Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toggle

Toggle

Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
Vom Netzwerk:
Bestimmtheit, »und passt auf die Kinder auf.« Pia unterdrückte ein Grinsen. »Wenn ich alles richtig verstanden habe, hat deine Frau mit den Typen von der Societas Jesu Reloaded noch ein ganz privates Hühnchen zu rupfen. Wozu braucht sie dich dabei?«
    »Als äh … Schutz?«, sagte Holzwanger.
    »Dich kennt jeder! Mich nicht. Außerdem«, er klopfte seinem Noch-Chef gönnerhaft auf den Rücken, »brauche ich eine Verbindung mit hoher Bandbreite zum Rechenzentrum in Valley Hills. Könnte sein, dass die 3G-Abdeckung in Mellau nicht reicht. Wir richten dir zu Hause eine kleine Kommandozentrale ein, dann kannst du deine Brut im Auge behalten, während du für mich Datenpakete hin- und herschickst.«
    »Guter Plan«, stimmte Pia zu. Ihre Begeisterung ärgerte Holzwanger, aber er fand auf die Schnelle keine passende Replik.
    »Jetzt brauch ich erst mal einen Kaffee«, entschied Kingfish, von einer jähen Müdigkeitsattacke befallen.
    Pia sah ihn mit einem Ausdruck an, den in ihrer Familie alle kannten: »Kein Mikrogramm Koffein mehr! Du wirst die Fahrtnach Mellau über schlafen, so wahr ich die Mutter von vier Kindern bin!«
    Ihre Stimme duldete keinen Widerspruch.

[Menü]
    107
   Mellau (Buchhandlung)
Mittwoch, 5.   August, 15   :   00
    Im hellen Sonnenlicht räumte die Buchhändlerin ein paar ältere Neuerscheinungen von den Tischen ins Wandregal, um Platz für neuere Neuerscheinungen zu machen, als sie hinter sich Geräusche hörte. Die meisten Kunden wollten nicht gleich angesprochen werden, also setzte sie unbeirrt ihre Arbeit fort. Das nachdrückliche Räuspern einer Männerstimme verwies sie allerdings auf einen Irrtum. Sie drehte sich um und erschrak.
    »Sie schon wieder?«, entfuhr es ihr. Zugleich überlegte sie, wo sich der Berg mit den unverkäuflichen Dijkerhoff-Titeln befand. Oje – unter einem der Tische, unschwer in der Ecke zu erkennen.
    »Das klingt nicht gerade nach überschäumender Wiedersehensfreude«, reklamierte Professor Reimar Dijkerhoff. »Liegt meine Anwesenheit nicht eigentlich nahe? Wenn sich am Horizont elementare Entscheidungen abzeichnen, bedürfen sie der Begleitung eines weltgewandten Philosophen. Zu Ihrer Beruhigung«, er hob beschwichtigend die Hände, »diese Entscheidungen werden nicht vor Publikum gefällt. Sie müssen sich also gegen keinen Käuferansturm wappnen.«
    Die Buchhändlern trat einen Schritt auf den Tisch zu, unter dem das weltabgewandte Lebenswerk eines Philosophen verstaubte.
    »Ganz anderes Thema«, fuhr Dijkerhoff fort. »Meine Suche nach der Bücherkiste, die der Sommelier neulich hinter dem Bordeaux fand, blieb leider ergebnislos. Ist sie vielleicht bei Ihnen gelandet?«
    »In der Tat«, nickte die Buchhändlerin. »Ich habe die Exemplare gründlich reinigen lassen. Jetzt geben sie wenigstens eine schöne Dekoration ab.«
    Sie deutete auf ein dunkles Holzregal hinter der Kasse. Goldgeprägte Lettern auf fleckigem Leder strahlten eine ehrwürdige Ruhe aus. Es waren Exponate aus der früheren Schlossbibliothek. Ohne zu zögern, betrat der Philosoph den für Kunden gesperrten Kassenbereich und überflog dort die Titel auf den Buchrücken.
    »Herrje«, murmelte Reimar Dijkerhoff, »ich wusste, dass auf Mellau die Uhren anders gehen, aber dass die Zeit hier rückwärts läuft, hätte ich nicht erwartet.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte die Buchhändlerin.
    »Das sind alles Traktate aus dem 19.   Jahrhundert, die ins Zeitalter der Alchemie zurückverweisen. Na ja, der Stammvater Mellaus hatte ja auch eine esoterische Schlagseite.« Er zog einen kleineren Band heraus. Seine Stirn legte sich in Falten. »Das hier allerdings fällt aus dem Rahmen! Was wollen Sie dafür?«
    Die Buchhändlerin warf einen kurzen Blick auf den Titel. »So was liest keiner«, erklärte sie abfällig, »und das Format stört nur den geordneten Rhythmus der Buchrücken. Nehmen Sie es mit!«
    Dijkerhoff schlug den Oktavband auf. Das Recht der Neutralität oder Von den gegenseitigen Pflichten neutraler und kriegführender Mächte verkündete die Abfolge von Frakturlettern, eine fast wortgetreue Übersetzung des italienischen Dei doveri dei Principi neutrali verso i Principi guerreggianti, e di questi verso i neutrali.
    »Seltsamer Zufall«, sprach er halblaut zu sich selbst. »Sollte man mal einen Blick reinwerfen.« Dann übermannte ihn wieder das Gefühl der eigenen Bedeutsamkeit, und er hob mahnend den Zeigefinger: »Elementare Entscheidungen stehen an! In genau …«, er sah

Weitere Kostenlose Bücher