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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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nach einer Operation der ARVN – der Armee der Republik Vietnam, also der Südvietnamesen. Die ARVN hatte einen angeblichen Vietcong-Stützpunkt in Tay Ninh mit Granaten kurz und klein geschossen. Der Einsatz erfolgte aufgrund von Informationen aus einer Quelle, die Holtzer angeworben hatte.
    Die ARVN hatte ein regelrechtes Gemetzel angerichtet, und die Leichen waren kaum zu identifizieren – überall lagen Körperteile herum. Aber es gab keinerlei Waffen. Ich hab zu Holtzer gesagt, das sähe mir nicht nach einer Vietcong-Basis aus. Er sagt, was reden Sie denn da? Wir sind hier in Tay Ninh, das sind alles Vietcong. Ich sage, ach, kommen Sie, die haben keine Waffen, Ihre Quelle hat Sie verarscht. Es war ein Fehler. Er sagt, kein Fehler, das sind bestimmt zwei Dutzend tote Feinde. Und dabei zählt er jedes abgerissene Körperteil als einzelne Leiche.
    Als wir wieder in unserem Stützpunkt sind, schreibt er einen Bericht und will, dass ich ihn unterschreibe. Ich sage, ich denke nicht dran. Zwei Offiziere standen in der Nähe, außer Hörweite, aber sie konnten uns sehen. Die Sache wurde immer hitziger, und schließlich habe ich ihm eine reingehauen. Die Offiziere haben alles gesehen, und genau darauf hatte Holtzer es auch angelegt, obwohl er garantiert nicht mit dem Nasenbeinbruch gerechnet hat. Normalerweise wäre um so etwas nicht viel Aufhebens gemacht worden, aber zu der Zeit herrschte eine gewisse Spannung, was die Zusammenarbeit zwischen den Special Forces und der CIA anging, und Holtzer wusste genau, wie er die Bürokratie für seine Zwecke nutzen konnte. Er stellte es so dar, als hätte ich seinen Bericht aus persönlicher Antipathie nicht absegnen wollen. Würde mich interessieren, wie viele ähnliche Einsätze wohl danach noch auf das Konto von Holtzers so genannter Quelle gingen.»
    Ich nahm einen Schluck Kaffee. «Von da an hat er mir jede Menge Steine in den Weg gelegt. Typen wie er wissen ganz genau, wem sie was ins Ohr flüstern müssen, und in dem Spiel war ich noch nie besonders gut. Als ich aus Vietnam in die Staaten zurückkehrte, hatte ich irgendwie eine schwarze Wolke über mir, und ich wusste immer, wer dahinter steckte, obwohl ich ihm seine Machenschaften nie nachweisen konnte.»
    «Du hast mir nie erzählt, was nach dem Krieg in Amerika passiert ist», sagte Harry nach einem Augenblick. «Bist du deshalb da weg?»
    «Unter anderem.» Meine knappe Antwort sollte ihm verständlich machen, dass ich nicht darüber reden wollte, und Harry verstand.
    «Was ist mit Benny?», fragte er.
    «Ich weiß nur, dass er mit der LDP zu tun hatte – ein Handlanger, der aber mit einigen wichtigen Aufträgen betraut wurde. Und offenbar war er auch ein Maulwurf für die CIA.»
    Das Wort «Maulwurf» hinterließ bei mir einen unangenehmen Nachgeschmack. Für mich ist es noch immer eine der widerwärtigsten Bezeichnungen, die ich kenne.
    Sechs Jahre lang waren immer wieder Operationen der SOG in Laos, Kambodscha und Nord-Vietnam durch einen Maulwurf verraten worden. Es kam vor, dass ein erfolgreich eingeschleustes Team binnen Minuten von nordvietnamesischen Patrouillen gestellt wurde. Einige Missionen waren regelrechte Todesfallen, bei denen ganze SOG-Trupps aufgerieben wurden. Andere dagegen verliefen erfolgreich, was daraufschließen ließ, dass der Maulwurf nur begrenzten Zugang zu Informationen hatte. Wenn Ermittlungen angestellt und Daten und Zugangsberechtigungen verglichen worden wären, hätte man den Kreis der Verdächtigen rasch einengen können.
    Doch das MACV – das Military Assistance Command, Vietnam – wollte keine Untersuchung wegen gewisser Empfindlichkeiten im «Verhältnis zu unseren Verbündeten». Das hieß, man hatte Angst, die südvietnamesische Regierung könnte sich durch den Verdacht beleidigt fühlen, dass ein zum MACV abkommandierter südvietnamesischer Staatsbürger alles andere als vertrauenswürdig war. Zudem, und das war noch schlimmer, musste die SOG ihre Informationen weiterhin an die ARVN weitergeben. Wir versuchten, den Befehl zu unterlaufen, indem wir unseren vietnamesischen Verbündeten falsche Einschleusungskoordinaten durchgaben, doch das MACV kam dahinter, und wir mussten bitter dafür büßen.
    1972 wurde ein Unteroffizier der ARVN als Verräter entlarvt, aber dieser kleine Agent allein hätte wohl kaum jahrelang so viel Schaden anrichten können. Der eigentliche Maulwurf wurde nie entdeckt.
    Ich holte die Handys von Benny und dem Kendoka aus meiner Jacketttasche und

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