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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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einfach nicht geht, und dann verschwindet die Gereiztheit, und die Musik wird traurig, aber es ist eine schöne Traurigkeit, eine weise Traurigkeit, die die Dinge akzeptiert.»
    Wieder merkte ich, dass sie etwas an sich hatte, das mich dazu brachte, zu viel zu reden, zu viel zu offenbaren. Ich musste das kontrollieren.
    «Es bedeutet mir viel, dass du das in meiner Musik erkennst», sagte sie nach einem Moment. «Weil ich genau das ausdrücken möchte. Kennst du mono no aware?»
    «Ich glaube, ja. ‹Das Pathos der Dinge›, richtig?»
    «Das ist die übliche Übersetzung. Mir gefällt ‹die Traurigkeit, Mensch zu sein›.»
    Überrascht merkte ich, dass ich bewegt war. «So habe ich das noch nie gesehen», sagte ich leise.
    «Ich weiß noch, einmal, als ich in Chiba wohnte, bin ich an einem Winterabend spazieren gegangen. Es war warm für die Jahreszeit, und ich habe meine Jacke ausgezogen und mich ganz allein auf den Spielplatz der Schule gesetzt, in die ich als kleines Mädchen gegangen war, und ich habe mir die Aste der Bäume vor dem Himmel angesehen, ihre Silhouetten. Mir war auf einmal ganz deutlich bewusst, dass es mich eines Tages nicht mehr geben wird, aber dass die Bäume noch immer da sein würden, genau wie der Mond über ihnen weiter auf sie hinabscheinen würde, und ich musste weinen, aber es war ein gutes Weinen, weil ich wusste, dass es so sein musste. Ich musste es akzeptieren, weil es nun mal so ist. Dinge enden. Das ist mono no aware.»
    Dinge enden. « Ja, stimmt», sagte ich und dachte an ihren Vater.
    Eine Weile waren wir still. Dann fragte ich: «Was hat Ken gemeint, als er gesagt hat, du wärst eine Radikale gewesen?»
    Sie nahm einen Schluck von ihrem Ardbeg. «Er ist ein Romantiker. Ich war eigentlich nicht radikal. Bloß rebellisch.»
    «In welcher Weise rebellisch?»
    «Sieh dich doch um, John. Japan ist unglaublich kaputt. Die LDR die Funktionäre, sie pressen das Land aus.»
    «Es gibt Probleme», gab ich zu.
    «Probleme? Die Wirtschaft geht den Bach runter, Familien können ihre Vermögenssteuer nicht mehr bezahlen, es gibt kein Vertrauen in das Bankensystem, und als Lösung des Problems fällt der Regierung nichts anderes ein als Defizitfinanzierung und öffentliche Aufträge. Und weißt du warum? Schmiergelder für die Bauindustrie. Das ganze Land ist zubetoniert, es gibt keinen Platz mehr zum Bauen, also bewilligen die Politiker Büroparks, die kein Mensch nutzt, Brücken und Straßen, über die kein Mensch fährt, Flüsse, die mit Beton begradigt werden. Kennst du die hässlichen ‹Tetrapoden›, die die ganze japanische Küste säumen, angeblich, um sie vor Erosion zu schützen? Sämtliche Untersuchungen belegen, dass diese grässlichen Dinger die Erosion beschleunigen; sie halten sie nicht auf. Wir zerstören also unser eigenes Ökosystem, damit die Politiker fett und die Bauindustrie reich bleibt. Sind das für dich bloß ‹Probleme›?»
    «He, vielleicht hatte Ken doch Recht», sagte ich schmunzelnd. «Du bist ziemlich radikal.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Das ist bloß gesunder Menschenverstand. Sag mal ganz ehrlich: Hast du nicht manchmal das Gefühl, dass du vom Status quo und all den Leuten, die davon profitieren, nur ausgenutzt wirst? Und macht dich das nicht richtig sauer?»
    «Manchmal ja», sagte ich vorsichtig.
    «Tja, mich macht es jedenfalls stinksauer. Das hat Ken gemeint, mehr nicht.»
    «Entschuldige, wenn ich das so sage, aber war dein Vater nicht ein Teil des Status quo?»
    Lange Pause. «Es gab einige Differenzen zwischen uns.»
    «Das muss schwierig gewesen sein.»
    «War es auch, manchmal. Eine Zeit lang war unser Verhältnis ziemlich abgekühlt.»
    Ich nickte. «Habt ihr euch wieder versöhnt?»
    Sie lachte leise, aber freudlos. «Nur wenige Monate vor seinem Tod hat mein Vater erfahren, dass er Lungenkrebs hat. Nach der Diagnose hat er die Bilanz seines Lebens gezogen, aber wir hatten nicht mehr viel, um miteinander ins Reine zu kommen.»
    Ich war völlig verblüfft. «Er hatte Lungenkrebs? Aber ... Mama hat von einem Herzinfarkt gesprochen.»
    «Er war herzkrank, aber er hat trotzdem weitergeraucht. Alle seine Kollegen in der Regierung haben geraucht, und er meinte, er müsse das auch tun, um sich nicht abzuheben. Er war so sehr ein Teil des Systems, dass er in gewisser Weise sein Leben dafür gegeben hat.»
    Ich nahm einen Schluck von der rauchigen Flüssigkeit. «Es muss schrecklich sein, an Lungenkrebs zu sterben», sagte ich. «So wie er

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