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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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mal rein privat«, sagte der Untersuchungsrichter mit gesenkter Stimme: »Ich sammle historische Kochbücher. Haben Sie da was im Angebot?«

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   Mellau (Forchbach)
Dienstag, 27.   Juli, 13   :   30
    Zu Mittag waren Wolken aufgezogen, und über Schloss Mellau hatte es zwanzig Minuten lang genieselt. Jetzt strahlte die Sonne wieder und überzog das Gelände mit dem Glitzern Millionen kleiner Tröpfchen auf Blättern und Gräsern. An manchen Stellen dampfte der warme Boden die Feuchtigkeit noch ab, während die Steinplatten auf den Terrassen in Windeseile wieder getrocknet waren.
    Joshi Holzwanger kletterte einen Hang hinunter.
    Zweihundert Meter südlich des Schlossgebäudes fiel die Landschaft steil ab. Ein schmaler Trampelpfad und eine bemooste Holztreppe führten zur tiefer gelegenen Ebene am Forchbach, die nach dem großen Brand zu einem kleinen Freizeitpark ausgebaut worden war. Neben Tennisplätzen befanden sich mehrere Boule-Bahnen in der Senke, ein nach Bedarf bewirtschaftetes Gartencafé, ein Außenpool mit großzügigen Liegeflächen und eine halboffene Hütte mit Massagepritschen, die freilich wegen der heimtückischen Bremsen selten frequentiert wurde. Der Geruch des Massageöls lockte die Insekten an, statt sie abzuschrecken. Aus einer finnischen Sauna im Blockhausstil konnte man direkt in den Forchbach springen, was allerdings eher ein herbstliches Vergnügen darstellte, denn im Sommer erquickte man sich lieber ohne vorige Erhitzung am strudelnden Gletscherwasser.
    Joshi schmollte.
    Zu seinem großen Ärger hatte der Fünfjährige am Morgen das Eidechsenrennen verloren. Unbeirrt war sein Favorit in die falsche Richtung gelaufen, bis er ihn vor Wut zertrampelt hatte. Jetzt suchte er zum Ausgleich nach weiteren Stücken für seine Sammlung. Das Gelände rund ums Hotel hatte er schon komplett abgegrast, doch Olga, seine Schwester, hatte ihm zugeflüstert, im Forchbach lebten Krokodile.
    Genau dort, nicht weit von der Blockhütte entfernt, stand jemand im Wasser. Der konnte Joshi helfen, das Krokodil herauszuziehen. Das war nicht gefährlich, denn Olga hatte ihm verraten, dass Krokodile bei Kälte steif wurden und sich dann ohne Gegenwehr einsammeln ließen. Das Wasser des Forchbachs war kalt. Aber Krokodile wogen eine Menge, und Joshi war nicht gerade stark für sein Alter.
    Als der Junge am Bach ankam, war sein Helfer schon wieder verschwunden. Dafür lag eine Frau im quirligen Wasser und kühlte sich ab.
    »Badest du mit Klamotten?«, fragte Joshi erstaunt.
    Die Frau antwortete nicht.
    »Da sind Krokodile drin«, sagte Joshi sehr ernsthaft. »Die können einem zwar nicht wehtun, weil sie stocksteif gefroren sind, aber vielleicht liegst du auf einem, und das wäre nicht gut.«
    Er ließ offen für wen.
    »Bist du tot?«, fragte Joshi.
    Keine Antwort.
    Die war tot.
    Unter der Wasseroberfläche schimmerte es silbern.
    Joshi griff zu.
    Das war wenigstens eine Entschädigung dafür, dass die Tote keinen Schwanz hatte, den man sich als Trophäe anheften konnte!
    Der Fünfjährige steckte den Schatz ein und ging weg.

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   Mellau (Tanzsaal)
Dienstag, 27.   Juli, 13   :   45
    Der Toggle-Personalchef ließ seinen Blick über die Stuhlreihen schweifen. Der nervige Journalist war nicht mehr da, worüber man kaum traurig sein musste. Melissa fehlte. Erik, der Togg-Jockey, hatte sich noch nicht wieder am Regiepult eingefunden – nun gut, das ließ sich mit Melissas Verspätung in Beziehung setzen. Dijkerhoff schien gekränkt zu sein und hatte bereits das Mittagessen geschwänzt, doch selbst die umgängliche Professorin Siebenhofer schien wie vom Erdboden verschluckt. Im Auditorium fehlte jener Mann, der an unpassender Stelle laut aufgelacht hatte, dazu seine beiden Begleiter.
    Pia fehlte.
    Eigentlich schon die ganze Zeit. Jetzt, am Nachmittag, könnte sieruhig mal ihren Erholungsurlaub unterbrechen und ihm bei der Arbeit zusehen. Wie wacker er sich schlug! Wie diszipliniert er seine Selbstzweifel niederkämpfte, wie seriös er auftrat. Außerdem hatte ihr Cousin gleich seinen Auftritt.
    »Meine Damen und Herren«, sprach Holzwanger ohne rechten Schwung ins Mikrofon: »Obwohl noch nicht alle Gäste vom Mittagsmahl zurückgekehrt sind, möchte ich doch unsere Veranstaltung fortsetzen. Professor Joachim Sterzel aus Dresden wird ein Statement unter der Überschrift ›Unsere digitalen Schatten‹ abgeben. Bitte, Herr Professor!«

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    37
   Mellau (Lobby)
Dienstag, 27.   Juli, 13

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