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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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Polizist. »Wir kennen uns. Würden Sie bitte noch mal den Kofferraum öffnen. Oder haben Sie die Kisten schon ausgeladen?«
    »Ich brauche einen Arzt, bitte«, bettelte Purgler. »Da sind doch nur Bücher drin. Das wissen Sie doch!«
    »Eben«, meinte der Polizist. Er warf einen Blick auf Purglers Hand. Das Blut hatte den Papierverband unappetitlich verkrustet. »Wir fahren Sie erst mal in eine Klinik. Danach allerdings nach Moabit. Sie sind vorläufig festgenommen.«
    Anton Purgler brach in Tränen aus: »Aber meine Bewährung läuft noch!«
    »Jetzt nicht mehr«, entschied der Polizist. »Kommen Sie! Oder muss ich Sie bei der Hand nehmen?«
    Purgler zuckte zusammen. Dann stieg er folgsam aus.
    »Wenn harte Männer weiche Knie kriegen«, kommentierte der zweite Polizist im Streifenwagen, verließ widerwillig seinen trockenen Unterschlupf und öffnete die Hecktür. »Nehmse Platz auf unseren Komfortsitzen. Garantiert bandscheibenfreundlich und hundert Prozent furunkelvermeidend.« Unsanft schubste er Purgler hinein.
    Zwölf Parkplätze weiter wartete am Straßenrand eine dunkle Limousine mit gelbem Kennzeichen. Ein dünnes Lächeln umspielte die Lippen des Mannes hinter dem Steuer.
    Kleinkriminelle waren so leichtsinnig!
    Wiegten sie sich in Sicherheit, fielen sie über kurz oder lang in ihre alten Gewohnheiten zurück: Diebstahl, Hehlerei, Betrug. Dassfünf Kisten in der Lagerhalle fehlten, hatte dem Mann blitzartig seine Chance verraten: Ein Anruf bei der Polizei, schon war ein Mitwisser vom Hals geschafft! Wenn damit ein unschätzbares Buch in die Asservatenkammer der Berliner Justiz wanderte, bedeutete das keinen Nachteil. Dank der SR – 300 lag dessen Inhalt in digitaler Form vor, und sicherer als in einer staatlichen Asservatenkammer konnte man nichts aufbewahren.
    Der Mann öffnete die Wagentür und entleerte seinen überquellenden Aschenbecher auf die Straße. Daumennagelgroße Kippen von filterlosen Zigaretten schwammen in Richtung Gully.
    Dann startete er zufrieden den Motor.

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    12
   INTERMEZZO Paris
Montag, 8.   April 1754
    Pierre Carlet de Marivaux liebte das Amt des Secrétaire perpétuel , des lebenslangen Sekretärs der Académie française, das ihm neben einer prächtigen Dienstwohnung und einem ehrenvollen Rang im höfischen Gefolge auch eine jährliche Rente von 5000 Livres bescherte. Aber er hasste die Tage, an denen ihm sein Diener Jean-Baptiste noch vor der morgendlichen Ankleidezeremonie ein Billett überbrachte, das energisch auf seine Anwesenheit im Louvre pochte, dem Sitz der Akademie.
    »Wie soll ich jemals die Femme fidèle vollenden«, rief er voller theatralischer Verzweiflung über die Schwierigkeiten mit seiner neuen Komödie, »wenn mich alle acht Tage irgendein Schwachkopf beim Dichten unterbricht!«
    Er war ein beliebter Dramatiker, doch kam seine Kunst allmählich in die Jahre. Inzwischen rang er mit den Worten, die Femme fidèle wollte einfach nicht gelingen. Vielleicht hatte er einfach zu wenig Kontakt zum schönen Geschlecht? Mit den Gebresten des Alters, Marivaux war 66 geworden, schrumpften die Gelegenheiten zum galanten Gespräch.
    »Es geht um die Affäre Dijon, Sire«, erklärte Jean-Baptiste, derguten Kontakt zu den Dienstboten der anderen Akademiemitglieder hielt und deshalb stets gut informiert war. »Gestern kam ein Schreiben aus Neapel, das allgemein für Irritationen sorgte.«
    »Neapel!« Pierre Carlet de Marivaux schüttelte sich. »Wo liegt Neapel? In Afrika! Muss Paris auf Afrika reagieren?«
    »Sehr wohl«, sagte Jean-Baptiste beflissen. »Ich werde Baron de Montesquieu sagen, dass Euer Hochwortgeboren unpässlich sind.«
    »Der Baron hat das Billett persönlich vorbeigebracht?«
    »Er wartet unten in der Halle.«
    »Dann reichen Sie mir meine Perücke und lassen Sie in Gottes Namen die Pferde anspannen.«
    Sein Diener schüttelte den Kopf: »Der Baron will Euer Hochwortgeboren in seiner Kalesche mitnehmen. Er hat es eilig.«
    Pierre Carlet de Marivaux seufzte. Einen Baron de Montesquieu durfte man nicht verärgern. So ließ er sich von Jean-Baptiste ankleiden, während sich seine Laune noch weiter eintrübte.
    Die Dijonaffäre lag dem Sekretär im Magen.
    Statt sich der Sprachpflege zu widmen, wie es ihre angestammte Aufgabe war, hatte die Académie française auf Geheiß des Königs und unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit die Abwicklung des diesjährigen Prix de morale übernommen. Hinter dem hochtönenden Namen verbarg sich freilich keine

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