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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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sie mich eine kleine Treppe hinauf. Ich hörte eine Tür aufgehen und mit einem hohlen, blechernen Knall wieder zufallen. Man stieß mich auf einen Stuhl und zog mir die Kapuze vom Kopf.
    Ich befand mich in einem Bauwagen. Schwaches Licht drang durch ein einzelnes Schiebefenster. Vor mir saß eine Gestalt mit dem Rücken zum Fenster.
    «Hi, John. Schön, Sie zu sehen.» Es war Holtzer, wer sonst.
    «Scheiße», sagte ich, versuchte bewusst, niedergeschlagen und verzweifelt zu wirken. Was nicht sonderlich schwer war unter den gegebenen Umständen. «Wie haben Sie mich gefunden?»
    «Ich wusste, dass Sie das mit Bulfinch erfahren und nicht aufgeben würden, die CD zu kriegen. Ich weiß, dass Sie über Möglichkeiten verfügen, an Informationen ranzukommen, und mir war klar, dass Sie mir gefährlich werden könnten, wenn Sie genügend Puzzleteile zusammenfügten. Vorsichtshalber haben wir um den Stützpunkt herum Leute postiert. Und prompt sind Sie uns in die Falle gelaufen.»
    «Scheiße», sagte ich erneut aus vollstem Herzen.
    «Seien Sie nicht so hart zu sich selbst. Sie waren ziemlich dicht dran. Aber Sie hätten wissen müssen, dass Sie den Kürzeren ziehen, John. Wie immer, wenn Sie sich mit mir anlegen.»
    «Stimmt», sagte ich und überlegte fieberhaft, wie ich fliehen könnte. Ohne die Handschellen würde ich es vielleicht schaffen, an Holtzer und den beiden Männern an der Tür vorbeizukommen, doch ich wusste nicht, wer alles noch draußen war. Mit den Handschellen hatte ich überhaupt keine Chance.
    «Sie wissen nicht mal, wovon ich eigentlich rede, nicht?», fuhr er fort. «Herrgott, Sie waren immer dermaßen blind.»
    «Wovon reden Sie?»
    Seine fleischigen Lippen verzogen sich zu einem verächtlichen Lächeln, und er formte lautlos vier Worte. Zuerst kapierte ich nicht, was er meinte, also wiederholte er sie, bis ich begriff.
    Ich -war der Maulwurf. Ich -war der Maulwurf.
    Ich senkte den Kopf und rang um Beherrschung. «Nie im Leben, Holtzer. Sie hatten gar nicht die erforderlichen Informationen. Es muss irgendjemand beim südvietnamesischen Militär gewesen sein.»
    «Glauben Sie?», fragte er, sein Gesicht dicht an meinem und seine Stimme leise und ekelhaft vertraulich, damit seine Männer ihn nicht verstehen konnten. «Erinnern Sie sich noch an Cu Lai?»
    Das kambodschanische Dorf. Ich spürte, wie ein widerliches Gefühl in mir hochkroch, das nicht von den Nachwirkungen des Elektroschocks rührte, den sie mir verpasst hatten.
    «Was ist damit?», fragte ich.
    «Wissen Sie noch: ‹Erledigt sie›? Wissen Sie noch: ‹Junger Mann, ich garantiere Ihnen, wenn ich Ihnen meinen Rang verrate, machen Sie sich vor Angst in die Hose›? Sie waren eine harte Nuss, John! Ich musste tatsächlich drei verschiedene Stimmen benutzen, um Sie zu überzeugen.»
    Ruhig bleiben, John. Konzentrier dich auf das Problem. Wie kommst du hier raus?
    «Warum?», fragte ich.
    «Ich hatte einen Informanten an der Hand, einen Burschen, der einiges für mich tun konnte. Und ich musste ihm zeigen, was ich für ihn tun konnte. Irgendjemand in dem Dorf hatte ihm ziemlich viel Geld geliehen und machte deswegen Probleme. Ich wollte ihm demonstrieren, dass ich solche Probleme einfach aus der Welt schaffen konnte.»
    «Also haben Sie ein ganzes Dorf niedermetzeln lassen, um einen einzigen Kerl zu erwischen?»
    «Ging nicht anders. Ihr seht ja alle gleich aus.» Er lachte über seinen Witz.
    «So ein Schwachsinn. Warum haben Sie Ihrem Informanten nicht einfach Geld gegeben, damit er das Darlehen zurückzahlen konnte?»
    Er warf den Kopf in den Nacken und lachte laut. «Na hören Sie, Rain, die Erbsenzähler haben sehr viel genauer auf das Geld geachtet, das draufging, als auf die Kugeln. Ein paar tote Dorfbewohner? Bloß ein paar Vietcong mehr für die Statistik. Menschenskind, so war es doch viel einfacher, als umständlich Gelder zu beantragen, mit dem ganzen Papierkram und so.»
    Seit einigen albtraumhaften Kriegserlebnissen spürte ich jetzt zum ersten Mal, wie sich echte Verzweiflung in meine Psyche bohrte. Plötzlich erkannte ich unmissverständlich, dass ich in ein paar Minuten tot sein würde, dass Holtzer gewonnen hatte, so wie er schon immer gewonnen hatte. Und auch wenn der Gedanke an meinen eigenen Tod mich nicht mehr sonderlich verängstigen konnte, überwältigte mich die Erkenntnis, dass ich Holtzer nicht hatte aufhalten können, im selben Moment, als ich begriff, zu welchen Taten er mich vor so langer Zeit getrieben

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