Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag
keine Bedrohung mehr darstellen. Habe ich Recht?»
«Was Sie da sagen, klingt logisch.»
«Dann wollen wir beide anscheinend ein und dasselbe. Wir wollen beide, dass der Inhalt der CD veröffentlicht wird.»
Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. «Ich verstehe, was Sie meinen. Aber mir wäre wohler, wenn ich mit Midori selbst sprechen könnte.»
Ich überlegte einen Moment. «Haben Sie ein Handy dabei?»
«Ja.»
«Zeigen Sie es mir.»
Er griff in die linke Tasche seines Blazers und holte ein kleines aufklappbares Handy heraus.
«Danke», sagte ich. «Bitte stecken Sie es wieder ein.» Noch während er das tat, zog ich einen Stift und ein kleines Blatt Papier aus meiner eigenen Jacketttasche und fing an, Instruktionen aufzuschreiben. Mein Instinkt sagte mir zwar, dass er kein Mikro trug, aber niemandes Instinkt ist unfehlbar.
«Bis ich Ihnen etwas anderes sage, will ich Sie unter keinen Umständen nach Ihrem Handy greifen sehen», schrieb ich. «Wir gehen jetzt gemeinsam aus dem Restaurant. Wenn wir draußen sind, bleiben Sie stehen, damit ich Sie unauffällig nach Waffen abtasten kann. Danach gehen Sie in die Richtung, in die ich gehe. Irgendwann werde ich Ihnen signalisieren, dass Sie vorgehen sollen, und irgendwann werde ich Ihnen auch sagen, wohin wir gehen. Falls Sie irgendwelche Fragen haben, schreiben Sie sie auf. Falls nicht, geben Sie mir den Zettel einfach zurück. Ab jetzt sagen Sie kein Wort mehr, es sei denn, ich spreche Sie an.»
Ich gab ihm den Zettel. Er nahm ihn mit einer Hand und setzte sich mit der anderen die Brille auf. Als er ihn durchgelesen hatte, schob er ihn über den Tisch zurück und nickte.
Ich faltete das Blatt Papier zusammen und steckte es mit dem Stift zurück in die Jacketttasche. Dann legte ich für den Kaffee, den ich getrunken hatte, einen Tausend-Yen-Schein auf den Tisch und bedeutete Bulfinch zu gehen.
Wir standen auf und gingen nach draußen. Ich tastete ihn ab und war nicht überrascht, dass er unbewaffnet war. Als wir die Straße hinuntergingen, achtete ich darauf, dass er sich immer ein kleines Stück seitlich vor mir befand, ein menschlicher Schutzschild, für alle Fälle. Ich kannte in der Gegend jede Stelle, die sich für eine Überwachung oder einen Überfall anbot, und mein Blick wanderte hin und her, suchte nach irgendjemandem, der nicht hierher gehörte, jemandem, der Bulfinch vielleicht zum Restaurant gefolgt war und dann draußen auf ihn gewartet hatte.
Unterwegs sagte ich «links» oder «rechts», wenn er die Richtung ändern sollte, und so kamen wir schließlich zum Spiral Building. Wir gingen durch die Glastür direkt in die Musikabteilung, wo Midori wartete.
«Kawamura-san», sagte er und verbeugte sich, als er sie sah. «Danke, dass Sie angerufen haben.»
«Danke, dass Sie hergekommen sind», erwiderte Midori. «Ich war leider nicht ganz offen zu Ihnen, als wir uns auf einen Kaffee getroffen haben. Die Verstrickungen meines Vaters sind mir nicht so unbekannt, wie ich Sie glauben ließ. Aber von der CD, die Sie erwähnt haben, weiß ich nichts. Jedenfalls nicht mehr, als Sie mir erzählt haben.»
«Dann ist mir nicht recht klar, was ich für Sie tun kann», sagte er.
«Sagen Sie uns, was auf der CD ist», entgegnete ich.
«Ich wüsste nicht, wie Ihnen das helfen könnte.»
«Ich wüsste nicht, wie es uns schaden sollte», antwortete ich. «Im Augenblick tappen wir völlig im Dunkeln. Gemeinsam haben wir eine erheblich bessere Chance, an die CD zu kommen, als getrennt.»
«Bitte, Mr. Bulfinch», sagte Midori. «Vor einigen Tagen wäre ich um ein Haar von den Leuten ermordet worden, die die CD suchen. Ich brauche Ihre Hilfe.»
Bulfinch verzog das Gesicht, sah zuerst Midori an, dann mich, und seine Augen huschten mehrere Male hin und her. «Also schön», sagte er nach einer Weile. «Vor zwei Monaten hat Ihr Vater Kontakt zu mir aufgenommen. Er hat gesagt, er habe meine Kolumne im Forbes gelesen. Er hat sich vorgestellt und gesagt, dass er mir helfen wolle. Mir war klar, dass er irgendwelche Machenschaften auffliegen lassen wollte, in die er selbst verstrickt war.»
Midori drehte sich zu mir um. «Das war ungefähr zu der Zeit, als er seine Diagnose erfahren hat.»
«Wie bitte?», fragte Bulfinch.
«Lungenkrebs. Er hatte erfahren, dass er nicht mehr lange zu leben hatte», sagte Midori.
Bulfinch nickte. «Ich verstehe. Das wusste ich nicht. Es tut mir Leid.»
Midori neigte kurz den Kopf, als Ausdruck des Dankes für seine
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