Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
Tasche auf und fing an, ihre Sachen hineinzuwerfen.
    «Midori, hör mir zu.» Ich ging hinüber und griff nach der Tasche. «Hör mir zu, verdammt noch mal! Ich interessiere mich sehr für dich! Siehst du das denn nicht?»
    Sie zerrte an der Tasche. «Wieso sollte ich dir glauben, wenn du mir nicht glaubst? Ich weiß nichts! Ich weiß einfach nichts!»
    Ich riss ihr die Tasche aus der Hand. «Also schön, ich glaube dir.»
    «Von wegen. Gib mir die Tasche. Gib her!» Sie wollte danach greifen, und ich versteckte sie hinter meinem Rücken.
    Sie sah mich an, blickte kurz ungläubig und fing dann an, auf meine Brust einzuschlagen. Ich ließ die Tasche fallen und schlang beide Arme um sie, um die Schläge zu stoppen.
    Später konnte ich mich nicht mehr genau erinnern, wie es passierte. Sie kämpfte gegen mich, und ich versuchte, ihre Arme festzuhalten. Ich spürte immer deutlicher ihren Körper, und plötzlich küssten wir uns, und es schien, als wollte sie mich noch immer schlagen, aber eigentlich versuchten wir eher, uns die Kleider vom Leib zu reißen.
    Wir liebten uns auf dem Boden vor dem Bett. Der Sex war leidenschaftlich, stürmisch. Manchmal war es, als kämpften wir noch immer miteinander. Mein Rücken tat weh, aber der Schmerz war beinahe schön.
    Hinterher griff ich nach oben und zog die Bettdecke über uns. Wie lehnten uns gegen die Bettkante.
    «Yokatta», sagte sie und zog die letzte Silbe in die Länge. «Das war gut. Besser, als du es verdient hast.»
    Ich war leicht benommen. Es war lange her, dass ich eine solche Verbindung gespürt hatte. Und es war fast beängstigend.
    «Aber du vertraust mir nicht», fuhr sie fort. «Das verletzt mich.»
    «Es geht nicht um Vertrauen, Midori», erwiderte ich. «Es geht...» Ich hielt inne. «Ich glaube dir. Tut mir Leid, dass ich dich so bedrängt habe.»
    «Ich spreche von deinem Traum.»
    Ich legte mir die Fingerspitzen auf die Augen. «Midori, ich kann nicht, ich will nicht...» Ich wusste nicht, was ich eigentlich sagen wollte. «Ich spreche nicht über diese Dinge. Wer nicht dabei gewesen ist, kann das nicht verstehen.»
    Sie streckte den Arm aus und zog mir sachte die Fingerspitzen von den Augen, legte sie dann ganz unbefangen auf ihre Taille. In dem unscharfen Mondlicht sahen ihre Haut und ihre Brüste wunderschön aus, die Schatten, die in den Höhlungen über ihrem Schlüsselbein lagen. «Du musst reden, das spüre ich», sagte sie. «Ich möchte, dass du es mir erzählst.»
    Ich blickte nach unten auf die Bettdecke, wo das Mondlicht und seine Schatten schroffe Berge und Täler wie in einer fremden Landschaft herausmeißelten. «Meine Mutter ... war Katholikin. Als ich noch ein Kind war, hat sie mich immer mit in die Kirche genommen. Mein Vater war dagegen. Ich bin auch zur Beichte gegangen. Ich hab dem Priester von meinen wollüstigen Gedanken erzählt, von den ganzen Prügeleien, die ich hatte, den Jungs, die ich hasste, und wie ich ihnen wehtun wollte. Zuerst war es wie Zähneziehen, aber ich wurde richtig süchtig danach.
    Aber das alles war vor dem Krieg. Im Krieg habe ich Dinge getan ... die nicht mehr zu beichten sind.»
    «Aber wenn du sie so in dir verschlossen hältst, dann werden sie dich auffressen wie Gift. Sie sind schon dabei.»
    Ich wollte es ihr erzählen. Ich wollte es loswerden.
    Was ist los mit dir, dachte ich. Willst du sie verjagen?
    Ja, vielleicht. Vielleicht wäre es besser so. Das mit ihrem Vater konnte ich ihr nicht erzählen, aber etwas noch Schlimmeres.
    Als ich sprach, klang meine Stimme spröde und ruhig. «Gräueltaten, Midori. Ich rede von Gräueltaten.»
    Ein prima Gesprächsauftakt. Aber sie blieb bei mir. «Ich weiß nicht, was du getan hast», sagte sie, «aber ich weiß, dass es vor langer Zeit war. In einer anderen Welt.»
    «Das spielt keine Rolle. Ich kann es niemandem begreiflich machen, der nicht dort war.» Wieder presste ich mir die Fingerspitzen auf die Augen, ein Reflex, der nichts gegen die Bilder ausrichten konnte, die in meinem Kopf abliefen.
    «Am Anfang fand ich es toll, blühte richtig auf. Direkt vor der Haustür der nordvietnamesischen Armee zu operieren, das konnte längst nicht jeder. Es kam nicht selten vor, dass Männer, sobald die Hubschrauber sie abgesetzt hatten und davonflogen und der Dschungel still wurde, in Panik gerieten, nicht mehr atmen konnten. Ich nicht. Ich hatte über zwanzig Einsätze in Feindesland. Die Leute sagten oft, ich hätte meinen Glücksvorrat aufgebraucht, aber ich machte

Weitere Kostenlose Bücher