Töwerland brennt
Shit happens war von seinem angestammten Platz über dem
Stammtisch umgezogen.
Auf der Bank rechts von Esch hockten zwei Männer und unterhielten
sich angeregt. Von Zeit zu Zeit mischte sich Deti in die Unterhaltung ein. Da
die Musik nur im Hintergrund lief und nicht wie zu später Stunde für das
Trommelfell bedrohliche Dezibelstärken erreichte, verstand Rainer, worum sich
die Unterhaltung drehte.
»Die wollen doch tatsächlich eine Leitung vom Hafen bis zur
Baustelle legen, um den Beton da durchzupumpen«, sagte der eine, dessen Nase
rot angelaufen war.
»Was? Ein Rohr?« Sein Trinkkumpan lispelte leicht.
»Nee, eher so was aus Kunststoff. Aufgeständert in zwei, drei Metern
Höhe, dass da keiner drankommt. Aber soweit ich weiß, hat die Verwaltung die
Genehmigung nicht erteilt.«
»Und jetzt?«
»Werden die sicher eine mobile Betonmischanlage direkt an der
Baustelle aufbauen und den Sand und das ganze andere Zeugs mit Fuhrwerken
transportieren müssen.«
»Und wer soll das machen?«
»Na, wer wohl?«
»Die Fuhrunternehmer?«
»Klar.«
Deti brachte zwei neue Biere und Korn zu den beiden. »Ich habe gehört«,
meinte er, »dass sich der Janssen mit Gerrit Harms zusammentun will. Janssen
hat die Pferde, Harms das Geld.«
Die Männer lachten.
»Janssens paar Gäule werden die Mengen, die da erforderlich sind,
allein sicher nicht transportieren können.« Rotnase hob das Schnapsglas. »Einen
nehmen wir noch.«
»Deshalb möchte ja auch Harms da einsteigen«, bekräftigte Deti seine
Aussage, während er nachgoss. »Die kaufen gemeinsam noch mehr Pferde.«
»Harms und Geld? Da lachen ja die Hühner.«
Sie prosteten sich zu.
»Außerdem hat Janssen nicht genug Ställe, um die Viecher unterzubringen.
Und Weidefläche erst recht nicht.« Der Lispler schaute in die Runde.
»Könnte er anpachten«, widersprach der Wirt. »Und Ställe kann man bauen.«
»Und wo will er das machen?«
Deti zuckte mit den Schultern.
»Siehste.« Der Lispeler hielt ebenfalls sein Schnapsglas hoch. »Die
Kommune wird ihm für die erforderlichen Weideflächen kein Land verpachten. Vor
allem nicht, weil die Investoren ja auch mit Janssen verhandelt haben. Einer gegen
den Rest? Nie im Leben. Unser Gemeinderat will es sich nicht mit den anderen
beiden Fuhrunternehmen verderben. Die wollen doch auch ein Stück vom Kuchen
abhaben.«
»Das Grundstück von Harms im Loog wäre natürlich eine Möglichkeit«,
sinnierte Rotnase. »Jetzt, wo der Schuppen abgebrannt ist. Platz ist da ja.«
»Der kriegt dort für Ställe nie eine Baugenehmigung.«
»Was sagen eigentlich die anderen Fuhrunternehmer dazu, dass Janssen
mit Harms und den Investoren einen Alleingang
plant?«, erkundigte sich Deti.
»Die sind schier begeistert, was denkst du denn?«, erwiderte
Rotnase. »Da schert einer der Ihren aus und ein Hotelier will auch davon
profitieren. Vor allem der Steegmann ist stinksauer. Ich habe ihn gestern
getroffen. Der hat kein gutes Haar an Janssen und Harms gelassen. Ist ja auch
kein Wunder.« Er senkte seine Stimme. »Würd mich nicht wundern, wenn die dem
Gerrit eine Warnung geschickt hätten.«
Die Männer schwiegen einen Moment und schienen über die Anschuldigung
nachzugrübeln.
Schließlich meldete sich der
Wirt erneut zu Wort: »Das kann ich mir nicht vorstellen. Es steckt doch wegen
so ein paar Euros keiner dem anderen die Bude an.«
Rotnase warf einen Blick zu Esch hinüber. »Von wegen ein paar Euros. Aber nicht so laut. Muss
ja nicht jeder hören, über was wir quatschen. Außerdem hat Deti recht, sind ja
alles nur Vermutungen.« Er sah auf seine Uhr. »Ich nehm noch ein Gedeck. Und
dann zahlen. Sonst gibt’s wieder Ärger mit meiner Susi.«
Der Lispler legte den Bierdeckel auf sein Glas, das Zeichen, dass
dies sein letztes Getränk war. »Ich zahl dann auch.«
Kurze Zeit später waren die beiden verschwunden.
Rainer bestellte noch ein Bier. »Es geht mich zwar nichts an, aber
haben Sie gerade von dem Neubau gesprochen, der am Kurplatz hochgezogen wird?«
»Richtig«, dröhnte Deti. »Das Atlantic .
Wobei im Moment von Hochziehen keine Rede sein kann.«
»Warum?«
»Zum einen ist Saison. Da darf auf Juist nicht gebaut werden. Außerdem hat die Gemeinde einen Baustopp verhängt.«
»Weshalb das denn?«
»Die mussten, um den Untergrund zu stabilisieren, Spundwände aus Metall
einbauen. Auf Juist wird ja alles im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand
gesetzt. Die großen Platten sollten mit Rammen in den Boden getrieben
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