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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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die Brandstiftungen, den verhafteten
Verdächtigen, den Streit um den Bau des Atlantic .
Mein Bruder war vor anderthalb Wochen für einige Tage unterwegs, angeblich bei
einem Lieferanten. Gestern habe ich diesen Mann in der Hoffnung angerufen, mein
Bruder sei erneut zu ihm gefahren. Leider erfolglos. In diesem Gespräch hat mir
der Händler versichert, dass er Gerrit schon seit mehr als einem Jahr nicht
mehr gesehen hat. Zwei Tage nach ihrem angeblichen Treffen kehrte Gerrit zurück,
kurz darauf kamen Sie nach Juist und wurden mit meinem Bruder zusammen gesehen.
Alles Zufall?«
    Rainer entschloss sich zur Wahrheit. »Nein. Sie liegen richtig mit
Ihrer Vermutung. Ihr Bruder hat mich beauftragt. Am Montag letzter Woche war er
in unserer Kanzlei.«
    »Weswegen?«
    »Es sind an ihn adressierte Briefe eingegangen, in denen mit Brandstiftung
gedroht wird.«
    Heike Harms atmete tief aus. »Erpressung?«
    »Es sieht so aus. Allerdings stellt der Briefverfasser keine Forderungen,
sondern droht nur in Form von Limericks.«
    »Der Erpresser schreibt Gedichte?«
    »Ich weiß, dass es sich seltsam anhört, aber es ist so. Allerdings
würde ich die von ihm verzapften Fünfzeiler nicht Gedichte nennen.«
    »Limericks sind eine Form des Gedichts.«
    »Ich wollte damit sagen, dass der Verfasser nun nicht gerade ein
Sprachgenie ist. Sehr ungewöhnlich.«
    »Warum? Ich kann mir vorstellen, dass viele Erpresser schlechtes
Deutsch schreiben.«
    »Natürlich. Nur ist eine
Erpressung ohne konkrete Forderung
ziemlich unüblich. Darauf bezog sich meine Bemerkung.«
    Sie nickte. »Bitte zeigen Sie mir die Briefe.«
    Rainer schluckte. Bis jetzt hatte er nicht daran gedacht, Kopien der
Schriftstücke anzufertigen. Aber er hatte sie entgegen Harms’ Befürchtungen
auch nicht wirklich für bedrohlich
gehalten, vor allem, nachdem der Brandstifter festgenommen worden war. Esch
hatte den Auftrag eigentlich nur wegen des fürstlichen Honorars angenommen.
»Ich habe sie leider nicht. Aber ich nehme an, dass Ihr Bruder sie sicher
aufbewahrt hat. Ich habe ihm jedenfalls dazu geraten.«
    Sie zögerte einen Moment. Dann sagte sie: »Er hat die Briefe
vermutlich im Safe eingeschlossen. Wollen sie mich begleiten?«
    Zehn Minuten später nahm Heike Harms im Büro des Sanddornhotels ein Ölbild von der Wand, welches einen
rot-weißen Leuchtturm vor blauem Himmel und stürmischem Meer zeigte. Dahinter
befand sich ein Wandtresor von vielleicht dreißig Zentimetern Seitenlänge.
    »Wirklich hervorragend getarnt, dieser Safe«, murmelte Rainer belustigt.
    »Wie bitte?«
    »Nichts. Ich habe nur laut gedacht. Es war nicht wichtig.«
    Heike Harms betrachtete das Zahlenschloss des Safes. »Ich kenne den
Code nicht«, meinte sie.
    »Versuchen Sie es mit seinem Geburtstag«, schlug Rainer vor. »Nicht
besonders originell, wird aber immer wieder gern genommen.«
    Die junge Frau drehte mehrmals am Zahlenrad. »Klappt nicht.«
    »Können Sie damit umgehen?«, erkundigte sich Rainer.
    »Nein. Sie?«
    »Bei den meisten dieser Schlösser funktioniert das folgendermaßen:
Sie benutzen drei Zahlen von jeweils null bis neunundneunzig. Die erste Zahl
müssen sie vier-, die zweite drei- und
die dritte zweimal einstellen. Dann müsste sich das Schloss öffnen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Esch zeigte auf den Tresor. »Wir haben ein solches Schätzchen in
unserem Büro. Zwar eine andere Marke, aber die Dinger funktionieren alle nach
demselben Prinzip.«
    Heike Harms drehte am Zahlenring, wie es Esch ihr erklärt hatte.
»Nein.«
    »Versuchen Sie den Geburtstag
Ihrer Mutter. Oder Ihren.«
    Kurz darauf klackte es hörbar und die Tresortür öffnete sich.
    »Sie sollten den Code ändern, wenn ich gegangen bin«, riet Rainer.
    Heike Harms antwortete nicht, sondern griff in das Innere des Safes
und zog eine Hülle aus Kunststoff hervor. »Hier sind die Briefe«, meinte sie
und begann zu lesen. Als sie geendet hatte, verschloss sie den Tresor und ging,
die Briefe immer noch in der rechten Hand, an Esch vorbei zur Tür. Dort blieb
sie stehen und meinte nur: »Kommen Sie. Wir gehen zu meiner Mutter.«
    Maria Harms bewohnte eine Wohnung im obersten Stockwerk des
Hotels.
    Ihre Tochter führte Rainer vom Aufzug in einen Nebentrakt des Gebäudes,
klopfte und wartete, bis eine heisere Stimme »Herein« antwortete.
    Der Anwalt folgte Heike Harms ins Innere.
    »Mutter, bist du im Wohnzimmer?«, rief sie. »Ich habe Besuch mitgebracht.«
    »Wer ist es?«, krächzte es aus einem der

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