf der Schachtel mit der Munition: 115grs Remington JHP OG.355 . Die Schachtel sah neu aus. Hoffentlich passten die Dinger.
    Er fand heraus, wie man das Magazin öffnete und dass man den Schlitten von Hand nach hinten ziehen konnte. Es schien keine extra Sicherung zu geben, aber der Abzug hatte einen Druckpunkt, den man mit einigem Kraftaufwand überwinden musste. Danach machte es Klick. Leander spielte eine Weile mit der leeren Waffe herum, dann fütterte er das Magazin mit den messingfarbenen Patronen und wunderte sich, wie viele hineingingen. Wenn er richtig gezählt hatte, waren es siebzehn. Natürlich, du Trottel! Glock 17 . Er hatte immer noch genug übrig. Das Magazin rastete ein. Er wusste, dass man eine Pistole am besten mit beiden Händen abfeuerte, wegen des Rückstoßes. So lässig mit einer Hand aus der Hüfte, wie es die Cowboys in den alten Filmen machten, würde es bestimmt nicht funktionieren. Cowboys. Männer und Waffen. Warum hatte sich der Erpresser an ihn gewandt und nicht an Tinka oder an sie beide? Weil Töten Männersache war? Wie grausam muss ein Mann sein können, um ein Mann zu sein?
    Ungefähr in der Mitte des Felsens wuchs ein Farn aus einer Spalte. Er könnte versuchen, den Farn zu treffen. Aus welcher Entfernung? Wie nah würde er dem Menschen kommen, den er töten sollte?
    Menschen töten, dachte Leander. Tinka hat vollkommen recht, das ist Wahnsinn, das geht einfach nicht.
    Er hatte gelesen, dass Soldaten im Krieg sehr oft absichtlich daneben schießen würden. Die meisten sogar. Auch bei Erschießungen zielte angeblich die Mehrheit knapp vorbei. Diese Information hatte ihn beruhigt. Aber einige musste es doch geben, die solche Skrupel nicht kannten, oder trafen die nur aus Versehen? Er dachte an die erschreckenden Ergebnisse des berühmten Milgram-Experiments, bei dem ganz normale Probanden auf Befehl einem »Opfer« tödliche Stromstöße erteilt hatten, als Strafe für falsche Antworten – auf Befehl! Im Irak hatten amerikanische Soldaten auf Zivilisten geschossen, ohne Not, ohne Befehl. Aus Spaß. Wie konnte ein Mensch so verrohen? Würde er noch Selbstachtung empfinden können, wenn er jemanden getötet hätte? Wie ging es Soldaten oder Scharfschützen, die einem Befehl gehorcht und getötet hatten, hinterher damit?
    Leander versuchte, all diese Gedankengänge beiseitezuschieben. Jetzt war die Praxis dran, und zuallererst galt es, sich überhaupt technisch in die Lage zu versetzen, schießen zu können. Zu lernen, mit der Pistole umzugehen, und herauszufinden, auf welche Entfernung er einigermaßen treffsicher schießen konnte. Nur zur Übung, wie der Kerl geschrieben hatte. Das war noch kein Verbrechen, damit war noch gar nichts entschieden, und dafür war er doch jetzt hierher, in die Wildnis, gefahren.
    Er wählte einen Abstand von geschätzten zwanzig Metern, stellte sich breitbeinig hin, das linke Bein weiter vorn als das rechte, und hielt die Pistole auf Augenhöhe. Das wirkte doch schon ganz professionell. Jetzt, mit dem

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