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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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beleidigt?«, machte sich ihr Bruder über sie
lustig. »Hüpft mit irgendeinem Kerl ins Bett und regt sich auf, wenn man sie
freundlich danach fragt.«
    »Deine Freundlichkeiten sind vergiftet.«
    »Wo hast du denn diese Theatralik her? Von deinem neuen Freund? Ein
Künstler vielleicht? Ein Schauspieler? Passen würde es zu dir. Ein
drittklassiger Kleindarsteller von einer Tingeltangelbühne.«
    Heike spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen.
    »Und jetzt fängt die Arme auch noch an zu weinen«, spottete Gerrit
weiter. »Habe ich etwa recht mit meinen Vermutungen?«
    »Nichts hast du«, schluchzte Heike. »Du bist einfach nur ein
Scheusal.«
    »Wenn das so ist, muss ich annehmen, dass du dich bei Mutter und mir
nicht wohlfühlst. Ich mache dir einen Vorschlag zur Güte: Du haust endlich ab
und gehst zurück aufs Festland. Ich überlasse es dir, ob du dir dein Erbe schon
jetzt auszahlen lassen möchtest oder erst, wenn Mutter tot ist. Na?«
    »Von was willst du mir denn meinen Anteil auszahlen?«, schrie sie
ihn an.
    Gerrit Harms schloss die Bürotür. »Bist du verrückt?«, zischte er.
»Wenn dich jemand hört.«
    »Was soll er denn schon hören, was ohnehin jeder hier auf der Insel
ahnt«, schleuderte sie ihm entgegen. »Wir sind fast pleite. Und dafür bist du
verantwortlich! Der Anbau im letzten Jahr hat uns fast das Genick gebrochen.
Und wenn erst das Atlantic bezugsfertig ist, werden
wir noch mehr Gäste verlieren.«
    »Mag sein. Deshalb müssen wir ja rationalisieren. Und ich würde mit
Freude bei dir anfangen. Wann verlässt du Juist?«
    »Du bist ein Schwein!«, schrie Heike, sprang auf und rannte an ihrem
Bruder vorbei aus dem Hotel. Schwer atmend blieb sie auf der Straße stehen.
Dieser Mistkerl! Mit geschlossenen Augen hielt sie inne, bis sie sich wieder
halbwegs unter Kontrolle hatte. Als sie aufsah, erblickte sie ihn.
    Auf der anderen Straßenseite, direkt gegenüber dem Hoteleingang,
stand Tommy, einen Blumenstrauß in der Hand. Sie flog fast auf ihn zu.
    »Ist der für mich?«, strahlte Heike, als sie ihrem neuen Freund gegenüberstand.
    »Ja«, grinste sein lausbübisches Gesicht. »Für wen sonst?«
    »Danke. Sie sehen aus wie die Blumen im Januspark.«
    »Da kommen sie auch her. Frisch gepflückt.«
    Sie lachte auf. »Blumendiebstahl wird von unserem Inselpolizisten
mit schweren Strafen geahndet.«
    »Er hat mich ja nicht erwischt. Und du wirst es ihm nicht verraten, oder?«
    »Nein.«
    »Wie lange hast du Zeit?«, fragte er sie.
    »So lange du willst. Und jetzt lass uns hier verschwinden. Uns muss
ja nicht das ganze Hotel sehen.«
    Wenig später gingen sie Hand in Hand am Strand spazieren, weit
entfernt von neugierigen Blicken.
    »Lass uns wegfahren«, bat Heike. »Nur ein paar Tage oder am Pfingstsonntag.«
Sie wollte weg von der Insel. Egal wie lange und egal wohin. Und es war ihr
auch fast egal, mit wem. Nur fort. Etwas Abstand von ihrem Bruder und der Mutter gewinnen. Und ihre Wut und Verzweiflung
vergessen.
    »Ich muss arbeiten«, entgegnete Tommy.
    »Kannst du dir nicht morgen freinehmen? Wir können mit dem Flieger
aufs Festland rüber, dann sind wir unabhängig. Montagfrüh sind wir wieder
zurück. Bitte.«
    Tommy zögerte.
    »Ich möchte so gerne wissen, wo du wohnst. Und mit dir einen schönen Nachmittag verbringen, ohne dass ich
ständig Angst haben muss, beobachtet zu werden. Hier auf der Insel ist man nie
für sich, alles spricht sich sofort herum. Und ich möchte dich doch gerne näher
kennenlernen.« Sie wusste, dass das nicht der wahre Grund für ihr Anliegen war.
Aber irgendwie musste sie Tommy ja überreden.
    »Na gut«, lenkte Tommy ein. »Ich spreche später mit dem Chef. Vielleicht
klappt es ja.«
    »Danke.« Sie fiel ihm um den Hals.

14
    Zum ersten Mal, seit er auf der Insel war, betrat Rainer
Esch die Spelunke . Es war noch früh an diesem
Samstagabend, nur die Bänke an der langen Theke waren besetzt. Dahinter stand
ein Kerl wie ein Baum. Der Anwalt kannte ihn bereits von seinem letzten
Juistaufenthalt: Deti. Der Wirt begrüßte den Neuankömmling mit seinem dröhnenden
Bass.
    Rainer nickte ihm zu und bestellte ein Bier. Dann sah er sich um. Irgendwas
war anders, als er es in Erinnerung hatte. Nach kurzem Nachdenken wusste er es:
Der Tauchanzug stand nun links neben dem Eingang. Durch einen zusätzlichen
Durchgang in der Wand hinter der Theke konnte die Kneipencrew an einem weiteren
Tresen im Nebenraum bedienen. Und auch das gebrochene Ruder mit der Aufschrift

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