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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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Zimmer.
    »Ein Anwalt. Er heißt Esch. Du kennst ihn nicht.« Sie gab Rainer zu
verstehen, dass er ihr folgen solle.
    Kurz darauf stellte er sich der Seniorchefin des Hotels vor. Maria
Harms saß in einem mit Brokat bestickten Ohrensessel und beäugte ihr Gegenüber
misstrauisch.
    Ihrem zerfurchten Gesicht nach zu urteilen, war sie etwa siebzig
Jahre alt und im Vergleich zu ihren Kindern auffällig klein.
    »Was will ein Anwalt von uns?«, fragte sie.
    »Gerrit hat ihn engagiert.«
    »Wofür?«
    »Das ist etwas kompliziert. Also, er …«
    »Red nicht um den heißen Brei herum«, befahl ihre Mutter barsch.
»Warum brauchen wir einen Anwalt?«
    Heike holte tief Luft. »Wir werden erpresst.«
    Wenn Maria Harms überrascht war, hatte sie sich außergewöhnlich gut
unter Kontrolle. Ihre Mimik blieb unverändert, als sie die Nachricht hörte.
    »Und inwiefern soll uns ein Anwalt dabei helfen? Das ist Sache der Polizei.«
    »Ihr Sohn meinte, dass wir die Polizei zunächst heraushalten sollten«,
ergänzte der Anwalt.
    Maria Harms warf ihrem Besucher einen vernichtenden Blick zu. »Ich
kann mich nicht erinnern, Sie nach Ihrer Meinung gefragt zu haben«, giftete
sie.
    »Mutter!« Heike Harms griff wieder in das Gespräch ein. »Herr Esch
wurde von Gerrit beauftragt. Es gibt keinen Grund, ihn so anzufahren.«
    Maria Harms schien unbeeindruckt vom Tadel ihrer Tochter, die ihr
die Erpresserbriefe aushändigte. »Kennst du diese Schreiben?«, fragte Heike
sie.
    Ihre Mutter legte die Briefe, ohne sie überhaupt angesehen zu haben,
auf den Tisch vor sich. »Nein.«
    »Warum ignorierst du sie dann?«
    »Ich befasse mich nicht mit den Briefen von Kriminellen. Gib sie der Polizei. Soll die sich mit dem Schund
beschäftigen.«
    »Bitte lies sie. Vielleicht
kannst du ja etwas damit anfangen.«
    Widerstrebend nahm ihre Mutter die Schriftstücke zur Hand. Heike Harms drehte sich um und sah aus dem
Fenster.
    Als die ältere Frau den ersten der vier Limericks las, weiteten sich
ihre Augen. Beim zweiten schlug sie
erschreckt die Hand vor den Mund, ihre Gesichtsfarbe wurde fahl. Ihre Hände
zitterten, als sie die Blätter zurücklegte. Ein
paar Minuten später erst hatte sie sich wieder vollständig in der Gewalt.
    »Schlechte Reime, würde ich sagen«, bemerkte sie trocken. »Gib sie
der Polizei. Und jetzt möchte ich meine Ruhe haben. Sag Nicole, sie soll mir
einen Tee bringen.« Maria Harms lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schloss
die Augen.
    Heikes Stimme war die Enttäuschung anzuhören. »Ist das alles, was du
dazu zu sagen hast?«
    »Ja.«
    »Wie du meinst«, Heike unterdrückte nur mühsam ihre Verärgerung. »Du bekommst deinen Tee. Bis nachher,
Mutter.«
    Den Gruß ihrer Tochter und Rainer Eschs erwiderte die alte Dame
nicht.
    Heike bat Rainer noch in ihr Büro. Dort fragte die junge Frau: »Sie
glauben also, es wäre besser, die Polizei herauszuhalten, obwohl mein Bruder
verschwunden ist?«
    »Was ich glaube oder nicht, spielt keine Rolle. Ihr Bruder hat mir
ein Mandat erteilt, in dessen Rahmen ich mich bewege. Die Information der
Polizei gehört eindeutig nicht dazu.«
    »Was raten Sie uns also?«
    »Uns?«
    »Na gut. Mir.«
    »Ich halte es für möglich, dass der Erpresser unter Ihren Angestellten
zu finden ist.«
    »Ausgeschlossen.«
    »Das hat Ihr Bruder auch gesagt.«
    »Und er hat recht.«
    »Kennen Sie Ihre Angestellten?«
    »Selbstverständlich. Seit ich zurück im Betrieb meiner Eltern bin,
habe ich …«
    »Ich meine damit auch diejenigen, die früher in Ihrem Hotel beschäftigt
waren«, unterbrach sie Rainer.
    »Da muss ich passen. Aber bei uns haben immer nur Stammkräfte gearbeitet.«
    »Sicher?«
    Sie dachte nach. »Nein, sicher nicht. Ich bin ja erst nach meinem
Studium vor zwei Jahren wieder nach Juist zurückgekehrt.«
    »Sehen Sie.«
    »Was schlagen Sie jetzt vor?«
    »Besorgen Sie mir die Personalunterlagen.«
    »Alle?«
    »Wie weit reichen diese denn zurück?«
    »Ich glaube mehr als dreißig Jahre.«
    Rainer atmete tief durch. »Puh. Aber gut. Alle.«
    »Das dürften etwa zehn Ordner sein. Ich lasse sie Ihnen später in
Ihr Hotel bringen. Ich denke nicht, dass es meiner Mutter recht wäre, wenn ein
Fremder, auch wenn er Anwalt ist, unsere Unterlagen sichtet. Und sie ihn dabei
noch in meinem Büro ertappt.«
    Zurück im Hotel, versuchte Rainer, Elke zu erreichen. Es meldete
sich nur die Mailbox ihres Handys, die ihm mitteilte, dass seine Freundin
vorübergehend nicht erreichbar sei. Esch
wartete

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