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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Fujis aus, blank poliert und appetitlich in ihren Styroporschalen. Ich stellte mir vor, wie Kawamura dorthin schlenderte, die Apfel betastete und dabei die CD darunter schob.
    Ich ging hin und sah nach. Die Kiste war nur einige Lagen tief, und es war ein Leichtes für mich, die ganze Kiste zu durchsuchen, indem ich einfach die Äpfel hin und her bewegte, als suchte ich die schönsten aus.
    Keine CD. Scheiße.
    Ich wiederholte die Prozedur mit den benachbarten Birnen, dann mit den Mandarinen. Nichts.
    Verdammt. Ich hatte so ein gutes Gefühl gehabt. Ich war mir so sicher gewesen.
    Ich würde etwas kaufen müssen, um den Schein aufrechtzuerhalten. Ich war offensichtlich ein wählerischer Kunde, der etwas ganz Besonderes suchte.
    «Könnten Sie mir einen kleinen Geschenkkorb zusammenstellen?», wandte ich mich an den Besitzer. «Vielleicht sechs verschiedene Früchte mit einer kleinen Zuckermelone dabei.»
    «Kashikomarimashita» , antwortete er mit dem kraftlosen Versuch eines Lächelns. Sofort.
    Während er sorgfältig das Geschenk zusammenstellte, setzte ich meine Suche fort. Die fünf Minuten, die der Besitzer beschäftigt war, nutzte ich, um jede Stelle zu überprüfen, die für Kawamura an jenem Morgen erreichbar gewesen war. Es brachte nichts.
    Der Besitzer war so gut wie fertig. Er zog ein grünes Moireband heraus, wickelte es zweimal um das Körbchen, das er genommen hatte, und band schließlich eine schlichte Schleife. Es war wirklich ein schönes Geschenk. Vielleicht würde Midori sich darüber freuen.
    Ich zückte ein paar Geldscheine und gab sie ihm. Was hast du dir denn auch erhofft, dachte ich. Kawamura konnte nicht die Zeit gehabt haben, die CD gut zu verstecken. Selbst wenn er sie hier irgendwo deponiert hat, muss irgendjemand sie inzwischen gefunden haben.
    Irgendjemand muss sie gefunden haben.
    Der Besitzer zählte das Wechselgeld ebenso langsam ab, wie er den Obstkorb zusammengestellt hatte. Offensichtlich ein gründlicher Mann. Methodisch.
    Ich wartete, bis er fertig war, dann sagte ich auf Japanisch: «Verzeihen Sie. Ich weiß, es ist nicht sehr wahrscheinlich, aber ein Freund von mir hat hier vor etwa einer Woche eine CD verloren und mich gebeten, mal nachzufragen, ob sie vielleicht gefunden worden ist. Es ist natürlich sehr unwahrscheinlich, deshalb wollte ich erst gar nicht danach fragen, aber ...»
    «Un», brummte er und ging hinter der Theke auf die Knie. Einen Moment später tauchte er wieder auf, eine gewöhnliche Plastikhülle in der Hand. «Ich wollte sie schon wegwerfen.» Er wischte die Hülle lustlos mit seiner Schürze sauber und reichte sie mir.
    «Vielen Dank», sagte ich, nicht sonderlich überrascht. «Da wird mein Freund sich aber freuen.»
    «Schön für ihn», sagte er, und seine Augen wurden wieder glanzlos.

15
    IM MORGENGRAUEN wirkt ganz Shibuya wie ein Riese, der seinen Kater ausschläft. Man spürt noch die Ausgelassenheit, das hemmungslose Lachen vom Abend zuvor, man hört es förmlich in der seltsamen Stille und Verlassenheit der verwinkelten Sträßchen widerhallen. Die betrunkenen Stimmen von Karaoke singenden Nachtschwärmern, die schlüpfrigen Sprüche, mit denen die Türsteher vor den Clubs Gäste anlocken, das heimliche Geflüster von Liebespärchen, sie alle sind verklungen, doch für wenige vergängliche Stunden frühmorgens harren ihre Schatten noch aus wie Gespenster, die nicht glauben wollen, dass die Nacht vorüber ist, dass alle Feste zu Ende sind.
    Ich ging in Gesellschaft dieser Gespenster durch eine Reihe von Gässchen, die mehr oder weniger parallel zur Meiji-dori verliefen, der Hauptverkehrsader zwischen Shibuya und Aoyama. Ich war früh aufgestanden und hatte mich, so leise ich konnte, aus dem Bett geschoben, um Midori nicht zu wecken. Sie war trotzdem wach geworden.
    Ich war mit der CD in Akihabara gewesen, Tokios Elektronik-Mekka, wo ich versucht hatte, sie in einem der riesigen, anonymen Computerläden auf einen PC zu laden. Vergeblich. Sie war verschlüsselt.
    Was bedeutete, dass ich Harrys Hilfe brauchte. Wohl war mir nicht dabei: Nach dem, was Bulfinch über den Inhalt der CD gesagt hatte – dass sie Hinweise auf einen oder mehrere Killer enthielt, die auf vermeintlich natürliche Todesursachen spezialisiert waren -, wusste ich, dass die CD mich belasten könnte.
    Ich rief Harry aus einer Telefonzelle in Nogizaka an. Er klang groggy, und ich nahm an, dass ich ihn geweckt hatte, aber er wurde gleich hellwach, als ich die Bauarbeiten in

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