Tohuwabohu
lassen. In der Akte finden Sie das Telegramm, das sie geschickt haben.« Kommandant van Heerden zog das Telegramm hervor. »Ich komm damit nicht zu Rande«, sagte er. »Es ist chiffriert oder so was. Lesen Sie’s doch mal«, und er reichte Verkramp das Telegramm.
Der Luitenant nahm die Hieroglyphen in Augenschein. »Das ist doch ganz klar«, sagte er schließlich. »Jonathan Hazelstone 2 Jre Bezirk Bulawayo 3 Jre Amt Barotse zu gegenwrt Synode 3 Wcnn Stift Umtali. Jeder Idiot versteht das«, sagte er. »Ich aber nicht«, schnappte der Kommandant zurück. »Sagen Sie mir, was drinsteht.«
Verkramp seufzte. Das kam davon, wenn man einen ungebildeten Kommandanten hatte.
»Es ist ganz einfach. Er hat zwei Jahre im Bezirksgefängnis von Bulawayo gesessen, weil er ein Haus angezündet hat. Drei Jahre hat er gekriegt, weil er einen Barotse-Eingeborenen umgebracht hat, der gerade ein Nickerchen machte, und drei Wochen saß er in Umtali wegen Anstiftung einer Synode.« Kommandant van Heerden dachte einen Moment lang nach. »Was ist denn eine Synode?« fragte er.
»Sie haben doch sicher schon mal was von Syndikaten gehört, oder? Das sind Betrüger und Schwindler. Die stiften die Leute an, sündhaftes Geld für falsche Aktien und solche Sachen auszugeben.«
»Ach, so was ist das? Man sollte meinen, dafür hätten sie ihm mehr als drei Wochen aufbrummen können. Aber schließlich hat er drei Jahre für den Mord an dem Niggerjungen gekriegt, das war ja wiederum ganz schön gepfeffert«, sagte der Kommandant, der mit Erleichterung feststellte, daß er den richtigen Mann gefaßt hatte. Für ihn gab es jetzt keinen Zweifel mehr, daß er den Fall abschließen konnte. Ein Mann, der einen Barotse meuchelte, während der arme Hund schlief, würde wohl kaum zögern, wenn es darum ging, einen Zulu-Koch umzulegen. »Na schön, alles, was wir jetzt noch brauchen, ist ein hübsches kleines Geständnis«, sagte er. »Ich erwarte von Ihnen, daß es morgen früh auf meinem Schreibtisch liegt.« Luitenant Verkramp zuckte die Schultern. »Wenn Sie’s so schnell haben wollen, bitten Sie am besten Els darum. Nach meiner Methode muß der Gefangene mindestens drei Tage lang am Schlafen gehindert werden, und bei einem so hartgesottenen Profi wie diesem Kerl wird es schon länger dauern.«
»Ich kann Els nicht fragen. Wir können es uns nicht leisten, daß ein Hazelstone ohne Zehennägel und mit Hoden so groß wie Kürbissen in den Gerichtssaal gehumpelt kommt. Denken Sie mal, was die Verteidigung daraus machen würde. Überlegen Sie sich das doch mal. Nein, das Verhör muß mit aller Umsicht über die Bühne gehen, und deshalb beauftrage ich Sie, es durchzuführen«, sagte er, indem er seine Zuflucht beim Schmeicheln suchte. »Machen Sie mit ihm, was Sie wollen, aber sehen Sie zu, daß er noch in einem Stück ist, wenn Sie fertig sind.«
Mit dieser carte blanche hob der Kommandant die Unterredung auf und bestellte sich sein Abendessen. Im Hochsicherheitstrakt gab es kein Abendessen für Jonathan Hazelstone, und wenn, dann wäre fraglich gewesen, ob er viel Appetit daraufgehabt hätte. Er hatte gerade von dem alten Wärter erfahren, wie es dazu gekommen war, daß er das ungewöhnliche Vorrecht hatte, sich im »Kopf« hängen zu lassen.
»Es hat etwas mit dem zu tun, was Ihr Großvater in seiner Rede sagte, als er das Gefängnis eröffnete«, erzählte ihm der Wärter. »Er sagte, er wolle, daß man den Galgen schön in Ordnung hält, falls ihn seine Familie mal benutzen will.«
»Ich bin sicher, er meinte es gut«, sagte der Bischof bekümmert und wunderte sich über das schreckliche Erbe, das sein Großvater der Familie hinterlassen hatte. »Ihr Vater, der selige Herr Richter, der war ja ein großer Freund vom Galgen. Wie viele Leute, die ihre Henkersmahlzeit in der Zelle bekommen haben, in der Sie jetzt sind, haben mir nicht erzählt, sie wären sicher, so frei davonzukommen wie der Wind, und Gott verdammich, wenn Ihr alter Herr nicht hinging, sich die schwarze Kappe aufsetzte und sie verurteilte.«
»Den Ruf meines Vaters habe ich immer bedauert«, sagte der Bischof.
»Darüber würde ich mir jetzt keine Gedanken machen«, sagte der Wärter. »Der Galgen würde mich viel mehr zum Schwitzen bringen, wenn ich in Ihrer Haut steckte.«
»Ich habe alles Zutrauen in die Untadeligkeit des Gerichts«, sagte der Bischof.
»Er ist schon zwanzig Jahre nicht mehr benutzt worden«,fuhr der Wärter fort, »er funktioniert nicht zuverlässig.« l
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