Tokatas Todesspur
freikämpfen.
Ihm blieben nur ein paar Sekunden. Während aus den Wunden am rechten Arm das Blut strömte, dachte er an sein Messer, das er unter seiner Kleidung verborgen trug. Mit Heftpflaster hatte er es an den Oberschenkel geklebt.
Bisher war er nicht dazu gekommen, die Waffe zu ziehen, jetzt mußte er sich die Zeit nehmen.
Die Hosenbeine waren ziemlich weit. Er konnte sie hochziehen. Mit beiden Händen krempelte er das linke auf, und zwar so weit, daß er den Griff zu fassen bekam. Mit einem Ruck riß er das Pflaster von der Haut.
Es war ein kurzer, beißender Schmerz, als noch ein paar Härchen kleben blieben, dann aber hielt er den Stahl in der rechten Hand. Das Messer hatte Stilettform. Es war schmal und sehr spitz. Wenn er damit zustach, konnte es tiefe Wunden reißen. Ozaku hoffte, mit dieser Waffe das Monstrum erledigen zu können. Einen flüchtigen Blick warf er auf seinen rechten Arm. Die Zähne waren doch tiefer in sein Fleisch gedrungen, als er angenommen hatte. Der Drillichstoff war an der Bißstelle zerrissen, die Fetzen hatten sich mit seinem Blut vollgesogen.
Zum Glück jedoch hatte der Biß keine Sehne verletzt. Ozaku konnte seinen Arm normal bewegen.
Geduckt stand er da. Schon immer war er ein Meister in der Handhabung des Messers gewesen, auch jetzt spürte er eine gewisse Sicherheit, die ihm die Klinge gab.
»Komm nur her!« flüsterte er heiser. »Komm nur, du verfluchtes Biest!«
Die Riesenratte griff an.
Sie nahm überhaupt keine Notiz von dem Messer. Zuerst bewegte sie sich nach rechts, dann jedoch schnellte sie gedankenschnell auf den Mann zu, der seinen Arm in Hüfthöhe und waagerecht durch die Luft stach und sein Ziel traf. Durch das Fell bohrte sich die Klinge und damit auch in den Körper der Monsterratte.
Ozaku schrie. Er ließ das Messer nicht los, zog es auch nicht zurück und wollte sehen, wie die Ratte starb. Jetzt mußte sie doch kippen - jetzt…
Sie fiel nicht.
Dafür bekam Ozaku ihre Reaktion zu spüren. Zwei Hiebe ihrer Pfoten, bei ihr schon Pranken, hackten in seine Schultern. Die Ratte stützte sich so ab und öffnete ihr Maul. Wieder mußte Ozaku mit dem Kopf zustoßen. Er nahm die Stirn. Sie wuchtete gegen die Schnauze der Ratte, so daß das Riesentier ein wildes Heulen ausstieß. Dann zog er das Messer aus dem Körper und sprang zurück. Die Pfoten rutschten an seinem Körper entlang, sie verletzten ihn nicht weiter. Wieder stach er zu.
Blutig war die Klinge, und zum zweitenmal verschwand sie im dichten Fell des Tieres.
Die Riesenratte zuckte. Ihr Fell war an zwei Stellen rot, doch das schien sie nicht zu kümmern. Sie wollte den Tod des Menschen und war offenbar unbesiegbar.
Erst jetzt dachte Ozaku daran. Normalerweise wäre so ein Tier längst erledigt gewesen. Nach diesen zwei tiefen Messerstichen konnte es einfach nicht mehr weiterleben, aber dieses Monstrum existierte noch, und es war nicht einmal geschwächt.
Alter Götterglaube, den Ozaku längst verdrängt hatte, wurde wieder hochgespült. Die Ratte war ein grauenhaftes Geschöpf, eine Mutation, gegen sämtliche Waffen gefeit.
Sie würde weiterkämpfen.
Bis zum Ende…
Ozaku mußte zurück, denn die Ratte näherte sich ihm. Sie stand nicht mehr, sondern ging auf allen vieren. Aus den Wunden tropfte Blut und hinterließ auf dem Boden eine dunkelrote Spur.
Schritt für Schritt wich Ozaku nach hinten. Er wollte die Wand im Rücken haben und dachte nicht mehr an den offenen Schacht. Als er sich nur noch einen Meter davon entfernt befand, da stieß sich die Ratte ab und hechtete auf ihn zu. Das Tier schien noch größer zu werden, als es sich in der Luft befand. Es war schwer für Ozaku, auszuweichen. Zudem wollte er noch zustechen und dem Biest eine dritte, hoffentlich tödliche Wunde versetzen. Da war der Schacht.
Noch bevor die Ratte gegen ihn fiel, trat Ozaku zwar nicht ins Leere, aber ins Wasser. Und das hat nun einmal keine Balken. Plötzlich sackte er weg. Auch durch noch so große Körperbeherrschung konnte er sich nicht mehr fangen. Er ruderte mit beiden Armen, schlug um sich, seine Hand klatschte noch auf den Rand des Schachts, doch Halt fand er nicht. Das Wasser schluckte ihn.
Zuerst war es ein Vorteil, denn die Ratte verfehlte ihn. Ihre beiden Pranken hieben gegen den Boden. Es klatschte laut, soviel Wucht lag hinter den Schlägen. Sie hätten Ozaku sicherlich getötet.
Von dem war nichts zu sehen. Der Schacht mit dem Wasser hatte ihn buchstäblich gefressen. Er tauchte tiefer ein,
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