Tokatas Todesspur
bemerkten wir sofort.
Dazu brauchte man kein großer Menschenkenner zu sein. Taira führte uns in einen kleinen Extra-Raum, wo man uns erfrischenden Tee servierte. Erst als wir unter uns waren, rückte der Kommissar vom japanischen Geheimdienst mit der Sprache heraus.
»Sie werden von Tokio erst gar nichts zu sehen bekommen, meine Herren«, erklärte er in seinem lupenreinen Englisch, »sondern direkt weiterfliegen nach Akita.«
»Das ist im Norden«, stellte ich fest. Ein wenig hatte ich mir die Karte angesehen.
»Genau, Mr. Sinclair.«
»Und wie geht es von dort weiter?« wollte Suko, mein Freund und Kollege, wissen.
»Mit einem Proviantschiff auf die Insel.«
Ich warf Taira einen langen Blick zu und nahm einen Schluck aus der dünnen Tasse. Der Tee schmeckte ein wenig bitter, aber er erfrischte.
»Wer weiß Bescheid?«
Der japanische Geheimdienstmann lächelte. »Von der Besatzung niemand. Sie sind als ausländische Verwaltungsfachleute und Zuchthausexperten gemeldet. Sobald Sie allerdings Ihren Fuß auf die Insel gesetzt haben, sind Sie auf sich allein gestellt. Der Leiter des Zuchthauses steht Ihnen zur Seite.«
»Kennt er unsere wahren Berufe?«
»Nein, Mr. Sinclair. Er weiß auch nur, daß Sie die Experten sind. Sein Name lautet Kamosana. Es ist möglich, daß er Sie bei Ihrer Ankunft in Empfang nehmen wird.«
»Okay«, sagte ich. »Auf der Insel wären wir also. Wie kamen wir wieder runter? Müssen wir solange warten, bis ein weiteres Proviantschiff erscheint?«
»Nein, ich werde mich in Sichtweite der Insel aufhalten, wenn alles klappt. Die Marine ist von uns eingeschaltet worden. Ich bleibe auf einem Patrouillenboot.«
»Wie setzen wir uns mit Ihnen in Verbindung?« fragte Suko.
»Sie erhalten Geräte.«
Damit war dieses Problem also auch gelöst. Taira erkundigte sich, ob wir noch spezielle Fragen hätten. Die hatten wir nicht.
»Und wie sieht es mit der Ausrüstung aus?« erkundigte er sich.
»Wetterfeste Kleidung befindet sich in unserem Koffer«, erklärte ich.
»Die brauchen Sie auch. Die Insel des Schweigens liegt ziemlich weit nördlich, und die Winter können in diesen Breiten verdammt unangenehm werden.«
»Wem sagen Sie das?«
Taira schaute auf seine Uhr. Sie war ein Wunderwerk der Technik mit zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten und Funktionen. »In knapp einer halben Stunde starten wir. Wenn Sie noch etwas erledigen wollen, zum Beispiel einen Anruf nach London, dann sofort.«
Wir schüttelten die Köpfe. Mit London hatten wir vorerst nichts im Sinn.
Die Insel des Schweigens war wichtiger und natürlich die beiden Samurais…
***
Ozaku glaubte, einer Halluzination erlegen zu sein. Die Ratte, die da vor ihm stand, die durfte es gar nicht geben. So groß, so gewaltig, daß sie die Umrisse eines Menschen angenommen hatte. Ihr Fell war dunkel.
Durch die Nässe lag es wie angeklatscht an ihrem Körper. Die Augen in dem großen schmalen Kopf bewegten sich flink, und Ozaku hatte das Gefühl, als würde die Ratte ihn wie eine Vorspeise betrachten. Sie war aus dem Schacht geklettert, hatte mit ihren Kräften sogar das Gitter hochgedrückt, was normalerweise fünf Männer nicht schafften, und dies zeugte davon, welche Energien in dem Körper des mutierten Tieres steckten. Ozaku überlegte eiskalt, trotz seiner großen Angst. Und er wußte auch, daß sich die Ratte ernähren mußte. Wovon? Der Schluß lag auf der Hand. Sie würde sich ihn als Beute aussuchen. Langsam wich Ozaku zurück. Es war schlecht, wenn er sich nur mit den Händen gegen das Biest verteidigte, falls es angriff. Er mußte es mit einer Waffe versuchen. Woher bekam er die?
Die großen Holzstäbe stachen ihm ins Auge. Damit müßte es eigentlich klappen.
Für die Stäbe gab es einen Ständer. Er war an der Wand befestigt und erinnerte an die Gewehrhalterungen in den Kasernen, Ozaku bewegte sich zurück und gleichzeitig nach rechts, um den Ständer zu erreichen.
Wenn er erst einmal eine Latte in der Hand hielt, war ihm wohler.
Das mutierte Tier ließ er dabei keinen Augenblick aus den Augen. Wenn es auf ihn zusprang, dann mußte er schnell reagieren.
Die Ratte verfolgte seinen Weg mit aufmerksamen Blicken. Ihre dunklen Augen nahmen jede seiner Bewegungen wahr. Noch hockte sie, aber schon öffnete sie ihr Maul, und Ozaku sah zum erstenmal ihr Gebiß.
Es bestand aus weißen, langen, spitzen Nagern, die eine Beute sicherlich zerreißen konnten.
Gleitend wich Ozaku zurück. Obwohl er aufgeregt war, schaffte er
Weitere Kostenlose Bücher