Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
sicherlich«, sagte er wohlwollend, »und auch ein sehr bedeutender Mensch.«
    Miss Hazelstone sah den Kommandanten dankbar und mit ungewohnter Hochachtung an.
    »Das wußte ich gar nicht«, murmelte sie. »Oh, ich vergöttere den Mann geradezu«, fuhr der Kommandant fort und fügte als nachträglichen Gedanken hinzu: »Er wußte, wie man mit den Zulus richtig umgeht«, worauf er mit Erstaunen bemerkte, daß Miss Hazelstone plötzlich in ihr Taschentuch zu schluchzen begann. Van Heerden, der ihre Tränen als weiteren Beweis der tief en Zuneigung zu ihrem Großvater wertete, mühte sich weiter.
    »Ich wünschte nur, von seiner Sorte gäbe es heute noch mehr«, sagte er und stellte zufrieden fest, daß Miss Hazelstone ihn noch einmal dankbar über ihr Taschentuch hinweg ansah. »Es gäbe heute nur halb soviel Kummer in der Welt, wenn er wieder da wäre.« Er wollte gerade sagen: »Er würde sie dutzendweise hängen«, aber er sagte sich, daß das Hängen angesichts des voraussichtlichen Schicksals von Miss Hazelstones eigenem Bruder kein taktvolles Thema sei, und begnügte sich mit der Feststellung: »Er würde ihnen schnell das eine oder andere beibiegen.«
    Dem stimmte Miss Hazelstone zu. »Das würde er, o ja, das würde er. Ich bin so glücklich, daß gerade Sie, Kommandant, die Dinge so betrachten.«
    Kommandant van Heerden sah nicht ganz die Notwendigkeit für diesen Nachdruck ein. Es erschien ihm nur natürlich, daß ein Polizeioffizier sich an Sir Theophilus’ Methoden hielt, mit Verbrechern umzuspringen. Schließlich hatte Richter Hazelstone sich seine Vorliebe für das Hängen und Prügeln ja auch nicht aus den Fingern gesogen. Jeder wußte, daß der alte Sir Theophilus es sich zur Aufgabe gemacht hatte, dafür zu sorgen, daß sein Sohn William früh den Sinn für körperliche Züchtigungen entwickele, indem er sie dem Knaben praktisch vom Tag seiner Geburt an zukommen ließ. Dieses Pflichtgefühl erinnerte den Kommandanten an seine eigene unangenehme Aufgabe, und er sagte sich, dieser Augenblick sei so gut wie jeder andere, ihr endlich beizubringen, daß er genau wisse, daß Fünfpenny nicht von ihr, sondern von ihrem Bruder Jonathan ermordet worden sei. Er stand von seinem Sessel auf und fiel in den förmlichen Jargon seines Amtes.
    »Ich habe Grund zu glauben ...«, begann er, aber Miss Hazelstone ließ ihn nicht ausreden. Sie erhob sich von ihrem Ohrensessel und blickte hingerissen zu ihm auf, eine Reaktion, die van Heerden kaum erwartet hatte und gewiß nicht bewundern konnte. Schließlich war der Kerl ihr eigener Bruder, und erst vor einer Stunde war sie bereit gewesen, den Mord selber auf sich zu nehmen, bloß um ihn zu decken.
    Er begann wieder: »Ich habe Grund zu glauben ...«
    »Oh, ich auch. Das hab’ ich auch. Haben wir das nicht alle?« Und diesmal nahm Miss Hazelstone die riesigen Pranken des Kommandanten in ihre zierlichen Hände und blickte ihm in die Augen. »Ich wußte es, Kommandant. Ich wußte es die ganze Zeit.«
    Kommandant van Heerden brauchte man das nicht zu sagen. Natürlich hatte sie es die ganze Zeit gewußt, sonst hätte sie den Unmenschen ja nicht in Schutz genommen. Zum Teufel, dachte er, mit der ganzen Förmlichkeit. »Ich nehme an, er ist oben im Schlafzimmer«, sagte er.
    Der Ausdruck auf Miss Hazelstones Gesicht ließ auf eine gewisse Verwunderung schließen, was wohl, nahm der Kommandant an, darauf zurückzuführen war, daß sie plötzlich sein großes Talent als Detektiv erkannte. »Oben?« krächzte sie.
    »Ja. Im Schlafzimmer mit der rosageblümten Bettdecke.« Miss Hazelstones Erstaunen war nicht zu übersehen. »Im rosa Schlafzimmer?« stammelte sie und wich von ihm zurück. »Er bietet leider keinen sehr erfreulichen Anblick«, fuhr der Kommandant fort. »Er ist dun wie der Teufel.« Miss Hazelstone war nahe am Überschnappen. »Der Teufel?« brachte sie schließlich keuchend hervor. »Besoffen«, sagte der Kommandant. »Sternhagelvoll und über und über mit Blut beschmiert. Die Schuld steht ihm nicht bloß ins Gesicht geschrieben.«
    Miss Hazelstone hielt es nicht mehr. Sie eilte zur Tür, aber Kommandant van Heerden war vor ihr da.
    »O nein, das tun Sie nicht. Sie gehen nicht rauf und warnen ihn«, sagte er. »Er muß auslöffeln, was er sich eingebrockt hat.« Kommandant van Heerden hatte im stillen seine Zweifel, ob der Kerl noch oben sei. Selbst einen total Besoffenen mußte die Explosion aus dem Bett gehauen haben. Andererseits war der Mann wahnsinnig, und

Weitere Kostenlose Bücher